Mitternachtslöwe (German Edition)
würde.
»Na endlich. Da kommen sie«, hörte Sophia eine kraftvolle Stimme neben dem Wagon sagen.
Das Rattern eines Pferdewagens kam näher.
»Verdammt warum hat das so gedauert?«
»Du kannst froh sein, dass wir überhaupt so früh kommen«, blökte eine weitere Stimme, »Vor ein paar Tagen hatten wir noch nichtmal mehr ein einziges Pferd!«
»Schon klar, hab gehört was passiert ist. Los, ab in den Wagon damit.«
Sophias Herz hüpfte. Mit großen Augen sah sie rüber zu Abaris, Byrger und Odilo, doch keiner war imstande etwas zu unternehmen, was auch?
Der Pferdewagen hielt neben dem Wagon. Er transportierte einen großen Metallkäfig. Sophia zuckte zusammen, als sie sah was er enthielt: den Würger. Zunächst sah es aus, als würde das Untier schlafen. Kaum war das Gespann zum Stillstand gekommen, riss er die Augen auf. Die völlig verängstigte Maria krallte sich an Sophias Seite fest. Nur wenige Meter von ihrem Versteck entfernt starrte der Würger genau in ihre Richtung. Atemlos blickte Sophia in die tiefe Leere seiner todesschwarzen Augen. Sie wusste nicht, ob er sie sah, sie wollte es auch nicht wissen. Dieses Biest sollte nur verschwinden.
Der Würger schnüffelte.
Das Monster verfiel in Raserei. Er brüllte, fletschte die Zähne, schmiss sich gegen den Käfig, so heftig, dass er vom Wagen kippte. Das Stahlgitter schepperte gegen den Eisenbahnwagon.
Im Inneren entglitt Maria ein Schrei. Sophia zog sie ein Stück zurück hinter eine Kiste und hielt ihr die Hand auf den Mund.
Der Würger versuchte seine Zähne in das Holz der Wagonwand zu treiben, sich zu seiner vor einigen Tagen versprochenen Beute vorzufressen und biss sich am Käfig die Schnauze blutig.
Ein aufgebrachter Haufen Federmäntel versuchte den Käfig wieder richtig aufzustellen. Das Biest schnappte nach den Händen, die nach dem Gitter griffen. Er erwischte eine und riss sie samt Arm an sich. Schlagartig ließen die Soldaten den Käfig fallen.
Da ertönte ein abartiges Geräusch. Etwas derartiges hatte Sophia noch nie zuvor gehört. Es klang wie ein krächzendes Pfeifen oder ein stöhnendes Raunen. Sie vermochte es nicht zuzuordnen. Jedenfalls sorgte der Misston dafür, dass der Würger aufhörte zu toben. Mit der Bußfertigkeit eines Welpen zog er sich in eine Ecke zurück.
Den Puls pochend in der Brust, spähte Sophia hinter der Kiste hervor durch einen Spalt der Holzwand. Neben dem Wagon trat ein Mann mit einer Art Horn in der Hand. Sie erkannte sein Gesicht nicht, sah nur, wie er das Instrument vor sich hielt und eine Kurbel bediente und so dem Gerät diese perversen Töne entlockte.
»Schluss jetzt! Rein mit ihm in den Wagon!«
Die Stimme, dieser Mann – Sophia sah genauer hin. Ihre Befürchtungen bewahrheiteten sich. Es war Vitus, der mit dem Gerät den Würger unter Kontrolle brachte. Seine Untergebene packten den Käfig.
Sophia rollte sich so klein, wie es ihr nur möglich war, hinter der Kiste zusammen. Ihr Herz pochte wild, brachte den gesamten Wagon zum beben. Der Würger fing an wieder lauter zu werden.
»Was hat das Vieh denn nur?«, stöhnte einer der Federmäntel.
»Das ist die Gier nach dem Fleisch«, sagte Vitus stolz, »Hat er einmal frisches bekommen kriegt er sich nicht mehr ein. Gut so.« Kurz ließ er erneut die abnormen Klänge dem Kurbelhorn entspringen.
Die Riegel der Wagontür öffneten sich, die Tür beiseite geschoben.
Sophia klammerte sich verzweifelt um die kleine Maria. Diese tat das selbe mit Sophia. Beide zitterten am ganzen Leib.
»Bei drei! Eins... zwei... drei!«
Der schwere Käfig knallte auf die Bohlen des Wagons, brachte das gesamte Gestell zum wanken.
»Und jetzt schiebt!«
Mit einem grässlichen Krach kratzte das Stahlgitter mit seinem Insassen über das Holz. Es knackte, knirschte und riss auf.
»Und zu damit!«
Die Tür schloss sich, die Riegel schnappten zu.
»Wunderbar«, sagte Vitus, »wo ist mein Wagon?«
»Der ganz vorne«, sagte eine Stimme.
»Dann fahrt los, ich will den General nicht verpassen!«
Ein paar Türen schnappten zu, die Eisenbahn schnaubte auf, ein lautes Pfeifen ertönte. Unsanft setzte sich die Maschine aus Eisen und Stahl in Bewegung.
Vorsichtig hob Sophia den Kopf über die Kiste. Kein Käfig, kein Würger. Das Regime hatte das Ungetüm einen Wagon vor ihnen untergebracht.
»Was meinte Vitus mit ›Ich will den General nicht verpassen‹?«, fragte Abaris, der sich zaghaft aus seinem Versteck traute.
Idher
Der Stab der
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