Mitternachtslöwe (German Edition)
matter Leere auf der sich gelegentlich ein Kringelchen grauen Dunsts verirrte. Der selbe Dunst der die gut besetzten Sitze formte, Wände, Bühne als auch die gespenstische Gesellschaft der Zuschauer.
Bureus ging vor zur vierten Reihe. Mindi winkte ihm zu. Er bat die Gäste beim Vorbeigehen um Verzeihung, da er es als unhöflich empfunden hätte einfach durch sie hindurch zuwandern.
»Welch Freude Euch wiederzusehen, Herr Bureus. Willkommen in der „Opera Fantomatique „. Bitte, nehmt doch Platz. Keine Angst«, kicherte Mindi, »Ihr werdet nicht hindurchfallen.«
Trotz Mindis Worte tastete Bureus zunächst kurz den Sessel aus schwebendem Rauch ab, bevor er sich vorsichtig setzte. Er trug ihn. »Welches Stück sehen wir uns an?«
»Keines. Das ist unser Fluch.« Mindi schaute zum Vorhang, als würde er jeden Moment aufschwingen und das Schauspiel beginnen. Missmutig stimmte das Orchester seine Instrumente, immer und immer wieder.
»Versteht mich nicht falsch, aber dies ist mir ganz recht. Ich muss schnellstmöglich zu meinen Freunden. Sie sind sehr weit weg. Ich muss einen komplizierten, alchimistischen Zauber wirken, um zu ihnen zu gelangen. Möglichst bald.«
»Zauberei und Alchemie?«, Mindi löste ihren Blick vom Vorhang, »Davon versteht ein Mädchen wie ich nichts. Im Leben genoss ich die feine Gesellschaft, Reichtum und Anerkennung, so glaube ich. Ewge Zeiten ist dies her. Doch nicht einmal die Erinnerung daran ist mir geblieben.« Obwohl sie immer noch lächelte, trug ihre Stimme jede Silbe voller Leid von ihren Lippen. Sie zog ein Medaillon aus ihrem Dekolleté hervor und öffnete es. »Ich wüsste zu gerne wer sie ist«, betrachtete sie gedankenverloren das Bildchen im Inneren, »doch ich erinnere mich nicht mehr. Vielleicht meine Schwester oder meine Tochter. Ich möchte mich wieder erinnern können.« Mindi steckte den Anhänger wieder ein. »Aber Euer Vorhaben klingt spannend, ja gar zu erregend«, blühte sie wieder auf, »Kann es sein...? Herr Bureus, Ihr könnt unseren Fluch womöglich brechen.« Das Geistermädchen war ganz aufgebracht.
»Ich würde Euch wirklich gerne helfen, aber...«
»Kommt, wir suchen Madam Olu auf!«
Bevor Johannes Bureus seinen Satz zu Ende bringen und einen Gedanken an Wiedersetzung beginnen konnte, schnappte ihn sich Mindi bei der Hand und flog mit ihm durch die Reihen. Empört über die Frechheit einfach durch sie hindurchzubrausen, schimpften die Besucher laut um sich.
Geschwind glitten sie hinter die Bühne. Überall tummelten sich die Schemen der Künstler, auf der Vorbereitung zu ihrem großen Auftritt, welcher niemals statt finden sollte. Mindi strich durch verschiedenste Kulissen, bis sie die Garderobe von Madam Olu erreichten. Langsam schwebten sie durch die Tür und setzten auf.
Bureus strich sich die Weste glatt. »Warnt mich bitte nächstes Mal vor, wenn Ihr mit mir solch eine Fahrt unternehmen wollt. Wir Sterblichen sind so etwas nicht gewohnt.«
Die opulente Madam Olu saß vor einem Spiegel. Zwischen ihren Schimpfereien übte sie ihre Stimme mit kurzen Passagen ihrer Rolle des Opernstücks. Zwei Geisterfrauen versuchten das üppige Haar der Diva zu einem kunstvollen Turmgebilde hoch zubauen.
»Nein, nein, nein!«, schrie Madam Olu, »Ihr macht das ganz falsch. Hach, wie sollen wir das nur schaffen, die Vorstellung beginnt gleich!« Immer heftiger wedelte sie ihren Fächer, was es den Frauen nicht erleichterte das flüchtige Haar zu bändigen. Geigers Tiger aus der Wasserpfeife hatte auch den Weg zur Madam gefunden und lag friedlich, wie ein Kätzchen, ihr zur Seite.
»Madam Olu«, begann Mindi, »Ich habe Herrn Bureus dabei. Ich denke er kann uns helfen.«
»Keine Zeit, Kindchen, keine Zeit! Geh zurück auf deinen Platz, die Vorstellung beginnt sofort.«
»Der Vorhang öffnet sich nie und das wisst Ihr, Madam Olu!«
Die Frauen stockten mit ihrer Arbeit, Madam Olu versackte der Gesang.
»Geht«, wies die Diva ihre Haargestalterinnen an, »Na los verschwindet!« Madam Olu atmete kräftig ein, was ihre ohnehin schon mächtige Oberweite noch gewaltiger aufblies. »Also? Ich höre?«
»Herr Bureus ist ein Zauberer und er möchte seine Freunde...«
»Tztztztzt«, unterbrach Madam Olu sie ungeniert, »Lass Herrn Bureus doch selbst erzählen.« Sie lehnte sich zurück, fächerte sich Rauch zu und gab Bureus mit einer Handbewegung zu verstehen seine Geschichte zu erzählen. »Bitte.«
»Drei meiner Freunde, darunter auch meine Tochter, sind auf eine
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