Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt
Gemeines. Sie machten wieder gute Musik. An dem Abend, als meine Freundin Martha zum ersten Mal The Queen Is Dead in ihrem Zimmer abspielte, platze ich fast vor Wut darüber, dass dieses Album so unverschämt gut war, und darüber, dass Morrissey sich selbst auf die Schippe nahm und noch dazu viel besser, als ich es jemals könnte. Morrissey war mir zuvorgekommen und hatte sich so verändert, wie ich es eigentlich für mich anstrebte. Er war jetzt witzig und selbstironisch und bedauerte ganz offensichtlich, wie arschig er sich mir gegenüber verhalten hatte, und nun versuchte er völlig ungeniert, mich dazu zu bringen, ihn wieder zu mögen. Mistkerl. Dafür hasste ihn noch mehr, und so beschloss ich, nie wieder die Smiths zu hören.
Ich war übers Wochenende in Boston und trieb mich an einem kühlen Sommerabend in den Plattenläden rum. Da lief mir ein Typ über den Weg, den ich seit der Highschool nicht mehr gesehen hatte. Vincent hatte sich ziemlich verändert. Er bleichte sich jetzt die Haare. Er machte keinen Hehl aus seiner Homosexualität. Ganz offensichtlich ging er ins Fitnessstudio. Und ebenso offensichtlich war er ein Fan der Smiths. Das klingt jetzt sicher ziemlich komisch, aber damals waren die einzigen Leute auf der Welt, die sich so anzogen wie Morrissey, die Fans von Morrissey, vermutlich damit wir uns leichter erkennen konnten.
Ich trug eine Strickjacke und Vincent ein hellgrünes Unterhemd, also brauchten wir bloß eine Minute, bis wir in ein Gespräch über die Smiths vertieft waren. Wir fanden einen Platz, wo wir uns hinsetzen und Fritten essen konnten. Im Fernseher lief ein Spiel von den Red Sox. Wir unterhielten uns fast gar nicht über die Highschool, dafür ziemlich ausgiebig über die uneindeutigen Geschlech terrollen in »Still Ill« und ein bisschen über die Red Sox. Er war kein großer Baseballfan, also war er neugierig, was da auf dem Spielfeld passierte.
»Der Typ da ist Wade Boggs.«
»Sieht nett aus.«
»Ist er auch. Er ist Spieler an der dritten Base, scheint aber nie zu wissen, wo er hingehört.«
»Und wer ist der da?«
»Dwight Evans, rechter Außenfeldspieler. Einzelkind und ein ganz hoffnungsloser Fall.«
Es passierte nur selten, dass ich mich eine ganze Nacht lang mit jemandem über Musik unterhielt, den ich kaum kannte. Er wusste lauter Details über Morrissey, die mir völlig neu waren – wie sehr er James Dean verehrte, und wie der französische Schauspieler auf dem Cover von The Queen Is Dead hieß. Wir debattierten darüber, ob Keats und Yates gegen Wilde wirklich ein fairer Kampf wäre, angesichts der Tatsache, dass Wilde Keats vergötterte und einmal sogar die Erde auf seinem Grab geküsst hatte.
»Was zur Hölle war das?«, wollte Vincent wissen.
»Ein Double-Play«, erklärte ich. »Den Läufer an der dritten Base hat’s erwischt.«
»Meinst du, er bekommt noch ’nen Homerun hin?«
»Unwahrscheinlich.«
»Barbarism begins at home.«
Wir hatten nicht viele gemeinsame Freunde, also ging uns bald der Klatsch aus, aber wir unterhielten uns einfach weiter in unserer Smiths-Geheimsprache. Als das Spiel vorbei war, hatten wir The Queen is Dead zu Tode diskutiert, und ich hatte gelernt, welche Mitglieder der Red Sox echt scharf waren.
»Das war’s?«, fragte Vincent. »Es ist vorbei?«
»It’s over.«
»Und in gewisser Weise denke ich: It never really began.«
»But in my heart, it was so real.«
Am Bahnsteig schüttelten wir uns die Hand und tauschten Adressen aus. Wir schrieben uns nie und sind uns nie wieder begegnet. Damals fand ich es seltsam, dass man mit jemandem, den man eigentlich kaum kannte, einen so schönen Abend verbringen konnte und ihn dann nie wiedersah, denn ich war noch zu jung, um zu wissen, dass das Leben der Erwachsenen voller Zufälle und verpasster Momente ist, voll leerer Betten, in die man klettert und aus denen man manchmal nicht mehr herauskommt. Ein paar Monate später verloren die Red Sox die World Series.
Eines Abends in jenem Winter besuchte ich ein Indierockkonzert im Grotto, und der DJ spielte »Ask« von der neuen Zwölf-Inch-Importscheibe der Smiths. Ich konnte es nicht glauben. Morrissey gab zu, dass er sich mit all dem Zeug, das er jahrelang von sich gegeben hatte, geirrt hat. Er sagte unumwunden, dass es eine gute Sache sei, wenn die Leute nett zueinander sind, und nicht etwa ein Zeichen von Schwäche oder moralischem Bankrott. Ich war platt, zum Teil, weil das von meinem alten Lieblingsfeind Morrissey kam, aber
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