Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
Mutter, als sie noch am Leben war, sogar einmal explizit nach etwas Derartigem gesucht hat. Man stelle sich das nur vor! Meine Mutter. Erst als Mister Kingsley mir versicherte, sie sei auch fündig geworden, schenkte ich ihm Glauben.“
Plötzlich hellhörig wandte Gregory sich Julia zu.
„Was Ihr nicht sagt, das klingt ja sehr ominös!“
„Ja, nicht wahr! Und so aufregend. Was könnte meine Mutter denn schon zu verbergen gehabt haben? Ein Geheimfach, kaum vorstellbar!“
Julia trat beiläufig an den Tisch, nahm einen Kerzenhalter und stellte ihn auf die Anrichte. Sie neigte kritisch den Kopf. Unzufrieden mit ihrem Arrangement schob sie den Halter weiter nach rechts, bis sie schließlich zufrieden schien.
Greg beobachtete Julia. Ihre unbedachten Worte hatten in ihm eine wahre Flut an Gedanken ausgelöst.
„Hat Euch der Mann auch gesagt, was Eure Mutter damals erworben hat?“, hakte er möglichst gleichgültig nach.
„Natürlich! Ich hätte ihm ja ansonsten nicht geglaubt. Er hat behauptet die Uhr, welche in Vaters Arbeitszimmer steht, habe hinter dem Ziffernblatt ein geheimes Versteck. So gut verborgen, dass es niemals zufällig gefunden werden konnte.“
„Habt Ihr denn Eurem Vater schon davon berichtet?“
„Aber nein. Erst wenn der Richter mit dem Gefangenen abgereist ist, werde ich ihn nach Kingsleys Versteck fragen. Am liebsten würde ich gleich nachsehen, aber wie gesagt, der Richter ist da und ich muss in der Küche noch einige Anweisungen geben. Ihr entschuldigt mich?“
Bereits auf dem Weg zur Tür drehte sie sich noch einmal zu Gregory um.
„Mylord, ich bin sehr froh, dass wir die Dinge zwischen uns bereinigt haben. Alles geht nun seinen Gang, ganz wie es sein sollte.“
Ein strahlendes Lächeln erhellte ihr Gesicht und sie schien die letzten Schritte in die Halle hinaus zu schweben, so leicht waren ihre Bewegungen.
Ein diabolisches Grinsen stahl sich auf Gregs Gesicht.
„Ja, alles geht seinen Gang, ganz wie es sein sollte“, murmelte er zufrieden vor sich hin.
Drei Pistolen richteten sich auf ihn. Langsam stand Drew auf und hob ergeben die Hände.
„Meine Herren, womit kann ich dienen?“, fragte er in die Runde.
„Vor Angst in die Hosen scheißen wäre ein guter Anfang!“, lachte Burton.
„Genau, oder flennen wie ein Baby“, schlug Ashton vor.
„Nichts da! Wenn schon, dann soll er langsam und qualvoll verrecken, während er sich vor Angst in die Hosen scheißt und dabei flennt wie ein Baby!“, verlangte Haribert lachend.
Er ging drohend auf Drew zu.
„Hör zu, du elender Schweinehund. Du kommst mit! Und wenn du nur einen Mucks machst, blas’ ich dir den Schädel weg, verstanden?“
Er drückte ihm den Lauf an die Schläfe und spannte den Hahn.
„Sicher. Ganz wie ihr wollt“, fügte sich dieser und setzte brav einen Fuß vor den anderen, hinaus aus dem Verlies und dem unbewachten Stall. Hier warteten bereits Pferde und Drew wurde mit vorgehaltener Waffe zum Aufsteigen gezwungen. Obwohl es bereits später Nachmittag sein musste und dicke Wolken den Himmel bedeckten, stach ihm das Licht in den Augen. Die letzten Tage in dem dunklen Verlies hatten ihn empfindlich gemacht. Anders als am Tag seiner Gefangennahme schien es heute hoch herzugehen. Die Männer führten ihn hinter dem Stall vorbei vom Hof, und nicht wie erwartet über den Platz mit der Eiche. Von dort aber drangen Stimmen an sein Ohr und er konnte mehrere Pferde wiehern hören. Der heimliche Abgang verursachte Drew ein ungutes Gefühl. Offiziell sah jedenfalls anders aus. Verstohlen beobachtete er die drei bewaffneten Kerle und kam leider zu dem Schluss, dass er es sich nicht leisten konnte, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Zwar beachtete ihn der Reiter ganz vorne nicht, die beiden anderen aber hielten ihn genau zwischen sich. Ihre Waffen waren nach wie vor auf ihn gerichtet. Sie ritten auf einem unbefestigten Weg einen Bogen um Stonehaven herum in Richtung Küste. Fieberhaft überlegte er, was sie mit ihm vorhaben konnten. Da offensichtlich Lord Hayes von diesem Ausflug nichts mitbekommen sollte, ahnte er schon, auf wessen Geheiß man ihn hierher brachte. Julias Verlobter hatte wohl etwas anderes mit ihm vor. Insgeheim hatte er schon seit einigen Jahren die Befürchtung, dass er eines Tages seinem Schöpfer gegenübertreten würde, weil ihm ein gehörnter Ehemann eine Kugel durch den Leib jagen würde. Dass dies aber nun anscheinend wirklich so kommen sollte, gefiel ihm gar nicht. Zumal dieser
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