Mit Schwert und Magie
die Truppen Hadamurs verteidigen. Das wird genügen, um mich und meine Leute durch einen verborgenen Gang entfliehen zu lassen. Ich bin sicher, daß ich nicht in diese, nun, sagen wir, Verlegenheit komme.«
Er lächelte mit blitzenden Zähnen und sagte:
»Geht durch die Gassen zu Füßen des Palasts. Geht zum Hafen. Dort, in den Schenken, werdet ihr viel hören und sehen. Und ganz sicher seht ihr den Tempel des verdammten Achar, des Rachedämons. Es geht ein Gerücht, daß Hadamur ihm unrettbar verfallen ist.«
»Die Welt ist voller Gerüchte«, murmelte Hrobon. »Gehen wir, heiserer Barde!«
Lamir schüttelte sich.
»Mein Instrument ist heiser, nicht ich, Kurzhaar!«
Sie verließen das wuchtige, große Gebäude und schlenderten über den Platz. Schon nach wenigen Schritten sog die große Stadt mit ihrer düsteren Betriebsamkeit die Fremdlinge in sich auf. Weder Lamir noch Hrobon waren davon überzeugt, zu den Klügsten im Land zu zählen, aber sie waren erfahren, weil sie weit herumgekommen waren. Sie spürten, daß in dieser Stadt erstaunliche Dinge vorgingen. Es herrschte zwar eine ungewöhnliche Betriebsamkeit, aber die Gesichter der Städter waren verschlossen und düster. Immer wieder sahen die Fremden jene Altäre, über denen der schauerliche Kopf Achars thronte mit seinen vierundzwanzig Armen, Scheren und Tentakeln und den bösen Gesichtszügen, jener Maske, die Bosheit, Unversöhnlichkeit und Haß ausstrahlte.
Der Palast des Shallad glich einer belagerten Festung.
Überall standen und patrouillierten bewaffnete Palastgardisten. Der Shallad schien Soldaten aus allen Teilen seines Reiches zusammengezogen zu haben. Aber die Gesichter der Männer unter den Helmen und ihre Bewegungen drückten Unsicherheit und Unentschlossenheit aus. Aber sie waren allgegenwärtig: Jeder Eingang wurde bewacht, vor jeder Säule stand ein Bewaffneter, und paarweise schritten Hauptleute von einem Wächter zum anderen.
Nur der Shallad Hadamur zeigte sich nicht.
Nach einer Weile sagte Lamir in verkniffenem Tonfall:
»Ich glaube, wir alle sind wahnsinnig!«
Hrobon warf ihm einen halb drohenden, halb fragenden Blick zu und knurrte:
»Wir? Wen meinst du?«
»Wir alle, die den Sturz des Shallad betreiben«, erwiderte der Barde. Er hatte sich umgesehen. Niemand hörte zu. Die Leute hasteten an ihnen vorbei und gingen ihren eigenen Geschäften nach.
»Warum? Erkläre dich!«
»Wir setzen voraus«, entgegnete Lamir, »daß alle eingeleiteten Handlungen genügen, um aus all diesen Menschen hier Gegner des alten und begeisterte Anhänger eines neuen Shallad zu machen. Und keiner von uns weiß bisher, ob es überhaupt einen neuen Shallad gibt. Oder hast du etwa Luxon unter deinem Wams versteckt?«
Hrobon antwortete nicht sofort. Sie gingen eine gewundene, abschüssige Gasse entlang, im Rücken einer klobigen Palastmauer. Salzige Luft, mit den gewohnten Gerüchen des nahen Meeres geschwängert, schlug ihnen entgegen. Die Steine unter ihren Sohlen waren schlüpfrig geworden.
»Ich glaube, es ist richtig, was du sagst. Du hast mir unruhige Stunden beschwert, Lamir.«
»Nicht mehr, als ich selbst habe«, gestand der Barde. »Unsere Gegner heißen Hadamur und Achar. Wird es den Rebellen gelingen, die Unzufriedenheit der Menschen zu nutzen? Werden wir siegen?«
»Nur der Lichtbote weiß es.«
Ohne daß sie es wollten, gingen ihre Gedanken zurück zum verschollenen Mythor und zu ihrem Freund Luxon, der spurlos verschwunden war. Nicht mehr als einen Hoffnungsschimmer hatten sie, daß das unergründliche Schicksal ihn wieder zurückbringen würde.
Lamir und Hrobon duckten sich unter riesigen Verstrebungen und Stützgewölben, dann kamen sie auf den Kai des Hafens hinaus.
Nur wenige Boote und Schiffe waren an den Pollern festgemacht.
Aber ihr Blick wurde nicht von den Schiffen angezogen, nicht von den Wellen, die sich schäumend am Strand und an den Felsen brachen und die Schiffsrümpfe schaukeln ließen, sondern von dem riesigen Turm, der sich draußen auf den Felsen des Inselchens erhob. Ein gigantisches Bauwerk aus Quadern, Rampen und Säulen, stufenförmig abgesetzt und von einer Statue gekrönt, deren Einzelheiten von hier aus nicht zu erkennen waren.
Sie wußten indes, daß es das Standbild Achars war, des Dämons der Rache.
»Das Mausoleum Hadamurs! Welch eine Verschwendung von Arbeitskraft und Gestein«, sagte Lamir und schüttelte verständnislos den Kopf.
»Daß es zu Achars Tempel gemacht wurde, zeigt die Ohnmacht
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