Mitternachtslöwe (German Edition)
Freund«, Vitus' Gesicht verzerrte sich, »ist mal wieder entwischt!«
»Was ist mit Maria? Wo ist Byrger?« Sophia stemmte sich hoch. »Was hast du mit ihnen gemacht?«, schrie sie und wollte Vitus an die Gurgel springen, doch seine Schergen nahmen sie hart in die Zange.
»Wie lange wollen wir dieses Spiel noch spielen?« Er klang verbittert, blieb aber ruhig. »Ihr haut ab, brennt mein Lager nieder, ich fange euch wieder ein und kurz bevor ich euch die wertlose Seele rausreiße schafft ihr es erneut zu entkommen!« Vitus wandte sich von Sophia ab. Wie der Kapitän einer Totengaleere stand er an der Reling. Stolz strich er seine Hände über das Eisen. Mit mechanischem Klirren schwang Aquila die Flügel.
»Wo ist meine Familie?« Sophia schlug um sich, sie glühte.
»Familie?« Vitus starrte weiter in die Wolken. »Wie lächerlich.« Wie vom Feuer versengt fuhr Vitus herum und packte Sophia unter dem Kinn, sodass sie in der Luft hing.
»Weißt du warum ich hier bin?«, brüllte er, »Auf Befehl des Generals persönlich! Oh ja, er ist ganz erpicht darauf eure kleine Bande kennenzulernen! Er will sehen, was für jämmerliche Schmarotzer es wagen seine Macht in Frage zu stellen. Er will wissen, wer die Unverschämtheit besitzt eine der wertvollsten Waffen des Regimes zu töten. Und dann wird er euch töten! Langsam und qualvoll wird es sein und ich werde dabei sein und jeden eurer Schreie genießen!« Bedeutungslos ließ Vitus Sophia fallen, wie die Kuh ihren Mist. Er stellte sich zurück an die Reling. Der Wind griff nach seinem fettigen Haar.
»Dein Freund kann fliegen? Können wir auch! Schneller, weiter, höher als alles andere! Ich werde ihn finden und schinden noch bevor der General seinen Spass mit ihm haben wird!« Mitmal wurde Vitus wieder ganz ruhig. »Das Mädchen ist da wo ihre kleinen Finger gebraucht werden. Der Alte wird ausgesaugt, dann ist es vorbei mit Taschenspielertricks!«
»Du verdammtes Scheusal!« Sophia wehrte sich mit aller Macht.
Als Strafe setzte es eine heftige Ohrfeige vom schmierig, grinsenden Vitus. Er packte sie am Bein und hielt sie über die Reling.
»Gib mir einen Grund, nur einen!«, sabberte Vitus.
»Tue es! Was würde dein General dazu sagen? Wessen Schreie würden wir dann hören?«, ächzte Sophia.
Vitus schmiss sie zurück auf das Deck. Er gab einem seiner Männern einen Wink. »Los, bring sie in den Maschinenraum. Kette sie sorgfältig an und sag Piet er soll sie schuften lassen, Tag und Nacht, am Kessel. Jeden Knochen von ihr will ich bis hier oben knacken hören. Aber er soll gefälligst aufpassen, dass sie am leben bleibt oder ich bringe der Schweinenase das fliegen bei! Ist das klar?!«
Der Scherge zerrte Sophia unter Deck. Im Magen des Adlers rumpelte und wackelte es noch mehr, als in Sophias versifften Zelle. Gewaltige Maschinen drehten sich, schoben Kolben, zischten, dampften und polterten wie eine blecherne Magenverstimmung. An einem gigantischen Kessel wurde Sophia festgekettet. Davor stand ein breiter, aber mickriger Kerl und brüllte seine Arbeiter, die müde Kohle in das Herz von Aquila schaufelten, zusammen. Als er Sophia sah, runzelte er seine schweißnasse Stirn.
»Verdammt, was ist das?« Er rümpfte die Nase und schnaubte, was wie ein Schwein beim Fressen klang.
»Deine neue Verstärkung, Piet«, zitterten die Worte des Soldaten durch den Krach. »Aber pass auf, dass sie nicht abkratzt, sonst wirft Vitus unnötigen Ballast von Bord«, sagte er und verschwand nach oben.
»Ach ja? Ballast?«, schnauzte Piet ihm hinterher, »Dann sagt Vitus, dass ich hier drei kaputte Dampfleitungen habe die...«
Ein Knall, ein Zischen, ein Schrei.
»...Sag Vitus ich habe hier vier kaputte Dampfleitungen die unbedingt repariert werden müssen, sonst macht der ganze Vogel bald nen Sturzflug nach unten! Aber ja, das Schwein wird’s schon richten! Und du?«, er äugelte zu Sophia, »Was schaust du so blöd? Schaufel nehmen und dann schipp Kohle in den Kessel!«, grunzte Piet sie an. Er drückte ihr ein Arbeitsgerät in die Hand und schupste sie beiseite, so fest, dass sie sich den Arm am glühenden Kessel verbrühte.
Behände kletterte Piet die Rohre hinauf, klammerte sich mit seinen Stummelbeinen fest, spuckte in die Hände und wählte sorgfältig eins der Werkzeuge von seinem Gürtel, um sich an den Leitungen zu schaffen zu machen. »Schaufelt ihr Bastarde«, schrie er herab, »Schaufelt, der Druck fällt!«
Wie paralysiert schob Sophia viel zu viel Kohle auf
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