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Mitternachtskinder: Roman (German Edition)

Mitternachtskinder: Roman (German Edition)

Titel: Mitternachtskinder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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aufsteigenden neuen Mond durch Glas sahen. «Diese Dinge spielen eine Rolle», sagen die Betelkauer. «Wir leben schon zu lange, und wir wissen es.» (Padma nickt zustimmend mit dem Kopf.)
    Die Büros des Zusammenschlusses befanden sich im Erdgeschoss der Historischen Fakultät auf dem Universitätsgelände. Abdullah und Nadir hatten ihre nächtliche Arbeit beinahe beendet: Das Summen des Kolibris war tief gestimmt und ging Nadir durch Mark und Bein. An der Wand des Büros hing ein Plakat, das Abdullahs Lieblingsmeinung gegen die Teilung zum Ausdruck brachte, ein Zitat des Dichters Iqbal: «Wo können wir ein Land finden, das Gott fremd ist?» Und nun erreichten die Meuchelmörder den Campus.
    Tatsache war: Abdullah hatte eine Menge Feinde. Die Haltung der Briten ihm gegenüber war schon immer ambivalent gewesen. Brigadegeneral Dodson hatte ihn nicht in der Stadt haben wollen. Es klopfte an der Tür, und Nadir öffnete. Sechs Neumonde kamen herein, sechs sichelförmige Messer, in der Hand von Männern, die ganz in Schwarz gekleidet und deren Gesichter maskiert waren. Zwei Männer hielten Nadir fest, während die anderen sich auf den Kolibri zubewegten.
    «In diesem Augenblick», sagen die Betelkauer, «wurde das Summen des Kolibris höher. Höher und höher, Yara, und die Augen der Meuchelmörder wurden groß, als ihre Glieder ihre Gewänder zu Zelten bauschten. Dann – Allah, dann! – begannen die Messer zu singen, und Abdullah sang lauter, summte so hoch, so hoch, wie er nie zuvor gesummt hatte. Sein Körper war hart, und die langen gekrümmten
Klingen hatten Mühe, ihn zu töten; eine zerbrach an einer Rippe, aber die anderen wurden schnell mit Rot befleckt. Aber nun – hören Sie nur! – erhob sich Abdullahs Summen über die Reichweite unseres menschlichen Ohrs und wurde von den Hunden der Stadt gehört. In Agra gibt es vielleicht achttausendvierhundertzwanzig Straßenköter. Es steht fest, dass in jener Nacht einige gerade fraßen, andere starben; manche paarten sich, und andere hörten den Ruf nicht. Sagen wir, ungefähr zweitausend; es blieben also noch sechstausendvierhundertzwanzig Köter übrig, und die alle drehten sich auf der Stelle um und liefen zur Universität. Viele von ihnen rasten über die Eisenbahnschienen vom falschen Ende der Stadt. Es ist wohl bekannt, dass dies die Wahrheit ist. Jeder in der Stadt hat es gesehen, außer denen, die schliefen. Sie liefen geräuschvoll wie eine Armee, und danach war ihre Fährte von Knochen, Kot und Haarbüscheln übersät ... und die ganze Zeit summte, summte, summte Abdullahji und sangen die Messer. Und wisset: Plötzlich zersprang das Auge eines der Mörder und fiel aus seiner Höhle. Später fand man die Glasstücke in den Teppich getreten!»
    Sie sagen: «Als die Hunde kamen, war Abdullah beinahe tot, und die Messer waren stumpf ... sie kamen wie wilde Tiere und sprangen durchs Fenster, das keine Scheiben mehr hatte, weil Abdullahs Summen sie hatte zerspringen lassen ... sie donnerten gegen die Tür, bis das Holz zersplitterte ... und dann waren sie überall, Baba! ... manchen fehlte ein Bein, andere waren räudig, aber die meisten hatten wenigstens Zähne, und einige davon waren scharf ... Und jetzt stellt euch das vor: Die Meuchelmörder können keine Störung befürchtet haben, denn sie hatten keine Posten aufgestellt und wurden so von den Hunden überrascht ... die beiden Männer, die Nadir Khan, diesen Schwächling, festhielten, brachen mit vielleicht achtundsechzig Hunden im Nacken unter dem Gewicht dieser Bestien zusammen ... danach waren die Mörder so übel zugerichtet, dass niemand sagen konnte, wer sie waren.»
    «Irgendwann», sagen sie, «stürzte Nadir sich aus dem Fenster und
lief weg. Die Hunde und die Meuchelmörder waren zu beschäftigt, um ihn zu verfolgen.»
    Hunde? Meuchelmörder? ... Wenn Sie mir nicht glauben, prüfen Sie es nach. Finden Sie alles über Mian Abdullah und seinen Zusammenschluss heraus. Entdecken Sie, wie wir seine Geschichte unter den Teppich gefegt haben ... und dann lassen Sie mich erzählen, wie Nadir Khan, sein Stellvertreter, drei Jahre unter den Teppichen meiner Familie verbrachte.
    Als junger Mann hatte er sich ein Zimmer mit einem Maler geteilt, dessen Gemälde immer größer geworden waren, während er versuchte, das ganze Leben in seiner Kunst einzufangen. «Sieh mich an», sagte er, bevor er sich umbrachte, «ich wollte Miniaturenmaler sein und habe stattdessen Elefantiasis bekommen.» Die

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