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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Ihren Familiennamen.«
    Das klang gar nicht gut. Frechheit siegt, dachte sie und sagte: »Hören Sie, ich habe keine Ahnung, wer Sie sind, aber ich rufe nicht an, um irgendwelche dummen Spielchen zu spielen. Und jetzt holen Sie mir gefälligst Jens ans Telefon, ja!?«
    Auch das brachte sie nicht weiter. »Ich brauche Ihren Nachnamen.«
    Mit dummen Spielchen hatte das nichts zu tun. »Wer sind Sie denn?«
    Nach einer längeren Pause antwortete der Mann: »Ich bin Wachtmeister Egill von der Kopenhagener Polizei.«
    »Ist Jens was passiert?«
    »Wie lautet Ihr voller Name?«
    Hermia hängte ein.
    Angst und Entsetzen ergriffen von ihr Besitz. Schlimmer hätte es kaum kommen können! Arne hatte Zuflucht in Jens‘ Haus gesucht, und nun stand dieses Haus unter Bewachung! Das konnte nur eines bedeuten: Die Polizei hatte herausgefunden, dass Arne sich dort versteckte. Jens war vermutlich verhaftet und Arne womöglich auch. Hermia kämpfte mit den Tränen. Würde sie den Geliebten jemals wieder sehen?
    Sie verließ das Hotel und richtete ihren Blick über den Hafen hinaus gen Kopenhagen, das hundertsechzig Kilometer weiter in Richtung der untergehenden Sonne lag. Dort saß Arne vermutlich im Gefängnis.
    Nein, es war völlig ausgeschlossen, dass sie sich jetzt an ihren Fischer wandte und mit leeren Händen nach Schweden zurückkehrte. Sie konnte Digby Hoare, Winston Churchill und Tausende von Air- Force-Männern nicht im Stich lassen.
    Das Nebelhorn der Fähre tutete zum Zeichen, dass sie bald ablegen würde. Es klang wie ein trauernder Riese. Hermia schwang sich auf ihr Fahrrad und raste zur Pier. Sie war mit allen erforderlichen falschen Papieren ausgestattet, vom Personalausweis bis zu den Essensmarken, und konnte daher jeden Kontrollpunkt passieren. Sie kaufte sich eine Fahrkarte und eilte an Bord der Fähre. Sie musste jetzt einfach nach Kopenhagen und herausfinden, was mit Arne passiert war. Und sie musste diesen Film haben – vorausgesetzt, Arne hatte die Aufnahmen auf Sande überhaupt gemacht. Wie sie aus Dänemark wieder herauskommen und den Film nach England schmuggeln sollte – darüber konnte sie sich dann immer noch Gedanken machen.
    Wieder blies das Nebelhorn seinen Trauerton, dann rückte die Fähre langsam vom Kai ab.
    B ei Sonnenuntergang fuhr Harald an den Kais von Kopenhagen entlang. Im Tageslicht hatte das schmutzige Hafenwasser stets einen öligen Grauschleier, doch jetzt schien es im Widerschein des Sonnenuntergangs zu glühen. Das Rot und Gelb des Himmels wurde von den kleinen Wellen in Farbsprenkel zerzupft, die wie hingeworfene Pinselstriche aussahen.
    Harald hielt neben einer Reihe von Mercedes-Lastwagen an, die teilweise mit Baumstämmen von einem norwegischen Frachter beladen waren. Zwei deutsche Soldaten bewachten den Konvoi. Die Filmdose in Haralds Hosentasche schien plötzlich heiß zu sein und an seinem Bein zu brennen. Er schob die Hand in die Tasche und befahl sich streng, jetzt unter keinen Umständen in Panik zu geraten. Kein Mensch verdächtigte ihn irgendeiner Übeltat – und sein Motorrad würde durch die Soldaten vor Diebstahl geschützt sein. Er stellte es gleich neben dem Lastwagen ab.
    Im Abendschein sah alles ganz anders aus als in der Nacht, als er das letzte Mal hier gewesen war. Suchend schritt er die lange Reihe der Lagerhäuser und Kneipen ab. Wie das schmutzige Hafenwasser waren auch die ruß verschmierten Gebäude vom romantischen Glühen der untergehenden Sonne wie verwandelt. Schließlich entdeckte Harald das Schild mit der Aufschrift Dänisches Institut für Volkslieder und -tänze. Er stieg die Stufen zum Keller hinab und versetzte der Tür einen Stoß. Sie war offen.
    Es war erst zehn Uhr, ziemlich früh für einen Nachtclub, daher war das Lokal auch noch halb leer. Niemand saß an dem bierfleckigen Klavier auf der kleinen Bühne und spielte. Auf dem Weg zur Bar musterte Harald die Gesichter, doch zu seiner Enttäuschung war kein bekanntes darunter.
    Der Barkeeper hatte ein Tuch um seinen Kopf gewickelt und sah aus wie ein Zigeuner. Er reagierte auf Haralds Erscheinen nur mit einem argwöhnischen Nicken; offenbar passte der Besucher nicht zum üblichen Kundenkreis des Etablissements.
    »Haben Sie Betsy heute schon gesehen?«, fragte Harald.
    Die Miene des Barkeepers hellte sich auf, denn er nahm nun offenbar an, Harald sei einer der jungen Männer, die nach einer Prostituierten Ausschau hielten. »Ja, sie ist hier irgendwo«, sagte er.
    Harald setzte sich auf einen

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