Mithgar 10 - Die schwarze Flut
Tuck Sunderbank, Waerling aus den Sieben Tälern.«
Talarin verbeugte sich, eine hochgewachsene, schlanke Gestalt mit goldenem Haar und grünen Augen, in weiches Grau gekleidet. Er wandte den Kopf zu seiner Gemahlin. »Prinz Galen, Herr Tuck, das ist die schöne Rael.«
Tuck hob den Blick, und Staunen erfasste ihn, denn er hatte eine Schönheit vor sich, die an jene von Prinzessin Laurelin heranreichte. Schön und auch anmutig war Rael, doch während Laurelin weizenblondes Haar und hellgraue Augen hatte, waren Raels Locken golden und ihre Augen tiefblau. Sie war grün gekleidet und trug Schleifen im Haar, und als sie auf Tuck hinablächelte, strahlten seine saphirblauen Augen. »Ihr müsst essen, trinken und einige Tage bei uns bleiben, um Euch von Eurer Reise auszuruhen«, sagte die Elfendame.
»Ach, Gnädigste, so gerne wir es wollten, wir können nicht«, entgegnete Galen. »Ja, heute Nacht werden wir vielleicht essen und trinken, uns aufwärmen und unter Eurem Schutz ruhen -«
»Und bitte auch ein Bad nehmen«, unterbrach Tuck mit heftigem Kopfnicken. »Jawohl, und auch baden, wenn wir dürfen«, fuhr Galen lächelnd fort, »doch morgen müssen wir eiligst aufbrechen, denn wir sind auf der Fährte von Ghola und reiten nach Norden.«
»Auf der Fährte von Ghülka?«, rief Talarin aus. »Prinz Galen, ehe Ihr Euch an die Tafel setzt, müsst Ihr Euch jemanden ansehen, denn es könnte Euer Unternehmen beeinflussen. Folgt mir.«
Talarin durchmaß mit raschen Schritten den Raum und ging mit Galen und Tuck im Gefolge hinaus in den Schnee. Während sie auf ein anderes Gebäude zusteuerten, hörte Tuck, wie das Horn des Wachpostens eine weitere Ankunft verkündete, und als er aufblickte, sah er ein Pferd mit einem Elfen darauf, das geschwind den Pfad hinabgaloppierte.
Tucks Aufmerksamkeit wurde jedoch von den Worten Talarins beansprucht. »Wir fanden ihn vor drei Tagen, er lag verwundet und fiebernd im Schnee, eine Wunde auf der Stirn, vielleicht von einer vergifteten Klinge. Er wäre erfroren, wenn meine Streife nicht zufällig über ihn gestolpert wäre. Sein Pferd hatte ihn bis zum Eingang zur Schlucht getragen, nicht weit entfernt. Aber er war aus dem Sattel gefallen und lag zwischen den Felsen - niemand weiß, wie lange - und er war dem Tod nahe. Doch auch er murmelte von Ghülka, und nun tobt er manchmal im Fieber. Selbst wenn er noch nicht richtig aufgewacht ist, könntet ihr Neues von ihm erfahren.« Talarin führte sie in das Gebäude und über einen Mittelgang mit vielen Türen. Tucks Herz raste, und er war erfüllt von einer starken, bösen Vorahnung. Vor ihnen ging eine Tür auf, und ein Heiler der Elfen trat auf den Gang. »Alor, Talarin«, grüßte er den Führer der Lian.
»Wie geht es dem Jungen?«, fragte Talarin.
»Sein Gesicht glüht vor Hitze, doch ich glaube, das Fieber lässt langsam nach, denn er ist oft bereits längere Zeit ohne Schüttelfrost, und er wird bald aufwachen.« Die Augen des Elfen huschten erstaunt über Tuck und Galen, doch er sprach weiter zu Talarin. »Er war dem Tod nahe und zittert vor Schwäche. Seine Kraft wird erst in etwa zwei Wochen zurückkehren, und auch das nur, wenn die von der Dara Rael angewandten Kräuter das Gift der Rüpt-Klinge herausspülen.«
»Ich möchte, dass Fürst Galen ihn sieht, denn es könnte seine Suche betreffen«, sagte Talarin, und der Heiler trat zur Seite und öffnete die Tür. Tucks Puls hämmerte ihm in den Ohren, als sie leise den von Kerzen beleuchteten Raum betraten. Ein junger Mann lag mit dem Gesicht zur Wand in einem Bett und weinte.
Galen sprach ihn leise und mit angsterfüllter Stimme an: »Igon.«
Und während Tucks Hoffnungen in sich zusammenstürzten, wandte Prinz Igon seinem Bruder das Gesicht zu. »Galen, ach, Galen«, weinte er, »sie haben Laurelin.« Tuck saß wie benommen auf einer Bank an der Wand, während Fürst Galen Igon an sich gedrückt hielt, und allen dreien strömten Tränen übers Gesicht. Doch der Blick auf Galens Antlitz war schwer zu ertragen. Die Kerzen tauchten den Raum in ein weiches Gelb, und Fürst Talarins Augen, der an der Tür stand, funkelten in ihrem Licht. Dann aber ließ Galen seinen Bruder sanft wieder aufs Bett sinken und rief nach dem Heiler, denn Igons Fieber war neu aufgeflammt, und er hatte das Bewusstsein verloren. Gerade als der Heiler ans Bett trat, hörte man gedämpft, wie jemand mit schnellen Schritten den Flur entlangkam, und Talarin trat aus dem Krankenzimmer. Tuck hörte
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