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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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man sich bestimmt eine Menge Stress. Aber ich hoffe, dass Mom vernünftig genug ist, so was nicht zu machen. Willst du einen Kaffee?»
    «Nein danke. Ich muss sowieso gleich gehen.» Rowenna stand auf und sah sich die Bücher in Janes Regal an. «Du hast echt alles, oder? Persönlichkeitswandel, Rückkehr ins frühere Leben, Sprechen mit Naturgeistern   …»
    «Ja, ich bin eben eine New-Age-Spinnerin. Aber erzähl’s nicht weiter.»
    «Es ist überhaupt keine Spinnerei, wissen zu wollen, was mit uns passiert. Machst du irgendwas, ich meine, Meditation oder so?»
    «Das habe ich überlegt, nachdem   … Als mir mal ein paar komische Sachen passiert sind.»
    Rowenna setzte sich wieder. «Erzähl weiter.»
    «Vermutlich war es nur Einbildung. Ich meine, man kann sich ja in jeder Situation was einbilden, oder? Wie Mom. Sie sieht angeblich manchmal beim Beten blaue und goldene Farben, deshalb bringt sie das mit Gott in Verbindung. Aber es könnte auch was ganz anderes sein, oder nicht?»
    «Und was ist dir passiert?»
    «Ich rede nicht gern drüber. Ich glaube, wenn man solche Sachen zu analysieren versucht, lösen sie sich einfach auf.»
    «Aber nicht bei mir, Kleine.»
    «Na gut. Ich habe einfach an manchen Plätzen das Gefühl einer unheimlich starken Verbindung. Wie vorhin, als du gesagt hast, du würdest die Balken umarmen   … Ich würde am liebsten Hügel und Felder umarmen und – ach, das ist alles echt nur Blödsinn. Ich hab eben eine Megaphantasie.»
    «Jane! Jetzt erzähl endlich.»
    «Okay, na gut, es ist, als ob die Zeit vergeht, und ich merke nichts davon. Als ob ich hier wäre und gleichzeitig
nicht
hier, unddann bin ich wieder hier – wie eine Verschiebung in der Realität. Vielleicht passiert so was ja allen Leuten, bloß beachten es die meisten nicht. Es gab eine alte Frau im Dorf, mit der ich darüber reden konnte, aber jetzt ist sie tot.»
    «Ich glaube, dass wir alle eine andere Seite haben, die wir entdecken sollten», sagte Rowenna. «Und ganz besonders wir   … Ich meine, unsere Generation. Wir wachsen in dieser grässlichen Jahrtausendwende-Atmosphäre auf, und alles Alte bricht zusammen   … zum Beispiel politische Konstellationen oder die institutionalisierten Religionen. Damit will ich nichts gegen deine Mutter sagen oder so.»
    «Schon okay», sagte Jane. «Sie weiß, dass alles den Bach runtergeht. Am Anfang sind die Leute bloß so in ihre Gottesdienste geströmt, eben weil sie eine Frau war, aber der Reiz des Neuen hat inzwischen schon ziemlich nachgelassen. Wenn die Kirche es nur mit solchen Tricks schafft, können sie demnächst ganz zumachen. Was wolltest du noch sagen?»
    «Ich wollte nur sagen, dass wir uns keine Gelegenheit entgehen lassen sollten, unser Bewusstsein zu erweitern.»
    «Das finde ich auch. Was hast du so gemacht?»
    «Oh, ich hab bloß so ein bisschen rumgeschnuppert.» Rowenna blätterte achtlos in einem Taschenbuch über Traumdeutung. «Zum Beispiel, als wir in Salisbury gewohnt haben, da hatte ich eine Freundin, deren Schwester Tarotkarten gelegt hat. Sie hat mir zwei Legesysteme gezeigt. Ein paar Wochen lang habe ich es in der Schule gemacht. Es war wirklich unglaublich, wie genau alles zugetroffen hat. Dann habe ich die Karten für ein Mädchen gelegt, mit dem ich mich richtig gut hätte anfreunden können, und was die Karten gesagt haben, war total furchtbar, und kurz darauf hat sie Meningitis bekommen und ist fast gestorben, und in die Schule ist sie überhaupt nie mehr gekommen – und da habe ich irgendwie angefangen, mich zu gruseln.»
    Jane zuckte mit den Schultern. «Das beweist noch nicht, dass sie durch die Karten Meningitis bekommen hat. Weißt du noch, wie es geht? Könntest du mir auch mal die Karten legen?»
    «Hmmm   … glaub ich nicht. Lieber nicht.»
    «Feigling.»
    «Kann sein. Aber hör mal, ich hab da ein Plakat in diesem Bioladen gesehen. Nächste Woche gibt’s in Leominster eine Esoterik-Messe.»
    «Cool. Worum geht’s da?»
    «Warst du noch nie bei einer? Es gibt ständig welche.»
    «Rowenna, meine Mutter ist Pfarrerin. Ich führe ein dermaßen behütetes Leben, das kannst du dir gar nicht vorstellen.»
    Rowenna lächelte. «Na ja, ich war eigentlich auch erst bei einer, und da gab’s echt nur Ramsch, und überall sind durchgeknallte alte Frauen in Zigeunerklamotten rumgelaufen. Aber Spaß macht es schon, wenn man es nicht zu ernst nimmt. Wir könnten es ja mal abchecken.»
    «Okay», sagte Jane. «Ich schätze aber, davon

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