Mitternachtskinder: Roman (German Edition)
sie ruhig sind die Hand der Witwe hebt die Kinder grün eins nach dem anderen hoch ihr Blut ist schwarz Fingernägel graben sich ins Fleisch das Blut spritzt schwarz auf Wände (die grünen) als die greifende Hand die Kinder eins nach dem anderen so hoch wie den Himmel hebt der Himmel ist schwarz es gibt keine Sterne. Die Witwe lacht ihre Zunge ist grün doch seht ihre Zähne sind schwarz. Und entzweigerissene Kinder in Witwenhänden die zupacken sie rollen halbierte Kinder zu kleinen Bällen rollen die Bälle sind grün die Nacht ist schwarz. Und kleine Bälle fliegen in die Nacht zwischen den Wänden die Kinder schreien als sie eins nach dem anderen durch die Hand der Witwe. Und in eine Ecke gekauert verkrochen das Äffchen und ich (die Wände sind grün die Schatten schwarz) breite hohe Wände Grün verblasst zu Schwarz
es gibt kein Dach und Witwenhand kommt einsnachdemanderen schreien die Kinder und mmmff und kleine Bälle und Hand und Schrei und mmmff und schwarze Spritzer. Jetzt nur noch sie und ich und keine Schreie mehr die Hand der Witwe tastet suchend die Haut ist grün die Nägel sind schwarz tastet sich zu der Ecke vor tastet während wir uns tiefer in die Ecke zurückziehen unsere Haut ist grün unsere Furcht ist schwarz und nun kommt die Hand und greift hinein greift und sie meine Schwester stößt mich hinaus hinaus aus der Ecke während sie zusammengekauert starrend zurückbleibt die Hand die Nägel graben sich ein Schrei und mmmff und schwarzer Spritzer und hinauf hoch wie der Himmel und lachende Witwe zerrt ich rolle mich in kleine Bälle die Bälle sind grün und hinaus in die Nacht die Nacht ist schwarz ...
Heute ist das Fieber gefallen. Zwei Tage und zwei Nächte lang (sagt man mir) hat Padma gewacht und mir kalte nasse Flanelllappen auf die Stirn gelegt und mich während meiner Fieberschauer und der Träume von Witwenhänden festgehalten; zwei Tage lang hat sie sich wegen ihres Trankes aus unbekannten Kräutern Vorwürfe gemacht. «Aber», beruhige ich sie, «diesmal hatte es damit nichts zu tun.» Ich erkenne dieses Fieber; es ist aus meinem Innern herausgekommen und von nirgendwo anders; wie ein übler Gestank ist es durch meine Risse gedrungen. Genauso ein Fieber habe ich mir an meinem zehnten Geburtstag zugezogen, zwei Tage habe ich im Bett verbracht; jetzt, da meine Erinnerungen wiederkehren, um aus mir auszuströmen, ist auch das alte Fieber wiedergekommen.«Mach dir keine Sorgen», sage ich. «Diesen Bazillus habe ich mir vor fast einundzwanzig Jahren geholt.»
Wir sind nicht allein. Es ist Morgen in der Picklesfabrik; sie haben mir meinen Sohn gebracht. Jemand (es ist gleichgültig, wer) steht neben Padma an meinem Bett und hält ihn auf dem Arm. «Baba, Gott sei Dank geht es dir besser, du weißt nicht, was du in deiner Krankheit alles geredet hast.» Jemand spricht aufgeregt und versucht, sich vor der Zeit seinen Weg in meine Geschichte zu
erzwingen, aber das geht nicht ... jemand, der diese Picklesfabrik und den dazugehörenden Abfüllbetrieb gegründet hat, der sich um mein unergründliches Kind gekümmert hat, so wie einst ... warten Sie ab! Damals hat diese Person es mir beinah aus der Nase gezogen, aber glücklicherweise habe ich, Fieber hin oder her, immer noch meine fünf Sinne beisammen! Sie muss einfach zurücktreten und in Anonymität gehüllt warten, bis sie an der Reihe ist, und das wird erst ganz zum Schluss sein. Ich wende die Augen von ihr ab, um Padma anzusehen. «Glaub ja nicht», ermahne ich sie, «dass, was ich dir erzählt habe, nicht ganz und gar wahr sei, bloß weil ich Fieber hatte. Alles ist genauso passiert, wie ich es geschildert habe.»
«O Gott, du und deine Geschichten!», ruft sie aus. «Den ganzen Tag, die ganze Nacht – du hast dich selber krank gemacht! Hör eine Weile auf damit, mein Lieber, das wird niemand schaden.» Trotzig presse ich die Lippen zusammen, und daraufhin sie, in einem plötzlichen Stimmungsumschwung: «Sag mal, Herr, möchtest du irgendwas haben?» «Grünes Chutney», verlange ich. «Hellgrün – grün wie Grashüpfer.» Und jemand, der nicht genannt werden kann, erinnert sich und sagt zu Padma (so leise, wie man nur an Krankenbetten und bei Beerdigungen spricht): «Ich weiß, was er meint.»
... Warum habe ich in diesem entscheidenden Augenblick, in dem alles Mögliche darauf wartete, beschrieben zu werden – als das Café Pionier so nahe war und die Rivalität von Knien und Nase –, ein bloßes Würzmittel in die
Weitere Kostenlose Bücher