MM-City Wien: Das Reisehandbuch zur Donaumetropole - kompakt, übersichtlich, informativ (German Edition)
man die Ausweitung des Gastraumes auf den Bürgersteig versteht. (Der Name erklärt sich damit, dass früher die Lehrlinge des Obers, in Wien „Schani“ genannt, für das Aufstellen von Tischen, Stühlen und Pflanzenkübeln zuständig waren.)
Während man sich im Kaffeehaus entspannt oder sich in aller Ruhe der Zeitungslektüre widmet, mit Freunden plaudert, mit Geschäftspartnern verhandelt oder nach dem Vorbild der legendären Kaffeehausliteraten an seinem nächsten Artikel, Roman oder Referat feilt, geht man zum schnellen Koffeinschub stilgerecht in eine italienische Espressobar, oft schlicht Espresso genannt. Für eher stillos halten viele Wiener dagegen die bei der jüngeren Generation durchaus angesagten Filialen der amerikanischen Starbucks -Kette, in denen man den Kaffee auf Wunsch auch im Plastikbecher bekommt.
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Die Legende von der Entstehung der Kaffeehäuser
Ob zwischen der urkundlich belegten Eröffnung des ersten Wiener Kaffeehauses am 17. Januar 1685 und der zweiten Türkenbelagerung (1683) der gern kolportierte ursächliche Zusammenhang besteht, ist zumindest fraglich. Ungeachtet dessen, dass der Inhaber dieses ersten Kaffeeausschanks nachweislichJohannes Diodato hieß, wird nämlich ein gewisserGeorg Franz Kolschitzky als Begründer der Wiener Kaffeehaustradition und vermeintlicher Inhaber des besagten Lokals gefeiert. Der schönen Legende nach soll Kolschitzky – ein polnischstämmiger Kaufmann mit Türkischkenntnissen – für den Kaiser als Spion gearbeitet haben und zum Lohn dafür neben Geld von den Türken hinterlassene Säcke mit damals unbekannten grünen Bohnen erhalten haben. Weil der Weltmann wusste, wie diese zu verarbeiten waren, habe der Kaiser ihm zudem das Privileg des Kaffeesiedens erteilt, worauf er wenig später das erste Wiener Kaffeehaus eröffnet habe. Unabhängig davon, ob die Wiener das Kaffeekochen von Kolschitzky und mit Kaffeebohnen aus der Kriegsbeute oder – wie andere meinen – von den Italienern gelernt haben, nahm die Zahl der Kaffeehäuser seither kontinuierlich zu. 1804 offerierten bereits 89, 1819 schon 150 und bis zur Jahrhundertwende sogar 600 Lokale das aromatische Getränk, das heute gut 1.100 Wiener Lokale mit seinem Duft erfüllt.
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Von den Hochburgen des Kaffeeausschanks zu denen des Weines, die Heuriger oder Buschenschank heißen und sich bis auf wenige innerstädtische Ausnahmen in den westlichen Außenbezirken an den Hängen des Wienerwaldes in Grinzing, Sievering, Nussdorf und Stammersdorf befinden. Dort breitet sich auf 680 ha das weltweit größte Weinanbaugebiet auf hauptstädtischem Boden aus. Auf dem werden in erster Linie Trauben für Weißweine kultiviert und neben dem österreichischen „Nationalwein“Grüner Veltliner auch Müller-Thurgau, Weißburgunder, Welschriesling, Neuburger, Traminer und jüngst auch Chardonnay gekeltert.
Nach dem jungen Wein, der etwa ein Jahr lang (genauer: bis zum 11. November des folgenden Jahres) unter Heuriger firmiert, sind auch die Lokale benannt, die in der Regel mit einem lauschigen Innenhofgarten aufwarten, ein deftiges Buffet und live dargeboteneSchrammelmusik und Wiener Lieder offerieren. Ein echter Heuriger oder Buschenschank darf nur Wein aus eigener Produktion, keine anderen Getränke und ausschließlich kalte Speisen servieren. Gewissermaßen das Logo eines Heurigen ist ein am Eingang angebrachter Föhren- oder Tannenbusch, der gleichzeitig signalisiert, dass geöffnet ist. Infolge der geschickt vermarkteten rustikal-romantischen Weinseligkeit ziert der „Buschen“ allerdings inzwischen auch Betriebe mit Restaurantkonzession, die nicht an diese strengen Auflagen gebunden sind. Da vor allem einige der Grinzinger Weinlokale zu Abfüllstationen für busweise angekarrte Touristenmassen verkommen sind, empfiehlt es sich, vor der Einkehr die an der Tür vermerkten Qualitätssiegel genau zu studieren oder in einen der weniger frequentierten Weinorte auszuweichen, z. B. nach Nussdorf.
Zentren desNachtlebens
Auf der Gürtellinie sind viele Hotspots des Wiener Nachtlebens aufgereiht
Während Kaffeehäuser, Restaurants und Heurige durchschnittlich um 24 Uhr die Türen schließen, wird in Musikkneipen, Pubs, Bierkellern, Lounges, Cocktailbars und Diskotheken bis in die frühen Morgenstunden getrunken und getanzt. Im Sommer wird auf der Donauinsel und in den Strandbars am Donaukanal, während der winterlichen Ballsaison in Hofburg, Rathaus und Nobelhotels, einfachen Gaststätten und
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