Mittsommersehnsucht
schlug dem Freund auf die Schulter. »Halt sie fest, deine Andrea. Sie ist ein Schatz.«
Das Regent war ein exklusives, fast intimes Restaurant mit nur wenigen Tischen. Fast alle waren besetzt. Meist waren es Paare, die sich gegenübersaßen. Die Herren in dezentem Dunkelblau oder Anthrazit, die Damen in eleganten Kostümen oder Seidenkleidern. Viel verstand Magnus immer noch nicht von Mode, doch seit er Lilian kannte, wusste er zumindest über die Preise gewisser Designermodelle Bescheid.
Er war froh, sich noch rasch umgezogen zu haben. Doch sicher fiel er auf in seinem schlichten Outfit. Egal, er war nun mal so, wie er war.
Kjell Blomquist saß an einem Tisch in der Nähe der drei bodentiefen Fenster. Magnus musste den ganzen Raum durchqueren, um zu ihm zu gelangen. Er folgte dem Angestellten an dem guten Dutzend Tischen vorbei, die erlesen eingedeckt waren. Weiß gestärkte Tischdecken, dazu passende, kunstvoll gefaltete Servietten, kleine Rosenbuketts als Dekoration … alles atmete Luxus pur. Auf jedem Tisch standen zwei Silberleuchter, in denen gelbe Bienenwachskerzen brannten und sanftes Licht verströmten.
Vom gleichen Gelbton waren die dichten Seidenportieren, die an den Fenstern hingen. Von der Decke hingen Kristallleuchter, ein dichter Teppichboden dämpfte jeden Schritt. Aus der Hotelhalle drang leises Klavierspiel. Chopin, erkannte Magnus.
Magnus hätte es vorgezogen, einen Straßenzug weiter im Nordic-Hotel zu essen. Die Brasserie, die zum Haus gehörte, bot schmackhafte Gerichte an. Aber natürlich verkehrte ein Kjell Blomquist nicht in so schlichter Umgebung.
Lilians Vater erhob sich halb, als Magnus zu ihm trat. »Schön, dass du es einrichten konntest.« Der Verleger trug zum dunkelblauen Jackett ein hellblaues Hemd und eine seiner unvermeidlichen Hermès-Krawatten. Diesmal zierten kleine Fische den hellgelben Seidenschlips. Wie sinnig, schoss es Magnus durch den Kopf, und er musste sich Mühe geben, ein kleines Grinsen zu verbergen.
»Kein Problem.«
»Ich möchte vorausschicken, dass Lilian von unserem Treffen nichts weiß.« Kjell winkte einem Kellner, der unaufgefordert die Aperitifs servierte. »Ich hoffe, Martini ist in Ordnung.«
»Natürlich.«
Der Verleger hob sein Glas. »Auf deine – auf eure Zukunft.«
Magnus schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber ich sagte doch schon, dass aus Lilian und mir kein Paar werden wird.« Er stellte das Glas zurück, ohne einen Schluck getrunken zu haben.
»Lass uns drüber reden. Von Mann zu Mann.« Kjell Blomquist beugte sich vor. »Erst mal essen wir. Was hältst du von Salat mit Flusskrebsen und hinterher einer gefüllten Maispoularde? Die ist hier köstlich!«
»Na gut.« Magnus bemühte sich um einen lässigen Tonfall. Dabei wäre er liebend gern aufgestanden und wieder gegangen. Stattdessen trank er sein Glas leer und hörte zu, wie Kjell das Menü bestellte und eine Flasche Bordeaux dazu orderte.
Während des Essens sprachen sie über Magnus’ letzte Forschungsfahrt, und es erstaunte ihn, wie gut Kjell über seine Arbeiten informiert war.
»Du leistest etwas Großartiges, das sage ich ohne Schmeichelei. Es ist immens wichtig für unser Land, dass das Meer und seine Ressourcen geschützt werden.«
»Wenn mehr Leute so denken würden wie du, wäre unsere Arbeit erfolgreicher.« Magnus trank einen Schluck Rotwein, der exzellent war. »Aber leider ist die Profitgier meist größer als die Verantwortung für die Natur – und somit unseren Nachkommen gegenüber. Ich darf gar nicht daran denken, dass Jahr für Jahr immer noch viele Wale ihr Leben lassen müssen. Dabei sind etliche Arten stark gefährdet.«
Sie hatten den Hauptgang beendet, und Kjell lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Mit einer knappen Handbewegung winkte er dem Kellner, damit noch einmal Wein nachgeschenkt wurde. Dann hob er das Glas und ließ die dunkelrote Flüssigkeit langsam kreisen, ehe er kurz am Wein atmete und dann in zwei kleinen Schlucken trank.
»Du hast recht, viel mehr Menschen müssten sich für den Umweltschutz und die Erhaltung der seltenen und oft bedrohten Meerestiere einsetzen.« Er stellte das Glas ab und beugte sich vor. »Du weißt es vielleicht nicht, aber ich bin seit langem einer von denen, die sich engagieren.«
»Das wusste ich wirklich nicht.«
»Solltest du aber.« Von einer Sekunde zur nächsten verlor Kjell Blomquist alles Verbindliche. Seine Miene war hart, als er sagte: »Das Schiff, auf dem ihr arbeitet und forscht, ist von mir
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