Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
so weit ist, selbst wählen. Aber wir haben noch nicht über Euren Umgang gesprochen, mein Liebster.“
Julias vorgeschobenes Kinn und ihre freche Antwort verleiteten Greg fast dazu, seine Hand gegen sie zu erheben. Im letzten Moment besann er sich eines Besseren.
„Was gibt es denn, wenn ich fragen darf, an meinem Umgang auszusetzen?“, fragte er stattdessen mit seiner freundlichsten Stimme.
„Nun Gregory, das kann ich Euch sagen: Eure Männer neigen zu unnötiger Gewalt. Ich will doch sehr hoffen, dass Ihr Euch darum kümmert, dass so etwas nicht noch einmal geschieht“, verlangte sie mit Nachdruck, obwohl ihr die pochende Ader an seiner Schläfe bereits aufgefallen war.
Seine ganze Körperhaltung machte deutlich, dass er Julias Meinung nicht teilte, ihr stattdessen lieber den Mund verbieten würde. Schon jetzt bereute sie, in der Nacht nicht auf Drew gehört zu haben und mit ihm durchgebrannt zu sein. Lady Gisbourne zu werden, fiel ihr von Tag zu Tag schwerer.
„Ihr solltet Euch nicht immer in Angelegenheiten einmischen, die Euch nichts angehen. Für Euer zartes weibliches Gemüt mögen Ketten vielleicht barbarisch oder grausam erscheinen, aber wenn Ihr auch nur einen Moment nachdenken würdet, dann würde Euch klar werden, dass es unsere Pflicht ist, einen Gefangenen der Krone sicher zu verwahren. Und dies wiederum gewährleisten Ketten meist recht gut“, belehrte er sie wie ein dummes Kind.
Zum Glück hatte Robby inzwischen die Flucht ergriffen, sodass Julia auf niemanden außer sich selbst achtgeben musste, als sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorstieß:
„Oh Ihr täuscht Euch, Mylord. Es gab in meinem Leben nur einen einzigen Moment, in dem ich nicht richtig nachdachte und das war, als ich zustimmte, Eure Frau zu werden. Wenn ich es genau bedenke, Gregory, dann würde ich sagen, dass dies sogar die größte Dummheit war, die jemals ein Mensch begangen haben mag. Einen schönen Tag noch, Mylord!“
Formvollendet versank sie in einem tiefen Knicks, der vor Spott nur so triefte, und rauschte dann ohne ein weiteres Wort mit gerafften Röcken davon.
Gespannt beobachtete Fanny ihre neueste Errungenschaft. Eine kleine und filigrane Destillationsapparatur. Sie hatte Stunden gebraucht, alles aufzubauen, anzuheizen und eine ausreichende Menge kaltes Wasser zum Kühlen des Destillates heranzuschaffen. Soeben hatte der Rum, welcher ihr auf der linken Seite der Apparatur als Ausgangsstoff diente, zu sieden begonnen. Der Alkoholdampf stieg nach oben und kondensierte an der noch kühlen Glaswand des aufsteigenden Röhrchens. Bereits wenige Augenblicke später hatte der Dampf das Glas angewärmt und drückte nun weiter nach rechts in den Kühler. Um den Dampf wieder zu verflüssigen, hatte Fanny den Kühler mit Tüchern umwickelt, über die sie nun stetig kaltes Wasser schöpfte. Ihr selbst standen Schweißperlen auf der Stirn und ihre Schürze sowie die untere Hälfte ihres Mieders waren nass gespritzt. Immer wieder tränkte sie die Tücher mit kaltem Wasser, bis endlich der erste Tropfen in dem kleinen Rundkolben ankam.
„Na also! Ich wusste doch, dass es klappt!“, jubelte Fanny, weiterhin darauf bedacht, das Kühlen nicht zu vernachlässigen. Schnell strich sie sich eine verschwitzte Strähne aus dem Gesicht und öffnete die obersten Knöpfe ihres Mieders, ehe sie die nächste Kelle Wasser schöpfte. Sie war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie Bones warnendes Knurren nicht hörte. Erst das laute bedrohliche Bellen, welches der riesige Hund nun anstimmte, ließ sie aufhorchen. Verärgert über die Unterbrechung warf sie einen schnellen Blick durch das Fenster, um dann erschrocken festzustellen, was den Hund so aufbrachte. Schnell schüttete sie Wasser auf die Flammen und suchte nach einem Schultertuch, welches ihre Aufmachung verbessern sollte, ehe sie sich der Tür zuwandte. Gerade noch rechtzeitig trat sie hinaus in den Garten, um zu verhindern, dass Burton eine Kugel in ihren geliebten Hund jagte.
„Meine Herren, was für eine Überraschung!“, rief sie und stellte sich schützend zwischen Bone und den Lauf der Pistole. Beruhigend strich sie über das struppige Fell und der Wachhund leckte ihr freudig die Finger. Dann wanderte ihr Blick über die Männer. Die beiden riesigen Blackworth Brüder machten einen schlecht gelaunten Eindruck. Ihre stämmigen Schultern hingen nach vorne und ihre breitbeinige Haltung wirkte bedrohlich. Sie flankierten jedoch nur Fannys eigentlichen Besucher:
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