Mitten ins Herz - Roman
wahnsinnig vor Angst. Dass Grandma entführt worden war, würde ich ihr besser erst erzählen, wenn Grandma leibhaftig vor uns stand.
Ich setzte mich auf die Bordsteinkante und nutzte die Wartezeit, um Morelli anzurufen. Ich erwischte ihn auf seinem Handy.
»Grandma ist in Sicherheit«, sagte ich zu ihm. »Ranger ist bei ihr. Er hat sie im Einkaufszentrum abgeholt, und jetzt bringt er sie nach Hause.«
»Schon gehört. Ich war in deiner Nähe, als du bei Ronald warst. Ich bin so lange geblieben, bis Ranger mir Bescheid gegeben hat, dass deine Großmutter bei ihm ist. Ich bin jetzt auf dem Heimweg.«
Morelli bat mich, die Nacht bei ihm zu verbringen, aber ich sagte ab. Ich musste noch einiges erledigen. Grandma hatte ich wieder, Mooner und Dougie dagegen steckten immer noch irgendwo da draußen.
Nach einigen Minuten tauchten Scheinwerfer am Ende der Straße auf, und Rangers glänzend schwarzer Mercedes kam sanft vor dem Haus meiner Eltern zum Stehen. Ranger half Grandma aus dem Wagen und lachte mich an. »Deine Großmutter hat deine Pizza gegessen. Als Geisel muss man ganz schön Appetit bekommen.«
»Kommst du mit rein?«
»Da müsstest du mich erst umbringen.«
»Ich muss dich unbedingt sprechen. Es dauert nicht lange. Kannst du hier auf mich warten?«
Unsere Blicke trafen sich, und zwischen uns entstand Schweigen.
Im Geist leckte ich mir die Lippen und fächelte mir Luft zu. Ja. Er würde warten.
Ich kehrte ihm den Rücken zu, um ins Haus zu gehen, da zog er mich zurück. Seine Hand glitt unter mein Hemd, mir stockte der Atem.
»Der Sender«, sagte er. Er löste das Klebeband ab, seine Fingerspitzen glitten warm über meine Haut, streiften meine Brüste, die durch keinen BH bedeckt waren.
Grandma war bereits im Haus, als ich sie einholte.
»Ich kann’s kaum erwarten, morgen in den Schönheitssalon zu gehen und allen davon zu erzählen.«
Mein Vater blickte von der Zeitung auf, und meine Mutter schüttelte sich unwillkürlich.
»Wer ist gerade aufgebahrt?«, fragte Grandma meinen Vater. »Ich habe tagelang keine Zeitung zu Gesicht bekommen. Habe ich was verpasst?«
Meine Mutter sah sie misstrauisch an. »Wo warst du so lange?«
»Das wüsste ich selbst gern«, sagte Grandma. »Mir wurde beim Rein- und Rausgehen eine Tüte über den Kopf gestülpt.«
»Sie wurde entführt«, erklärte ich meiner Mutter.
»Entführt? Was soll das heißen?«
»Ich hatte zufällig etwas in meinem Besitz, das Eddie DeChooch haben wollte, deswegen hat er Grandma entführt und mich damit erpresst.«
»Gott sei Dank«, sagte meine Mutter. »Ich dachte schon, sie wäre zu einem Mann gezogen.«
Mein Vater widmete sich wieder der Zeitungslektüre. Ein ganz normaler Tag im Leben der Familie Plum.
»Hast du irgendwas von Choochy erfahren?«, fragte ich sie. »Weißt du, wo Mooner und Dougie hin sind?«
»Eddie hat keine Ahnung. Er wüsste auch gern, wo die beiden stecken. Dougie sei derjenige, der mit allem angefangen hätte. Dougie hätte ihm das Herz gestohlen. Aber diese ganze Herzgeschichte habe ich sowieso nie kapiert.«
»Und du weißt bestimmt nicht, wo man dich gefangen gehalten hat?«
»Er hat mir eine Tüte über den Kopf gestülpt, immer wenn wir rein- oder rausgegangen sind. Zuerst war mir gar nicht klar, dass es sich um eine Entführung handelte. Ich dachte, es ginge um irgendwie abgedrehten Sex oder so. Ich weiß nur, dass wir erst eine Weile in der Gegend herumgekurvt und dann in eine Garage gefahren sind. Das weiß ich deswegen, weil ich gehört habe, dass das Garagentor geöffnet und wieder geschlossen wurde. Danach sind wir in den unteren Teil des Hauses gegangen. Die Garage ging anscheinend über in den Keller, aber der Keller war ganz normal
eingerichtet. Es gab einen Fernsehraum, zwei Schlafzimmer und eine kleine Küche da unten, und dann noch einen Raum mit der Heizung und einer Waschmaschine und einem Trockner. Ich konnte auch nicht nach draußen gucken, weil die Kellerfenster ganz klein und von außen mit Fensterläden verschlossen waren.« Grandma gähnte. »Also, ich muss ins Bett. Ich bin erledigt, und morgen ist ein anstrengender Tag. Diese Geschichte muss ich voll auskosten.«
»Sag nur keinen Ton über das Herz«, bat ich Grandma. »Die Geschichte mit dem Herz ist ein Geheimnis.«
»In Ordnung. Ich wüsste sowieso nichts dazu zu sagen.«
»Willst du ihn verklagen?«
Grandma sah mich verwundert an. »Choochy verklagen? Niemals. Was sollen die Leute denken?«
Ranger lehnte an seinem
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