Mitten ins Herz - Roman
einen halben Tag. Frühstück wird zu jeder Tages- und Nachtzeit serviert, um zwei Uhr morgens ein leckerer, fetttriefender, mit Käse überbackener Toast. Der Silver Dollar Diner ist umzingelt von der ganzen Hässlichkeit, die Jersey so großartig macht: Zweigstellen von Banken, Kaufhäuser, Videotheken, Ladenzeilen und Reinigungen, dazu Neonreklame und Ampeln so weit das Auge reicht.
Lula und ich waren um halb sieben da, das Herz polterte in der Kühlbox, und der Sender unter meinem Baumwollhemd war unbequem zu tragen und juckte auf der Haut. Wir ließen uns in einer Sitzecke nieder, bestellten Cheeseburger und Pommes und sahen aus dem Fenster dem vorbeirauschenden Verkehr zu.
Ich probierte den Sender aus und erhielt zur Bestätigung prompt den Rückruf von Ranger. Er war irgendwo - irgendwo da draußen, und er beobachtete den Diner und war unsichtbar. Joe steckte auch irgendwo da draußen. Wahrscheinlich hatten sie sich abgesprochen. Ich hatte schon mal erlebt, wie die beiden in einem anderen Fall zusammengearbeitet hatten. Es gibt Regeln, die Männer wie Joe und Ranger anwenden, um sich ihrer Rollen gewiss zu sein. Regeln, die ich nie begreifen werde. Regeln, die zwei Alphamännchen erlauben, zum Wohl der Allgemeinheit zu koexistieren.
Der Diner war immer noch voll besetzt mit den Essensgästen der zweiten Schicht. Die erste Schicht waren die Rentner, die wegen des Sonderangebots für Frühesser kamen. Gegen sieben würden sich die Reihen lichten. Wir waren hier nicht in Manhattan, wo es schick war, spät zu essen, gegen acht oder neun. In Trenton wurde hart gearbeitet, und um zehn schlief die halbe Stadt bereits.
Um sieben Uhr klingelte mein Handy, und mir hüpfte das Herz vor Freude, als ich DeChoochs Stimme hörte.
»Haben Sie das Herz dabei?«, fragte er.
»Ja. Es steht neben mir in einer Kühltasche. Wie geht es Grandma? Ich möchte mit ihr sprechen.«
Man hörte Handgemenge und Gemurmel im Hintergrund, dann war Grandma in der Leitung.
»Hallöchen«, sagte sie.
»Geht es dir gut?«
»Mir geht’s saugut.«
Sie hörte sich beschwipst an. »Hast du was getrunken?«
»Eddie und ich haben uns ein paar Cocktails vor dem Abendessen genehmigt, aber keine Sorge, ich bin noch hellwach.«
Lula saß mir gegenüber am Tisch, und sie grinste und schüttelte den Kopf. Ich konnte mir denken, dass Ranger wahrscheinlich das Gleiche tat.
Eddie meldete sich wieder. »Sind Sie bereit für die Instruktionen?«
»Ja.«
»Wissen Sie, wie man zum Nottingham Way kommt?«
»Ja.«
»Gut. Fahren Sie auf dem Nottingham zur Mulberry Street und biegen Sie rechts in die Cherry.«
»Moment. Ihr Neffe Ronald wohnt doch in der Cherry Street.«
»Ja. Bringen Sie das Herz dorthin. Er wird dafür sorgen, dass es nach Richmond überführt wird.«
Verdammt. Ich bekam zwar Grandma zurück, aber Eddie DeChooch würde ich nicht kriegen. Ich hatte gehofft, Ranger und Joe würden ihn am Ort der Übergabe schnappen.
»Und was ist mit Grandma?«
»Die lasse ich laufen, sobald ich einen Anruf von Ronald erhalten habe.«
Ich steckte das Handy zurück in meine Jackentasche und teilte Ranger und Joe den Plan mit.
»Ganz schön gerissen für so einen alten Mann«, sagte Lula. »Kein schlechter Plan.«
Das Essen war schon bezahlt, ich legte daher nur etwas Trinkgeld auf den Tisch, und Lula und ich brachen auf. Das
Grün-Schwarz um meine Augen herum war in ein Gelb übergegangen, und das Gelb war verborgen hinter dunklen Brillengläsern. Lula hatte heute keine Ledermontur an, sie trug Boots, Jeans und ein T-Shirt mit vielen Kühen und einer Werbung für Ben & Jerry-Eiskrem darauf. Wir beide waren zwei ganz normale Frauen, die zum Abendessen ein paar Burger im Diner zu uns nahmen. Sogar die Tiefkühltasche erregte kein Aufsehen. Es gab keinen Grund für den Verdacht, sie könnte ein Herz enthalten, um meine Großmutter damit freizukaufen.
Und die anderen Gäste, die Pommes und Krautsalat hinunterschlangen und Reispudding zum Nachtisch bestellten? Was hatten sie für Geheimnisse? Wer sagte mir, dass sie keine Spione, Schläger oder Diebe waren? Ich schaute mich um. Wer sagte mir, dass sie überhaupt Menschen waren?
Ich nahm mir Zeit auf der Fahrt zur Cherry Street. Ich machte mir Sorgen um Grandma, und ich war unruhig, weil ich Ronald gleich ein Schweineherz übergeben sollte. Deswegen fuhr ich besonders vorsichtig. Ein Unfall mit dem Motorrad würde alle meine Rettungsbemühungen verbocken. Immerhin war es ein wunderschöner Abend
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