Mit Schwert und Magie
Mischung der harzähnlichen Salben getränkt, hatten sich in den vielen Jahren zu einem dunkelbraunen Pergament verfärbt, das beißend scharf stank und in Fetzen ging, als die Magier es teilweise ablösten.
Sie hatten in Logghard viele Teile des Körpers mit einer magischen Flüssigkeit bestrichen und getränkt, die Binden abgezogen und erneuert.
Die Mumie war noch sehr gut erhalten. Die harte Haut hielt die trockenen Knochen und die Gelenke zusammen. Die Flüssigkeit der Magier, die nach Zedernöl und unbekannten Kräutern roch, hatte überall dort, wo die Magier keine neuen Binden um die Glieder gewickelt hatten, eine schwache Illusion von Leben hervorgerufen. Die dürre, knisternde Haut sah jetzt heller und »lebendiger« aus, nicht mehr wie die Hautreste eines Skeletts.
Echte Kleidung lag über vielen Stellen des Körpers.
Die Hände und der Kopf aber trugen weder Kleidung noch Binden. Sie waren schrecklich anzusehen. Ein Teil des weißen Haares des Kopfes, der Brauen und des Bartes war reine Maskerade. Unter die Pergamenthaut des Gesichts hatten die Magier flüssiges Wachs durch hauchdünne, hohle Nadeln eingespritzt; aus dem Totenschädel der Mumie war ein Gesicht geworden - das Gesicht des alten Shallad Rhiad, so, wie es jeder vor seinem Tod gekannt hatte.
Auch die dürren Knochenfinger waren künstlich bearbeitet worden. Unter den Ärmeln der Jacke sahen zwei Fingerbreit die neuen, stark riechenden Binden hervor.
Entsetzt blickten Hrobon und Lamir auf die reglose Mumie, dann zu den Magiern, die unentwegt versuchten, mit Hilfe von seltsamen Tinkturen dieser Mumie das Aussehen eines Lebenden zu verleihen.
»Wie habt ihr es geschafft, dieses Skelett in Kleidern reden und sich bewegen zu lassen?« brachte Lamir hervor. »Heute früh!«
»Wir sind Magier!« erklärte Aymloor kalt. »Wir haben zu tun.«
»Magier aus Logghard«, murmelte Darfoon verschlossen. »Wir sind nicht sehr mächtig. Aber wir werden Shallad Rhiad noch einmal zum Sprechen bringen. Das, was er zu sagen hat, wird das Shalladad erschüttern.«
Abermals wechselten Hrobon und Lamir einen schweigenden Blick, der tiefste Verblüffung erkennen ließ. Sie konnten ihre erstaunten Augen nicht von der ausgestreckten Mumie losreißen.
»Er… der Shallad… bleibt er hier?« fragte Hrobon schließlich. Die Magier ließen sich in ihrer Arbeit nicht unterbrechen. Aymloor knurrte:
»Er bleibt hier, bis die Entscheidung unausweichlich ist.«
Der Geruch nach Tod, Verwesung und scheinbarem Leben, durchmischt mit dem muffigen Geruch aus den Kleidern der beiden Vertreter der Weißen Magie aus Logghard, trieb die Freunde aus dem Raum.
Sie stolperten die Treppen hinunter und waren höllisch froh, als sie in einem Gewölbe die anderen Rebellen fanden. Sie saßen im Kreis um Abd’Shahid herum, tranken seinen Wein und erzählten ihre Abenteuer.
6.
GEGENWART:
Seit er sich wieder bewegen konnte, seit er sah, schmeckte, hörte und roch, kreisten seine Gedanken wie ein kleiner Wirbelsturm und verdichteten sich zu einer einzigen Gewißheit.
Er glaubte, nein er war sicher, daß er nur über den Umweg (in Wirklichkeit war es der direkte Weg!) von Kalathees Liebe zu ihm und seiner Liebe zu ihr auf den Thron gelangen konnte, auf den Thron des Shallad in Hadam; denn für dieses Ziel hatte er sich die vielen, langen Monde ununterbrochen eingesetzt. Dafür hatte er gekämpft und unnennbare Qualen erduldet.
»Ich muß aus diesem Versteck herauskommen!« stöhnte er auf.
Sein Körper hatte, nachdem er aus dem Salzblock befreit und wieder auf die Füße gestellt worden war, sein Leben wieder an jenem Punkt aufgenommen, an dem es in Berifes Salzgrotte angehalten worden war.
»Ich muß kämpfen!« sagte er sich.
Hier in dem Gelaß aus riesigen Quadern, dessen Portale aus dicken Balken stets verschlossen waren, vergaß er, welche Tageszeit es war, wieviel Tage vergingen; er wußte nicht, was draußen in der Welt geschah. Die Zeit war bis auf eine einzige Ausnahme bedeutungslos geworden. Die Ausnahme bestand darin, daß er durch Necrons Augen blicken und mit seinem Augenbruder Botschaften austauschen konnte.
Dennoch gab es keinen natürlichen Ablauf der Zeit.
Der Zustand marterte ihn unerträglich. Dazu kamen in mehr oder minder regelmäßigen Abständen, die aufmunternden und niederschlagenden Wirkungen von Kalathees Besuchen und den Verwünschungen des Herzpfänders, verbunden mit Anfällen von Angst, die ihn zu einem hilflos taumelnden, stammelnden Wrack
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