MM-City Wien: Das Reisehandbuch zur Donaumetropole - kompakt, übersichtlich, informativ (German Edition)
Teigtaschen, die Vegetarier auch mit Kraut gefüllt bekommen. Hinter Lungenbraten verbirgt sich ein Schweinelendenbraten, wohingegen es sich bei Beuschel tatsächlich um in einer Soße zubereitete Innereien und bei Blunzngröstl um gebratene Blutwurst handelt.
Geröstete Knödel mit Ei und Salat, meist grünblättrig wie Kopf- oder Vogerl- bzw. Feldsalat, sind eigentlich ein Resteessen. Sie werden fast in jedem Wiener Gasthaus angeboten, sind meistens sehr lecker und schonen obendrein die Reisekasse.
Kaiserschmarrn heißt der köstliche, mit Zucker und Zimt bestreute und in unregelmäßige Stücke zerrissene Pfannkuchen. Der bleibt ganz, wird mit Marmelade oder Nusscreme bestrichen und zusammengerollt, wenn man – meist mindestens zwei – Palatschinken bestellt, die ursprünglich aus Ungarn stammen.
Buchteln, süße Hefeteilchen, und Golatschen, Blätterteigtaschen, hingegen sind kulinarische Beiträge aus Böhmen. Sie werden gern mit Vanillesoße serviert bzw. mit Powidl (Tschechisch für Pflaumenmus), Marillenmarmelade (Aprikosenmarmelade) oder Topfen (Quark) gefüllt, während die ebenso kalorienträchtige Puddingvariante „Mohr im Hemd“ mit sämiger Flüssigschokolade übergossen wird. Sie alle firmieren auf der Speisekarte – ebenso wie die vom legendären Café Sacher erstmals kreierte Sachertorte und alle anderen gebackenen Süßigkeiten – unter Mehlspeisen, während Gebäck verschiedene Brötchenvarianten wie Semmel oder Weckerl meint.
----
Powidl, Paradeiser und Pompfinebrer
Nur „Wiener Würstchen“ gibt es hier nicht
Nachdem Kelten und Römer keine nennenswerten sprachlichen Spuren hinterlassen hatten, entwickelten sich auf der Basis der von den Bayern „importierten“ ostmittelbairischen Mundart etwa bis zum 13. Jh. die österreichischen Landessprachen. Am südöstlichen Rand des deutschen Sprachraums gelegen und von fremdsprachigen Gebieten „umzingelt“, im Laufe der Geschichte zur Handels-, dann Haupt- und kaiserlichen Residenzstadt eines Vielvölkerreiches avanciert, durch Eingemeindung agrarisch geprägter Landstriche und Zuzug nichtdeutscher Bevölkerungsminderheiten vergrößert, war Wien ganz besonders vielen unterschiedlichen (sprach)kulturellen Einflüssen ausgesetzt. Sein ganz spezifischer, von Experten in die drei Entwicklungsphasen Alt- (bis 1918), Neu- (bis 1945) und Jungwienerisch (ab 1945) eingeteilter Großstadtdialekt ist deshalb mit zahlreichen Vokabeln slawischen und romanischen Ursprungs angereichert, von mehreren Soziolekten (dem Schönbrunner- oder Komtesserl-Deutsch ebenso wie den bäuerlichen Idiomen der Weinhauer) durchsetzt und besonderen Laut- und Wortbildungsmustern geprägt. Pflaumenmus heißt wie im Tschechischen Powidl und Pfannkuchen nach dem ungarischen palaczinca Palatschinke(n) , Blumenkohl, grüne Bohnen und Auberginen werden italienisch inspiriert Karfiol, Fisolen und Melanzani genannt, wohingegen Tomaten unter Paradeiser firmieren. Den Angestellten eines Bestattungsunternehmens bezeichnet man in Anlehnung ans Französische als Pompfinebrer, den Soldaten im Grundwehrdienst als Präsenzdiener . Freunde werden Haberer , Polizisten Kieberer, Penner und Obdachlose Sandler genannt, wobei der erste Begriff hebräischen und der zweite mittelhochdeutschen Ursprungs ist. Etwas Abstoßendes oder Hässliches ist schiach , was begeistert und gut tut leiwand. Der berühmte Schmäh, worunter man so viel wie Witz oder Trick versteht, leitet sich vom jiddischen schemá (Erzählung) ab, und zum Abschied sagen echte Wiener(innen) nicht leise Servus, sondern zärtlich-schnodderig „babaa“.
----
Wer sich zur Zwischenmahlzeit an den Würstelstand begibt und eine „Haaße“ ordert, bekommt gebrühte Burenwurst (auch Burenhäutl genannt, wobei „Buren“ sich nicht auf das gleichnamige Volk bezieht, sondern mit „Bauern“ zu übersetzen ist), die im Wesentlichen aus Rind- und Schweinefleisch, Speck und Knoblauch besteht und in der Regel mit süßem Senf gegessen wird. Wer die nicht mag, kann ein mit Käsestücken angereichertes Bratwürstchen namens Käsekrainer oder eine pikante Debrecziner wählen, deren Rezepte zu k. u. k.-Zeiten aus der slowenischen Region Krain bzw. Ungarn übernommen wurden. Wiener Würstchen sind freilich weder am Würstelstand noch im Restaurant, Kaffee- oder Gasthaus zu bestellen, weil die schlanken Knacker in Wien Frankfurter genannt werden.
Der Grüne Veltliner ist ein leichter Weißwein, dessen Trauben auf den Weinbergen des
Weitere Kostenlose Bücher