Mitternachtslöwe (German Edition)
Reue
Das Resultat der Schuld
Reue, Blöße, Scham
Ankunft in Ulm
Die Eisenbahn polterte über die Schienen. Der Krach, den die Wagons verursachten, ging jedoch im lautstarken Streitgespräch komplett unter.
»Wir wissen doch nicht einmal genau, ob sich der General wirklich in Ulm aufhält«, sagte Byrger streng.
»Aber wenn das der Fall ist«, stürmte Abaris dem entgegen, »ist das unsere Gelegenheit das Regime zu entmachten!«
»Das ist nicht unsere Bestimmung, Herr Abaris. Unser Weg ist ein anderer. An uns liegt es den Schatz zu finden, nicht gedankenlos zu morden!«
Abaris verstand nicht, warum Byrger sich so quer stellte. Erkannte er denn nicht, was für eine Gelegenheit sich ihnen bot? Mit dem Tod des Generals hätte das Regime seinen obersten Befehlshaber verloren. Die Soldaten, die unter dem Zeichen des Adlers kämpften, wären ohne Befehl, ihr gesamter Kriegsapparat dem Ende nahe.
»Byrger hat recht«, sagte Sophia, der dieser Streit sichtlich zu schaffen machte, »Wir dürfen uns durch so etwas nicht ablenken lassen. Der Schatz ist es, auf den wir uns konzentrieren müssen.«
»Sophia«, stockte Abaris, »warum...« Ein stechender Schmerz durchzog seinen Kopf. Stirnrunzelnd und mit der Hand am Schädel versuchte sein Denkorgan krampfhaft die Gedankengänge der beiden zu verstehen.
»Wenn ihr es nicht machen wollt - ich werde es tun. Diese Gelegenheit werde ich nicht ohne einen Versuch an mir vorbei gehen lassen.«
»Ihr werdet nichts dergleichen unternehmen!«, brüllte Byrger heftig. Zum ersten Mal, seit sie sich kannten, zeigte Byrger Tidesson wirkliche Emotionen. Und das mehr, als Abaris lieb war. Tidessons Gesicht vollführte ein wahres Gewitter verschiedenster Gesichtsausdrücke.
»Herr Abaris«, fuhr Byrger fort, der mit bebender Stimme wie ein Diener des Sensenmanns klang, »Schlagt Euch das gefälligst aus dem Kopf! Das Regime des Adlers kann nur aufgehalten werden indem die drei Schätze gefunden werden und der Löwe erweckt wird. Jedes andere Vorgehen ist nur Verschwendung von Zeit, kostbarer Zeit, welche die Opfer des Regimes nicht haben!«
»Byrger, bitte...«, versuchte Sophia ihren Freund zu beruhigen.
»Zeitverschwendung?«, brauste Abaris auf, »Das Beseitigen des wohl schlimmsten Tyrannen, des übelsten Mistkerls den unsere Welt je gesehen hat, ist für Euch bloß Zeitverschwendung? Ich sage Euch was Zeitverschwendung ist: auf einen alten Möchtegernzauberer wie Euch zu hören und den...«
»He Leute... Leute!«, schrie Odilo dazwischen.
Zu Abaris eigener Überraschung hörten er und auch die anderen auf ihn und gaben Ruhe.
»Darf ich auch mal was dazu sagen?«, er ließ ihnen keine Zeit zu antworten, »Danke! Ich weiß ja nicht genau was ihr vor habt oder was genau ihr überhaupt in Ulm wollt...« Er wandte sich dem Südländer zu »Abaris, ich würde wie du den General bei jeder Möglichkeit am liebsten zur Hölle schicken, wo er hingehört. Aber glaubst du wirklich, dass es so einfach wird? Der General des Regimes des Adlers? Mal eben so einfach von seinem Thron stoßen?« Odilo schüttelte den Kopf. »Die Sache im Lager war wirklich beeindruckend, aber denkst du das reicht auch, um sich mit dem General anzulegen? Alleine?«
»Ich habe nicht gesagt, dass es einfach wird.«
»Sei vernünftig. Du hast da zwei tolle Freunde und zusammen könnt ihr sicher mehr erreichen, als wenn du dich alleine in solch eine Todesmission stürzt.«
»Er hat recht«, sagte Sophia ruhig, »ohne dich schaffen wir es nicht.«
Auch Byrger Tidesson sprach nun wieder ruhig, in seinem alt bekannten sterilem Ton. »Seht Ihr, auch Herr Odilo hat erkannt, wie wichtig Ihr für uns seid, und es stimmt – ohne Euch werden wir es nicht schaffen. Nur gemeinsam können wir uns dieser Sache stellen.«
»Aber ich habe die Toten gesehen«, sagte Abaris leidvoll, »Die unzähligen Toten, geschlachtet vom Regime, deren Leben ich nicht retten konnte. Das muss ein Ende finden.«
»Das wird es auch«, versicherte Byrger ihm, »Erinnert Ihr Euch noch an das, was ich Euch im Lager des Regimes sagte, dass Ihr Euch nicht in Hass verlieren sollt?«
»...Er führt nur zu Taten die nicht minder schlimmer sind...«, erinnerte sich Abaris.
»Genau. So gewissenlos wie der General seid Ihr nicht, das weiß ich.«
Ohne weitere Worte zu verlieren setzte Abaris sich an die Wand und schaute durch ein Loch hinaus auf die vorbeilaufenden Wälder. Er war im Zwiespalt mit sich selber und wusste nicht auf welche
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