Mit Worten kann ich fliegen (German Edition)
schlapp.
Ich lächele, wenn ich Fußstapfen vor meiner Tür höre. Große und winzig kleine. Meine Mom und Penny. Und natürlich Karli. Manchmal sind meine Beine und Arme steif, weil sie die ganze Nacht in derselben Position lagen, und manchmal kribbeln meine Zehen. Meine Zimmertür geht auf – Dad hat nie Zeit, sich um das Quietschen zu kümmern.
Mom fährt mit einem Finger über meine Wange. Möglicherweise sieht sie nach, ob ich noch atme. Das tue ich. Ich öffne meine Augen. Ich wünschte, ich könnte
Guten Morgen
sagen, stattdessen grinse ich nur. Sie zieht mich hoch und umarmt mich – nur noch selten setzt sie sich in den Schaukelstuhl – und eilt mit mir ins Badezimmer, weil ich morgens normalerweise als Erstes wirklich dringend aufs Klo muss.
Penny stapft hinter uns her. Sie trägt einen riesigen, weiß-rot gestreiften Hut auf dem Kopf, wie in
Der Kater mit Hut
– das Mädchen ist besessen von Hüten – und hat wie immer ihren Karli im Schlepptau. Toffee ist stets in ihrer Nähe. Sie lässt sich von Penny Hüte aufsetzen und erträgt irgendwie Pennys Umarmungen, die sich manchmal mehr wie ein Würgegriff anfühlen. Ich habe ein paar davon abbekommen! Sie bellt, um Mom oder Dad zu warnen, wenn Penny zu nah an eine Steckdose oder zur Haustür geht.
Unser Badezimmer ist meeresblau gestrichen und groß genug für Penny, Toffee, mich und Mom – und meinen Rollstuhl –, ohne dass wir uns auf die Füße treten. Das ist gut so, denn wir verbringen eine Menge Zeit hier. Penny und ich machen ziemlich viel Sauerei. Aber wenigstens muss ich keine Windeln tragen. Es ist schlimm genug, dass mich jemand auf die Toilette setzen muss. Aber Windeln? Igitt!
Obwohl die Ärzte es für unmöglich gehalten haben, hatte meine Mom mich mit drei Jahren ans Töpfchen gewöhnt wie jedes andere Kind meines Alters auch. Ich hasste es, in schmutzigen Windeln zu sitzen, und sie hasste es, sie zu wechseln, also fand ich einen Weg, wie ich ihr mitteilen konnte, wenn ich musste, und sie brachte mich schleunigst zur Toilette.
Mom und ich können manchmal ohne Worte miteinander reden. Ich zeige zur Decke und sie weiß einfach irgendwie, ob ich den Deckenventilator meine, den Mond oder den dunklen Fleck, wo es beim letzten Gewitter reingeregnet hat. Sie weiß, wenn ich traurig bin, und sie spürt es, wenn ich eine Umarmung brauche. Sie massiert meinen Rücken und sorgt dafür, dass ich mich entspanne, wenn ich verkrampft und aufgebracht bin. Manchmal, wenn Dad nicht zuhört, erzählt sie dreckige Witze und wir lachen uns beide schlapp.
Eines Morgens, als sie mich für die Schule anzog, zeigte ich auf ihren Bauch und bedeckte dann meine Augen, als wäre der Anblick mehr, als ich ertragen könnte. Es war kurz nach Pennys Geburt, und sie hatte immer noch einen ziemlich großen Babybauch.
»Willst du mir sagen, dass ich fett bin?«, fragte sie und tat beleidigt.
Ich lachte ein bisschen und sagte »Ah«, was das Nächste zu einem
Ja
ist, das ich zustande bringe.
»Nimm das zurück!«, sagte sie und kitzelte mich an den Fußsohlen.
Stattdessen breitete ich meine Arme aus, als würde ich einen großen Kreis beschreiben, und lachte laut.
Riesig! Gewaltig! Wie ein Elefant!
Ich konnte sehen, dass sie wusste, was ich dachte.
Wir beide kugelten uns vor Lachen, und dann umarmte sie mich fest. Ich wünschte, ich könnte ihr sagen, dass ich sie liebe.
Mom weiß, wann ich hungrig oder durstig bin und ob ich ein Glas Milch oder einfach etwas Wasser brauche. Sie weiß, ob ich wirklich krank bin oder nur so tue, denn manchmal gebe ich tatsächlich vor, mich nicht gut zu fühlen, damit ich zu Hause bleiben kann. Sie kann sagen, wie hoch mein Fieber ist, indem sie meine Stirn fühlt. Das Thermometer nimmt sie nur, um zu beweisen, dass sie recht hat.
Auch ich weiß oft, was sie denkt. Am Ende eines Tages, nachdem sie den ganzen Tag im Krankenhaus verbracht hat, dann Essen gekocht, dann Penny und mich gebadet und mich ins Bett gelegt hat, kann ich sehen, dass sie am Limit ist. Sie atmet schwer. Ihre Stirn ist schweißnass. Manchmal strecke ich meine Hand nach ihrer aus. Ich kann spüren, wie sie ruhiger wird, und sie fährt mit den Fingern mein Gesicht entlang, genau wie sie es am Morgen tut, und gibt mir einen Gute-Nacht-Kuss.
Jeden Samstagmorgen, nachdem ich gefüttert war, liest Mom die Zeitung, während sie ihren Kaffee trinkt und Penny Bananen auf dem Ablagebrett ihres Hochstuhls zermatscht. Toffee mag zwar kein Obst, aber sie
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