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Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden

Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden

Titel: Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Bennett
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Ideen durch.
    »Isch bin INSPIRIERT. Ihr braucht NEU. Ihr braucht PARTY. Ihr braucht HOUSE. Ihr braucht ATMO. Hört eusch DAS an.«
    Hastig spielt er ein Dutzend Songs an, alle mit schwerem Bassrhythmus, alle auf höchster Lautstärke. Alle fast bis zur Unkenntlichkeit abgemischt und überlagert von seltsamen Soundeffekten wie Flugzeugdüsen beim Abheben und Regen auf einem Blechdach.
    Krähe wirft mir einen Blick zu.
    Ich sehe ihr an, dass es ihr nicht gefällt. Hilflos zucke ich die Schultern. Donatella Versace hat ihn auf Kurzwahl.
    Ihr Blick wird schärfer.
    »Also, äh, seit wir an der Kollektion arbeiten, hören wir eher ältere Sachen«, stottere ich. »So was wie David Bowie. Und Ella Fitzgerald. Und … äh … Chopin.«
    DJ Rémi sieht von seinem iPod auf und starrt mich lange, abschätzig an. Ich sehe an mir runter und wünschte, ich hätte mich ein einziges Mal wie eine Erwachsene angezogen. Schön, es sind meine Lieblingsleggings, und meine Converse finde ich immer noch lustig. Aber ich bin so geblümt und mädchenhaft, und ausgerechnet heute früh habe ich ein gesmoktes Kleid aus dem Schrank gezogen, in dem ich ungefähr wie vier aussehe. Das einzig Erwachsene an mir ist die Melone, und unter den Umständen bin ich mir nicht sicher, ob sie die Wirkung erzielt, die ich anvisiert hatte. Ich werde mich ein bisschen mehr anstrengen müssen, wenn ich weiterhin für Krähe arbeiten will.
    »Chopin?«
    »Ja. Mehr in Richtung Ballett. Die Idee ist von meinem Bruder.«
    »Dein Bruder ist DJ?«
    »Ja. Manchmal.« Ich beiße mir auf die Lippe.
    »Manschmal?«
    »Na ja, eigentlich ist er Fotograf. Aber er hat uns viele Ideen für die Kollektion gegeben. Die Musik hat wirklich geholfen.«
    »Hat er vorher schon mal bei einer Modenschau Musik gemacht? Weiß er, was bei Dior gelaufen ist? Bei Donna Karan?«
    »Äh … nein.«
    Krähe hat uns den Rücken zugewandt. Sie arbeitet weiter an einem Modell. Mit dem Rücken gibt sie mir Anweisungen. Ich weiß, was sie will, auch wenn es mir echt unangenehm ist.
    »Also. Ihr mögt keine House-Musik?«
    »Das ist es nicht direkt. Es ist nur, irgendwie wollten wir mehr was Romantisches.« Mir wird bewusst, dass ich dabei bin, Krähes Rücken zu übersetzen. Sie entspannt sich leicht, und ich weiß, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Dann verstehe ich, was sie wirklich will.
    »Also, vielen, vielen Dank, dass Sie gekommen sind, aber ich glaube, dass wir wahrscheinlich, also, bei meinem Bruder bleiben. Sie dürfen das nicht falsch verstehen. Aber er war irgendwie … von Anfang dabei. Er ist irgendwie … richtig drin.«
    DJ Rémi baut sich zu seiner vollen Ledermantel-Größe auf.
    »Isch bin DJ Rémi«, erklärt er.
    »Oh, ja, ganz bestimmt.«
    »Isch bin ein sehr, sehr beschäftigter Mensch. Isch bin nur hier, weil Amanda misch um einen Gefallen gebeten hat. Isch könnte in einer Bar sitzen und Cocktails trinken. Aber isch bin hier. Wenn isch gehe, GEHE ISCH. Endgültisch.«
    »Natürlich. Es tut mir wirklich, wirklich leid.«
    Mir fällt auf, dass ich ein Bein ums andere geknotet habe undunbewusst den Look von Kelsi Nielson aus High School Musical kopiere, und ich komme mir mehr als lächerlich vor. Dann bemerke ich, wie Krähes Schultern kaum merklich zucken, und mir wird klar, dass sie lautlos kichert. Ich könnte sie umbringen.
    »Schon gut«, sagte DJ Rémi von oben herab, indem er mit einer affektierten Geste den iPod von den Lautsprechern reißt. »Es heißt, arbeite nie mit Kindern, weißt du? Isch würde sagen, der Kelsch ist an mir vorübergegangen.«
    Als ich Amanda davon berichte, ist sie erst mal sprachlos. In der Leitung entsteht eine lange Pause. Und dann fängt sie an zu lachen, so laut, dass sie kaum sprechen kann, und sagt, sie wünschte, sie wäre dabei gewesen. Und dass es echter Einsatz von Harry wäre und sehr lieb von ihm, dass er sich dazu bereit erklärt. Wobei mir einfällt, dass wir ihn noch gar nicht gefragt haben. Doch das behalte ich für mich.
    Wie gewöhnlich verliert Krähe kaum ein Wort darüber. Sie lächelt mir nur zu und arbeitet weiter an der Perfektionierung ihrer Kleider. Aber als ich das nächste Mal ins Atelier komme, hängt dort ein Teil, das ich noch nie gesehen habe. Ein Minikleid aus Spitzen- und Seidenresten, mit gestrickten Spinnwebärmeln. Es ist ein Kunstwerk. In meiner Größe. Ich weiß nicht, ob ich es anziehen oder rahmen soll. Krähe grinst, während ich es anprobiere. Wenn das ihre Art ist, Danke zu sagen, bin ich

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