Mitternachtsschatten
Raucher in dem Haus waren. In L.A. war es schließlich gesellschaftlich weit akzeptabler, seine Frau zu verprügeln, als eine Zigarette zu rauchen. Also versuchten die Nachbarn sogar in ihren eigenen Wohnungen nur heimlich zu rauchen. So entstanden immer wieder ungewollte Brände, das war fast unumgänglich. Als das Feuer dann ausbrach, war er natürlich nicht zu Hause, sondern bei der Arbeit gewesen. Kein Mensch würde ihn jemals ernsthaft verdächtigen.
Als das erledigt war, musste er nur noch Jackson ganz unauffällig ein paar Stichworte geben, und schon wurde ihm vorgeschlagen, vorübergehend ins La Casa zu ziehen. Hier war er nun und beschloss, sich ein anderes Opfer zu suchen; Rachel-Ann Meyer war definitiv tabu. Er konnte nur hoffen, dass sie ihren Instinkten vertraute und auch weiterhin die Finger von ihm ließ. Wie sollte er sich bloß verhalten, wenn sie sich an ihn ranmachte? Die Situation war mit einem Mal sehr verfahren, und eigentlich hatte er im Augenblick überhaupt keine Lust, sich damit auseinander zu setzen.
Er stellte fest, dass es in seinem Zimmer weder Bettbezüge noch Handtücher gab, und natürlich hatte er auch nicht dran gedacht, selbst welche mitzubringen. Er öffnete seinen Hemdkragen und zog die Schuhe aus, um sich unbemerkt durchs Haus bewegen zu können. Es wäre besser, Jilly heute noch in Ruhe zu lassen, dachte er, aber andererseits fühlte er sich so rastlos. Er wollte endlich etwas erreichen, und Jilly war ja nun sein Ziel. Es würde ihr ganz und gar nicht gefallen, wenn er mit halb geöffnetem Hemd an ihrer Tür auftauchte, aber es fiel ihm nichts Besseres ein. Sie war von ihm fasziniert, auch wenn sie sich dagegen wehrte, und das würde er ausnutzen. So lange, bis sie mit ihm ins Bett ging. Vielleicht ja schon heute Nacht. Zumindest war er in der Stimmung dafür.
Zwar hatte er keinen bestimmten Grund, sie zu verführen. Der Plan, mit Rachel-Ann zu schlafen, hatte Sinn gemacht, weil sie der einzige Mensch war, den Jackson Meyer liebte. Jilly hingegen konnte ihm überhaupt nicht weiterhelfen. Er musste nicht mit ihr schlafen, um ins Haus zu kommen, schließlich war er bereits hier. Ihr Vater scherte sich einen Teufel darum, ob er es mit ihr trieb oder nicht, er hatte ihm ja eigentlich sogar schon seinen Segen gegeben. Und nicht zuletzt war ihm klar geworden, dass sie keine Ahnung von den dunklen Geschäften ihres Vaters oder von seiner geheimnisvollen Vergangenheit hatte. Er konnte also nichts gewinnen, wenn er mit ihr schlief.
Dann würde er es eben tun, ohne etwas dadurch zu gewinnen. Sondern einfach, weil ihm danach war. Weil sie ihn mit diesen riesigen Augen ansah, ihre Lippen in banger Verachtung verzog und mit aller Kraft versuchte, ihn sich vom Leib zu halten. Er fand diese Vorsicht ganz und gar unwiderstehlich.
Davon abgesehen: Wenn er mit Jilly ins Bett ginge, dann wäre er für ihre Schwester und ihren Bruder tabu. Coltrane schüttelte den Kopf. So ein Quatsch, das war nun wirklich eine vergebliche Hoffnung. Alan Dunbar hatte von Meyer monatelang eine Menge Geld bekommen, um Rachel-Anns Fehltritt nicht auszuplaudern. Offensichtlich nahm Rachel-Ann es also nicht so ernst mit der Monogamie und Loyalität ihrer Schwester gegenüber, zumindest dann nicht, wenn sie getrunken hatte.
Aber vielleicht würde es sie wenigstens etwas bremsen, zumal er dann ja auch eine gute Ausrede hatte, um sich von Dean und ihr fern zu halten. Er musste dabei nicht einmal deren Stolz verletzen. Obwohl Rachel-Ann, wenn die Geschichten, die er über sie gehört hatte, stimmten, durchaus in der Lage war, eine Dreierbeziehung vorzuschlagen!
Die meisten Lampen in der Halle waren entweder durchgeschmort oder zerbrochen. Er klopfte in der Dunkelheit an Jillys Tür und grinste in sich hinein, als er ihren riesigen Hund knurren hörte. Von allen, die in diesem verrotteten Haus lebten, war ihm Roofus am liebsten. Er nahm alles, was man tat, für bare Münze, und er hatte kein Problem damit, eine Schlange in ihrer Mitte zu tolerieren. Coltrane hörte, wie Roofus’ Krallen auf dem Steinboden klickten. Als ihm klar wurde, wer auf der anderen Seite der Tür stand, wurde aus dem Knurren ein leises Heulen.
Man musste bei so einem Hund einfach nur die richtige Stelle finden, wo er gerne gekrault wurde, und schon war er einem verfallen. Coltrane fragte sich, ob Jilly ebenso einfach zu manipulieren war. Aber wenigstens hatte sie ihn bereits so nah an sich herangelassen, dass er genau wusste, an welcher
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