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Mitternachtsmorde

Mitternachtsmorde

Titel: Mitternachtsmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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gerettet werden sollten, sterben mussten, weil das Experiment so spät aufflog, dass nicht mehr genug Zeit blieb, um jene Ersatzorgane zu züchten, die ursprünglich produziert werden sollten.«
    »Gott.« Mehr sagte er nicht, aber in diesem einen Wort lag vollstes Verständnis und Mitgefühl.
    »Im Gedenken an Annora bekam ich ihren zweiten Vornamen, Tzuria. Sie starb drei Monate, nachdem meine Eltern mich nach Hause geholt hatten. Ich kann mich nicht an sie erinnern und glaubte lange Jahre, mich selbst zu sehen, wenn ich mir Hologramme von ihr anschaute.«
    »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie sich deine Eltern gefühlt haben müssen«, erklärte er nachdenklich. »Sie mussten ihr Kind beerdigen, und gleichzeitig … warst du da, dasselbe Kind, nur gesund.«
    »Meine Mutter sagte, es hätte sie davor bewahrt, verrückt zu werden, dass sie ein Baby sah, das sie brauchte und von ihr abhängig war, wenn sie mich anschaute. Ich sah genauso aus wie Annora und war gleichzeitig ein ganz anderer Mensch. Annora war fast ihr ganzes Leben lang schwer krank gewesen, während ich gesund und energiegeladen war. Trotzdem hütete mich meine Mutter wie ihren Augapfel, und weil die rechtlichen Fragen immer noch nicht geklärt sind und weil viele Menschen moralische Probleme mit uns Kopien haben … achte ich immer genau darauf, was ich sage oder tue. Sobald ich alt genug war, um das zu verstehen, ermahnte mich meine Mutter immer wieder, dass ich es mir nicht leisten konnte, in Schwierigkeiten zu geraten.«
    »Eine ganz schöne Last für ein kleines Kind.« Er küsste sie auf die Stirn. »Kein Wunder, dass du so …«
    »Roboterhaft bist?«, vollendete sie den Satz trocken.
    »Ich bevorzuge das Wort ›gleichmütig‹.« Er lachte leise. »Ich habe meine Lektion gelernt. Nie wieder wird das R-Wort über diese Lippen dringen.«
    »Roboterhaft trifft es aber ziemlich genau, und genau darum hat mich deine Bemerkung mitten ins Herz getroffen, denn erst da wurde mir bewusst, wie sehr ich mich immer zurückgehalten habe. Ich habe nie zugelassen, dass ich wirklich wütend wurde, ich habe nie geschrien, ich habe nie getanzt. Ich habe mich immer beherrscht, weil alles, was man zu gewalttätig, zu enthusiastisch, zu irgendwas finden könnte, dazu benutzt werden könnte, uns per Gesetz zu einer Gefahrenquelle für uns selbst und für andere zu erklären.«
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir meine Bemerkung tut.« Er küsste sie noch mal, und diesmal hob er dabei ihr Kinn an, damit der Kuss ihre Lippen traf. »Ich hätte mich in den Hintern beißen können, als ich sah, wie sehr ich dich damit verletzt hatte.«
    »Und du hattest Angst, du hättest dir alle Chancen bei mir verbaut«, ergänzte sie.
    »Das auch.«
    Sie gähnte, plötzlich todmüde. Sie konnte immer noch nicht recht fassen, wie gelassen er auf ihr Geständnis reagiert hatte, während sich die Menschen in ihrer Zeit zutiefst schockiert über die Ergebnisse jenes Experiments zeigten. »Manche von uns Kopien wurden auffällig«, gab sie zu. »Persönlichkeitsstörungen waren eher die Regel als die Ausnahme. Auch die Verbrechensraten sind höher. Vor den Gerichten wird immer noch darum gestritten, ob wir nicht lieber in festen Einrichtungen untergebracht werden sollten, um uns vor uns selbst zu schützen.«
    »Ich nehme an, es ist niemand auf den Gedanken gekommen, dass es Persönlichkeitsstörungen hervorrufen und gewaltsame Neigungen erzeugen könnte, wenn man ein Kind in einem staatlichen Waisenhaus aufwachsen lässt und ihm keine richtige Familie gibt, sondern es immer wieder ausschließt und auf mögliche Auffälligkeiten hin untersucht? Sieh dich selbst an. Du bist in einer liebevollen Familie groß geworden. Diese Menschen haben vor allem Probleme, weil sie eine schreckliche Kindheit hatten, nicht weil sie als Kopien gezeugt wurden.«
    »Die Vorurteile gegenüber dem Klonen sitzen sehr tief, und zwar aus gutem Grund, sodass die meisten Menschen rein emotional reagieren, wenn sie erfahren, dass ich eine Kopie bin. Wenn ich jemandem näher kam, habe ich nie ein Geheimnis daraus gemacht, damit die Menschen entscheiden konnten, ob sie mit mir befreundet bleiben wollten oder nicht. Die meisten wollten es nicht.«
    »Schön blöd«, stellte er knapp fest. »Ich würde mal raten, dass du vor allem deshalb nicht verheiratet bist – nicht etwa, weil dein Job dich zu sehr beansprucht.«
    »Da wäre auch noch das Problem der Geburtenkontrolle.« Obwohl sie

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