Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
ihr rasselten Ketten.
Julia drehte sich um. Drew lag in Ketten! Sie konnte es nicht fassen. Schnell stellte sie alles ab und lief zu ihm.
„Oh mein Gott Drew? Geht es Euch gut?“, fragte sie besorgt, während sie die Eisen abtastete.
Drew, der mit den Armen nach oben an der Wand angekettet war, hob bei Julias Eintreten nur kurz den Kopf.
„So redet doch mit mir!“, wies sie ihn an und suchte seinen Blick, aber seine langen Haare hingen ihm ins Gesicht.
„Drew!“, versuchte sie es erneut.
Sie strich ihm das Haar zurück und hob seinen Kopf an. Stöhnend wehrte er ihre Berührung ab.
„Lass das!“, knurrte er.
„Herrgott, ich bin hier um Euch zu helfen! Stellt Euch nicht so an, sondern sagt mir, wo ich die Fesseln aufschließen kann.“
Vor lauter Sorge zitterten ihr alle Glieder. Wie hatten Gisbournes Männer es nur wagen können, ihn in Ketten zu legen. Sicherlich war Greg höchstpersönlich auf diese abscheuliche Idee gekommen. Und das, wo Drew doch an der Schulter verletzt war. Schon bereute es Julia, ohne Fanny hier heruntergekommen zu sein. Sie war den Tränen nahe, weil sie nicht wusste, wo sie anfangen sollte.
„Wenn du mir helfen willst, dann fass mich nicht an, sondern löse die Ketten und geh weg“, stöhnte er mit schmerzverzerrter Stimme.
„Weg gehen? Aber ich muss nach Euren Wunden sehen!“
„Hör zu, Weib! Mach mich los oder hau ab! Aber was du auch tust, mach es schnell!“
„Ich will Euch ja helfen! Wo werden denn die verfluchten Ketten gelöst?“, rief sie beinahe flehend.
„Oben! Da oben, an meinen Handgelenken.“
Drew war ein wirklich großer Mann, der mit nach oben gestreckten Händen in den Ketten hing. Zwar konnte er stehen und auch die Knie leicht biegen, aber damit war seine Beweglichkeit auch schon erschöpft. Wäre er eingeschlafen, hätte er sich bestimmt die Schulter ausgekugelt. Was Gregorys Männer da getan hatten, war die reinste Folter. Sie musste ihn sofort befreien, aber wie sollte sie da nur hinaufkommen? Das Schloss war selbst auf Zehenspitzen für sie unerreichbar.
Schnell ließ sie ihren Blick durch die Zelle schweifen, aber hier gab es nichts, was ihr helfen würde. Sein Keuchen trieb sie an.
„Also gut, ich versuche es, aber ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll“, gestand Julia, wobei sie zu ihm trat und vergeblich versuchte, den kleinsten Schlüssel in das Schloss zu stecken.
„Komm näher, dann schaffst du es vielleicht.“
Näher? Sie berührte ihn ja schon fast. Vermutlich würde sie ihn nur noch mehr verletzen, wenn sie ihn irgendwo anrempelte.
„Komm näher!“
Julia presste sich an seinen gestreckten Körper.
„Noch näher!“
Sie atmete zitternd vor Anstrengung aus, seine Lippen nur wenige Millimeter von ihren entfernt. Seine Haare kitzelten sie in ihrem Mieder und ihre Herzen schlugen im selben Takt.
Das Schloss rutschte ihr immer wieder durch die Finger und sie schaffte es nicht, den Schlüssel hineinzustecken.
„Steig auf meine Füße und stütz dich auf meine Schulter“, schlug Drew vor.
Da Sie wirklich keine andere Möglichkeit sah, tat sie genau das. Sie wollte ihm nicht noch mehr Schmerzen zufügen und seine Nähe zehrte an ihren Nerven. Obwohl sie sicher war, dass Drew im Moment andere Sorgen hatte, war sie sich seines Körpers nur zu deutlich bewusst. Ihre Brüste streiften fast seine Lippen, so sehr streckte sie sich empor. Als sie es endlich schaffte, den Schlüssel ins Schloss zu stecken, entfuhr ihr ein Jubelruf. Das metallene Klicken, mit dem sich die rostigen Schellen öffneten, war wie Musik in ihren Ohren.
Nun, ohne den Halt der Ketten, gaben seine Knie nach und seine bleischweren Arme sackten gefühllos nach vorne. Kraftlos musste er sich auf Julia stützen. Gemeinsam sanken sie zu Boden, und obwohl Drew seinen Armen befehlen wollte, sie freizugeben, gehorchten ihm diese nicht.
„Ist alles in Ordnung? Geht es Euch gut?“, fragte Julia, die nun ihrerseits seinen Arm anhob und sich befreite.
In Ordnung? Drew, der schon seit dem Morgen angekettet war, konnte gerade keinen Knochen im Leib mehr bewegen. Nein, genau genommen war er also nicht in Ordnung.
„Oh mein Gott, ich weiß nicht, wie es überhaupt so weit kommen konnte?“, flüsterte sie, wobei ihr vor lauter Scham über ihr eigenes Verhalten die Tränen über die Wangen liefen.
So sanft sie konnte, strich sie ihm das Haar aus dem Gesicht und suchte in seinem Blick nach Vergebung. Doch Drew hielt die Augen geschlossen und so fielen ihr
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