Mit Worten kann ich fliegen (German Edition)
sie meinen Arm noch einmal, dann ging sie zurück an ihren Platz und zu ihren Freunden.
Dann läutete die Glocke, die Stunde war vorbei und ich musste zurück nach H-5. Keine Integration mehr. Keine Rose mehr. Und noch vier Schulstunden übrig. Sogar Catherine ging. Sie hatte am Nachmittag Seminare an der Uni und beeilte sich, rechtzeitig dort zu sein.
Mrs Shannon war an diesem Tag krank, also saß ich still mit Ashley und Maria und Carl und Willy vor dem Fernseher und wir schauten den
König der Löwen
– schon wieder. Ich habe ihn eine Million Mal gesehen – ich kann ihn zitieren. Dann hielt der Vertretungslehrer eine Mathestunde. Addition – schon wieder. Wann werde ich zu schriftlicher Division gelangen?
Ich fragte mich, was Rose machte. Es war ein sehr langer Nachmittag.
Kapitel 13
»Penny! Neiiiiiin!«, rief Mrs V.
Karli im Schlepptau, war Penny durch Mrs V.s Haustür geflitzt und mit einem unter ihrer grünen Baseballkappe hervorgerufenen »Tschüss!« bereits auf halbem Weg über die Rampe an der Veranda. Toffee hätte zu Hause in unserem Garten einen Hunde-Anfall gekriegt, wenn sie gesehen hätte, wie Penny auszubüxen versuchte.
Es ist einer dieser frühen Novembertage, die ein Künstler lieben würde. Kupferrote Blätter. Helles, goldenes Sonnenlicht. Überreste des Sommers. Ich kann es Penny nicht verübeln, dass sie versucht auszureißen.
Mrs V. sammelt sie ein und bringt sie zurück ins Haus.
»Arbeit gehen.« Penny schmollt.
»Heute nicht, Mäuschen«, sagt Mrs V. bestimmt, als sie die Haustür abschließt.
Penny trägt gerne Hüte und liebt es, sich zu verkleiden. Für sich selbst kauft Mom nur selten schicke Sonntagshüte, aber für Penny sucht sie manchmal einen verrückt aussehenden Strohhut mit Schleifen und Bändern aus und bringt ihn mit nach Hause.
Zu Hause verbringt Penny unglaublich viel Zeit vor dem Flurspiegel mit ein paar von Moms Plastikketten, die ihr fast bis zu den Schuhen reichen, einer Handtasche an jedem Arm und einem schräg aufgesetzten Hut auf dem Kopf. »Muss Arbeit gehen«, sagt sie dann und stützt dabei eine Hand in die Hüfte.
»Wen hat sie jemals gesehen, der in so einem Aufzug zur Arbeit geht?«, fragt Mom, und wir alle brechen in Gelächter aus.
»Sie ist erst zwei! Wenn sie alt genug ist, um selbst einkaufen zu gehen, werde ich mir dieses Kind nicht mehr leisten können«, sagt Dad immer. Mit seinem Handy macht er ein Foto von jeder ihrer niedlichen Posen.
Als Mrs V. Penny absetzt, schiebt Penny ihre Unterlippe vor, wirft Karli auf den Boden und schlingt beide Arme um ihre Brust. Ich lache. Ich wünschte, ich hätte genug Körperkontrolle, um mich so aufzuführen!
»Hier, Penny, warum setzt du dich nicht hin und malst stattdessen ein Bild«, sagt Mrs V. und zaubert eine Box Wachsmalstifte hervor.
Völlig vergessend, dass sie beleidigt ist, greift Penny sich eine Handvoll Stifte und beginnt, sofort im ganzen Malbuch und auf Mrs V.s Tisch herumzukritzeln.
Ich wünschte, ich könnte Wachsmalstifte benutzen. Ich würde eine Rose malen mit einer samtroten Blüte und einem grünen Stängel, aus dem gelbgrüne Blätter sprießen. Vor meinem inneren Auge sehe ich sie ganz deutlich, aber natürlich bringe ich nur krakelige Striche zustande, wenn ich einen Bleistift oder einen Wachsmalstift zwischen meinen verdammten steifen, kleinen Fingern halte. Nichts, was einer Rose auch nur annähernd ähnlich sehen würde.
Ich will sie für Rose malen. Sie hat Rosenmuster auf ihrem Notizheft und ihrer Schultasche. Ich weiß nicht, wo ihre Mutter so coole Sachen findet. Roses Name passt wirklich gut zu ihr – sie ist hübsch und zierlich und man ist gerne in ihrer Nähe. Sollte sie wie echte Rosen Dornen haben, dann ist es mir nie aufgefallen.
Während Penny mit den Wachsmalstiften beschäftigt ist, kümmert sich Mrs V. um ihre Post. Sie öffnet mehrere Umschläge und schnappt dann überrascht nach Luft. »Stellt euch vor, Mädchen!«, schreit sie auf. »Ich habe bei einem Preisausschreiben gewonnen!«
Interessiert sehe ich sie an. Penny kritzelt weiter vor sich hin und schenkt uns beiden keinerlei Beachtung.
»Ich habe bei einem Schreibwettbewerb vom Buchladen im Einkaufszentrum mitgemacht«, erklärt sie mir. »Das Thema war, warum Fische wichtig für unser Ökosystem sind.«
Ich zeige auf Essen auf meiner Tafel und grinse.
»Nein, du Witzbold.« Sie beugt sich zu mir runter und kitzelt mich. »Ich habe etwas über die Meere und das Gleichgewicht der
Weitere Kostenlose Bücher