Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)
nach auch hingehörte.
»Ich will nicht!«
Er warf sie auf die Laken. Sie landete auf ihren Petticoats und kochte vor Wut. »Du tust, was ich dir sage.«
»Ich putz dir die Stiefel, verdammt noch mal, und ich bring dir das Essen. Aber mehr nicht.«
Cain bemühte sich um einen ruhigen Tonfall, obwohl er innerlich tobte. »Was ärgert dich eigentlich mehr? Dass ich dich reize? Oder dass du mir hartnäckig vormachen musst, du willst es nicht?«
»Ich … ich … tu ich doch gar nicht …«
»Oh doch.«
Er riss sich selbst und ihr die Sachen vom Leib. Sobald er zärtlich wurde, schmolz ihr Widerstand dahin wie Eiskristalle in der Sonne. »Warum ist das eigentlich so mit uns?«, flüsterte sie.
Er vergrub das Gesicht in ihren Haaren. »Weil keiner von uns über seinen Schatten springen kann.«
Beide fanden ihre körperliche Befriedigung, mehr nicht. Kein Gefühlstaumel, keine sinnliche Erfahrung. Genau so, wie er es haben wollte.
Und nachher fühlte er sich umso ausgebrannter.
Er drehte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Szenen aus seiner trostlosen, unglücklichen Kindheit flackerten im Geiste an ihm vorüber. Seine Mutter hatte nicht nur das Geld seines Vaters durchgebracht. Durch sie hatte er gleichsam seinen Stolz, sein Ansehen und schließlich seine Würde als Mensch eingebüßt. Und Cain war nahezu genauso besessen von Kit wie sein Vater seinerzeit von Rosemary.
Die Erkenntnis traf ihn wie ein Faustschlag. Seine Passion für diese Frau hatte ihn blind gemacht.
Er tat einen tiefen, aufgewühlten Atemzug. Kit mochte ihn begehren, trotzdem ging es ihr einzig und allein um Risen Glory. Hinter ihrem Begehren verbarg sich nämlich eine tiefe Aversion gegen ihn.
Plötzlich wusste er, was er zu tun hatte, und die Erkenntnis war wie ein Messer, das sich in seine Eingeweide bohrte. Cain suchte krampfhaft nach einer anderen Lösung, fand aber keine. Er ließ sich von keiner Frau etwas vormachen, geschweige denn am Gängelband führen. Und das bedeutete, dass er sie nicht anrühren durfte. Nicht heute, nicht nächste Woche. Oder nächsten Monat. Nein, erst wenn er den Zauber gebrochen hatte, den sie auf ihn ausübte.
Und das konnte ewig dauern.
In den Wochen darauf waren sie höflich, aber distanziert zueinander, wie zwei Nachbarn, die sich förmlich über den Zaun zunickten, aber nie das Gespräch suchten. Cain heuerte weitere Arbeiter für die Instandsetzung der Spinnerei an, und nach etwas mehr als einem Monat war der Feuerschaden behoben. Sie konnten die Maschinen installieren.
Während der Sommer zur Neige ging, wich Kits Ärger auf ihn einer Verwirrung. Cain hatte sie seit jenem Sonntag nach seiner Rückkehr aus Charleston nicht mehr angerührt. Wenn sie ihm nach der Arbeit die Mahlzeiten servierte, ihm das Bad einließ und zumindest vordergründig die Rolle der ergebenen Ehefrau spielte, behandelte er sie zuvorkommend-reserviert. Aber er machte keinerlei Anstalten, sie zu verführen.
Sie pirschte in schmutzigen Hosen und Stiefeln durch den Wald, seine Flinte geschultert, einen Lederbeutel mit Wachteln oder Kaninchen über die Schulter geworfen. Obwohl er es gern sah, wenn sie ihn nach der Arbeit zu Hause
erwartete, legte er ansonsten keinen besonderen Wert auf damenhaftes Verhalten. Irgendwann machten ihr auch die Streifzüge durch die Wälder keinen Spaß mehr. Sie war zu aufgewühlt, innerlich zerrissen.
Dann kam ein Brief von Elsbeth:
Meine herzallerliebste Kit, als ich deinen Brief bekam, worin du mir deine Heirat mit Major Cain mitgeteilt hast, habe ich so laut gejubelt, dass meine arme Mama schon fürchtete, ich hätte mich ernsthaft verletzt. Du kleine Gaunerin! Nachdem du kein gutes Haar an ihm gelassen hast! Das ist mit Abstand die schönste Liebesgeschichte, von der ich je gehört habe. Und eine perfekte Lösung für alle deine Probleme. Jetzt hast du Risen Glory und einen fantastischen Mann.
Du musst mir unbedingt noch schreiben, ob sein Antrag wirklich so romantisch war, wie ich ihn mir vorstelle. Also ich sehe dich in deinem wunderschönen Kleid vor mir (dasjenige, das du auf dem Abschlussball getragen hast), und Major Cain kniet vor dir, seine Hände beschwörend auf sein Herz gepresst, wie wir das immer scherzhaft geprobt haben. Oh, meine liebe Kit (meine liebe Mrs. Cain!), erzähl mir rasch, ob es so war oder noch viel aufregender.
Ich hoffe, du freust dich über meine neueste Nachricht, die dich bestimmt nicht völlig überraschend trifft. Im Oktober bin ich
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