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Mitternachtslöwe (German Edition)

Mitternachtslöwe (German Edition)

Titel: Mitternachtslöwe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Langenkamp
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verschlangen jeden Ton, sahen sich satt am Spiel welches ihnen darbot.
    Bureus platzierte das taugetränkte Eisenkraut in der Aludel. Die mittlerweile völlig verhärtete Masse im Kessel holte er mit einem langen Kupferlöffel heraus. Auch sie fand Platz im Tongefäß.
    Madam Olu schloss ihre Arie, der Chor erklang. Das Volk wurde überrannt vom Regime. Eine finstere Gestalt betrat die Bühne. Die Menge erschrak. Der General. Das Melodram nahm seinen Lauf. Die Runen wurden entschlüsselt, Adulruna redivia ward geboren. Der letzte der drei Männer erreichte das Sanktum Uppsalas.
    Johannes Thomae Agrivillensis Bureus öffnete das Fläschchen Drachenkristall, hielt es in die Luft.
    Finale.
    Madam Olu geriet in Höchstform, aus ihrer Brust bebte der Gesang hervor, dem Schlag eines Thors ebenbürtig, der Chor umgarnte ihr Meisterstück aus Schall. Der Mitternachtslöwe erhob sich aus dem Schlaf.
    Die Gase der Aludel sammelten sich um das Alkahest. Die Ampulle sog den Stoff in sich auf. Bureus Hand zitterte. Die Materie verdichtete sich, bis der letzte Schweif im Gläschen verschwand. Gleißendes Licht ging aus seiner Hand hervor. Das Opernhaus erzitterte. Lichtblitze zuckten durch die Reihen in allen nur erdenklichen Farben. Lila Stränge, rote Säulen, gelbe und blaue Fäden stießen durch das triste grau des Hauses, sammelten sich um Bureus und seine Hand. Farbe aller Erscheinungen verschüttete sich über das aus Rauch verhangene Opernhaus.
     
    Die erste Materie, Prima Materia, Ursubstanz.
    Erschaffen aus nichts und wieder nichts.
    Durchströmt unser aller Sein.
    Alles ist nichts und nichts ist alles.
     
    Die Schwaden der Geister wurden klarer, deutlicher, scharf. Sie erhoben sich, Anmut erfasste jeden ihrer Körper. Dunst und Nebel entschwand. Ein Frohsinn wie nie ein Dahingeschiedener ihn je erleben durfte umflügelte auch Bureus. Die Erlösten machten sich auf gen Himmel, dem Licht der Ursubstanz entgegen. Das wunderschöne Angesicht Mindis schwebte an Johannes Bureus vorbei, streichelte sanft seine Wangen. »Ihr habt es vollbracht, uns erlöst. Ich erinnere mich. Habt auf ewig Dank. Lebt wohl Johannes Bureus, lebt und findet Eure Freunde.«
    Das Licht umschloss Bureus und trug ihn fort in alle Ferne.

 
     
     
     

     

Haghal
    Die Erfüllung
     
    Das, was alles umschließt
     
    Kunst, Leistung, Erfolg

Auf Adlers Schwingen
    Tief im Gedärm des Metalladlers gefangen, hatte Sophia in den letzten Tagen, vielleicht waren es auch Wochen oder sogar Monate, zehn Leben auf einmal gelebt. Nur der schmale Schlitz, der sich viel zu selten öffnete, um eine madige Scheibe Brot bedeutungslos in ihre Zelle zu werfen, brachte für den Bruchteil eines Gedankens den Tagesschein mit sich. Überall klapperte und scheuerte Metall aneinander. Ruppig warf der Adler Sophia durch sein Innerstes. An Schlaf war nicht zu denken.
    Sophia flehte darum, dass Lilith irgendetwas tun würde, doch so sehr der Zorn in ihr gärte, der Dämon, den sie einst mit Zurückhaltung zu beschwichtigen versuchte, schien wie ausgetrieben.
    Am Tage ihrer elften Geburt, als Sophia ein letztes Mal ihre Kraft zusammenraffte, um Lilith hervorzurufen, geschah tatsächlich etwas. Sophia stand sich selber gegenüber. Sie legte die Hand auf den Spiegel und sie selbst tat es auch. Doch statt der glatten, kalten Fläche berührten sich ihre Hände, warm und weich, bis sie zu glühen begannen. Sophias Gegenüber sprach ganz deutlich zu ihr, doch verstehen konnte sie es nicht. Sie stieß sich zurück und Sophia fiel auf den Boden.
    Die Klappe schnappte auf. Statt trocken Brot warfen zwei geschwollene Augen ihren Blick hindurch. Die Klappe ratschte zu. Metallenes Geklöter öffnete die Tür. Das grelle Licht blendete Sophia schrecklich.
    »Genug geschlafen! Der Boss will dich sehen!«
    Völlig benommen von ihrer Vision ließ Sophia sich am Arm aus ihrer Zelle schleifen. Erst eine scharfe Brise brachte ihr Klarheit zurück. Auf dem Rücken des Adlers, der sie gefangen hatte, glitt sie in einem Meer aus Wolken. Doch statt in den Daunen lag Sophia auf blankem Metall, das den Rücken des Vogels formte und eher an ein Deck eines Schiffes erinnerte.
    »Beeindruckend nicht wahr? Entworfen vom General selbst! Aquila - wunderschön.«
    Sophia stemmte ihre Arme auf den Boden, um sehen zu können, ob sie sich nicht verhörte. Nein, er war es.
    »Und wieder einmal begegnen wir uns. Seit Ulm sind wir euch gefolgt. Still und heimlich unter den Wolken, nur dein unverschämter

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