Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt
»Wie lautet das Motto der spartanischen Armee?«
»Hey, Duuude, wie läuft’s?«, war meine immer gleiche Antwort darauf. Das Wort »Dude« war an der Ostküste in jenem Sommer gerade brandneu, und wenn man sich heute schwer ein Leben ohne dieses Wort vorstellen kann, dann deshalb, weil es eine so perfekte Möglichkeit darstellt, jemandem Respekt zu zollen, während man ganz diskret den Rückzug antritt. Das Wort lässt sich nämlich prima in die Länge ziehen, sodass man sich praktisch unbemerkt zentimeterweise in Richtung Tür bewegen kann. Und es auszusprechen fiel mir deutlich leichter, als über Randys Witze zu lachen.
Randy war ein großer Springsteenfan – wer war das in jenem Sommer nicht? Dementsprechend sang er jedes Mal, wenn ich Dubble Bubble bei ihm bestellte: »This gum’s for hiii-yaaah!« 5
Bei unserer ersten Begegnung, als ich mich um den Job bewarb, setzte er sich mit mir hin und erzählte mir von meinem Vorgänger. »Verdammter Hippie!«, sagte er. »Ver kaufte die Drogen direkt aus dem Wagen. Du bist doch nicht auf Drogen, oder?«
»Ganz sicher nicht, Dude«, erwiderte ich. »Was ist nur los mit dieser Welt?«
»Du musst dir aber erst noch eine Lizenz besorgen, und das Erste, was sie da machen, ist, dir in die Augen zu schauen. Weißt du, warum?«
»Warum?«
»Weil sie dort die Drogen sehen können.«
»Wahnsinn.«
»Du scheinst ein netter Junge zu sein«, sagte er und fasste sich kurz an die Brille, ohne sie jedoch abzunehmen, so als wolle er lediglich auf die Möglichkeit des Brilleabnehmens als kommunikativen Schachzug verweisen. »Aber sollte mir zu Ohren kommen, dass du irgendwas vercheckst, dann brech ich dir deine verdammten Handgelenke.«
»Verstanden.«
»Schon mal einen Lieferwagen gefahren?«
»Nein.«
»Macht nichts. Hey, wie hat Sokrates Männer von Jungs unterschieden?«
Ich bekam die Lizenz. Und ich vertickte keine Drogen. Meine Route war genau festgelegt: Jamaica Plain, West Roxbury, Hyde Park und Milton, Kilometer um Kilometer hungrige Kinder. Wenn ich frühmorgens losfuhr, konnte ich in achtzehn Stunden die Runde schaffen, nach Charlestown zurückfahren und den Eiswagen anstöpseln, damit sich das Kühlaggregat über Nacht auflud. Und am nächsten Morgen war ich auch schon wieder unterwegs. Eiscreme schläft nicht.
Auf die Tür meines Wagens war ein großer grüner Drache gemalt, der den Kunden zeigte, wo sie ihren Abfall loswerden konnten, denn pfiffigerweise umrahmte das Maul des Drachen genau die Öffnung, die zum Müllsack führte. Wenn ich einen Knopf am Armaturenbrett drückte, gingen vorn am Wagen rotierende Lichter an, damit auch jeder mitbekam, der Eismann war da. Daneben gab es einen Knopf, mit dem ich die Klingel betätigen konnte. Und nein , es war keiner dieser neumodischen Eiswagen, die die ganze Zeit irgendein bescheuertes Gedudel von sich geben. Nein, nein und nochmals nein! Diese Dinger kurven jetzt ständig durch mein eigenes Viertel. Ich kann darüber nur den Kopf schütteln, denn solche Eiswagen verstoßen ganz eindeutig gegen mein Berufsethos. Ist doch klar, was das bedeutet, oder? Es bedeutet, dass er dem Eis nicht den nötigen Respekt zollt . Ein richtiger Eismann braucht kein bescheuertes Gedudel, sondern nur eine Klingel, die sagt: »Keine Panik, der Eismann ist da! Kramt schon mal euer Kleingeld raus.«
Der Eismann, der in unsere Gegend kommt, lässt die Kinder außerdem in einer Reihe Schlange stehen. Und was das bedeutet, ist auch klar, oder? Ganz genau, wir verstehen uns – es bedeutet, dass er dem Eis nicht den nötigen Respekt zollt . Es bedeutet auch, dass er wahrscheinlich Drogen vertickt.
Wie mit dem bescheuerten Gedudel auch, vermasselt man den Kindern das ganze Eiserlebnis, wenn man sie in Reih und Glied anstehen lässt. Sie wollen sich um den Eiswagen drängen und hineinspähen, all die Sorten und Gefrierfächer beäugen wie Schnapsdrosseln die Flaschen an der Bar. Keiner will in die Verlegenheit gebracht werden, sich erst wenn er dran ist, ganz schnell entscheiden zu müssen, so als stünde er an der Freiwurflinie. Natürlich wollen die Leute auch das Gefühl haben, dass sie darauf warten, bis sie an der Reihe sind, ohne dass sich ständig jemand vordrängelt, aber was ein echter Eis mann ist, der weiß, wie er seinen Kunden vermitteln kann, dass er im Blick hat, wer als Nächster dran ist. Er ist dafür da, dass die Leute ganz entspannt einkaufen und sich über den Eiswagen freuen können, und nicht dafür, die ganze
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