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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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einem Werkhof mit Besen und Karre zu schaffen machte, konnte auch dem scharfsinnigsten Späher der Bande nicht verdächtig sein. Mit der Gemächlichkeit eines Mannes, der nach Stundenlohn bezahlt wird, fegte dieser Arbeiter den Schmutz zu Häufchen zusammen und schien vollständig in seine Tätigkeit vertieft zu sein, bis ein anderer Mann mit einem straffgefüllten Rucksack auf dem Buckel an ihm vorbeikam.
    Der Arbeiter ließ den Besen ruhen und blickte ihm forschend nach, während er allerlei in seinen Bart murmelte. »Nanu, Herr Henke, schon so früh im Werk? Ihre Schicht fängt doch erst um zehn Uhr an. Sehr merkwürdig, Herr Henke! Müssen doch mal sehen, was das zu bedeuten hat!«
    Der Mann lehnte seinen Besen an die Karre und schlurfte in einiger Entfernung hinter dem andern her. Jener hatte jetzt den Hof überquert und ging durch einen schmalen Gang weiter.
    »Hm, hm, Herr Henke, man geht nach Nordosten? Was hat man denn da zu suchen? Merkwürdig, Herr Henke, sehr merkwürdig!«
    An der Nordostecke des Werkes lag innerhalb der Fabrikmauern ein ausgedehntes unbebautes Gelände. Nur ein großer Gasbehälter reckte hier seine wuchtigen Formen gegen den dunklen Nachthimmel. Dieser Teil der Werkanlage verdankte seine Entstehung einem besonderen Umstände. In dem chemischen Betriebe der Gorla-Werke fielen bedeutende Mengen von Wasserstoff ab. Man hätte ihn ohne weiteres in die Atmosphäre entweichen lassen können, aber Wasserstoff ist ja bekanntlich ein ideales Füllgas für Luftschiffe und Ballone, und die Besitzer von Freiballonen waren gern bereit, einen angemessenen Preis dafür zu zahlen. Deshalb hatte man hier den Gasbehälter hingebaut. In ihm wurden die abfallenden Wasserstoffmengen gespeichert und nach Möglichkeit durch Verkauf an Freiballonfahrer verwertet.
    Auch jetzt schien wieder eine solche Füllung und Fahrt in Aussicht zu stehen. Auf einer großen Leinwandplane war neben dem Gaskessel auf der Wiese bereits eine Ballonhülle ausgebreitet. Gondelkorb, Tauwerk und sonstiges Zubehör lagen daneben. Es hatte den Anschein, als ob die Füllung in der Frühe des nächsten Morgens vonstatten gehen sollte. Der Mann mit dem Rucksack trat an diese Stelle heran. Prüfend schaute er sich nach allen Seiten um. Dann entledigte er sich des Rucksackes und legte ihn hinter einen Stapel von Eisenschrott, der in der Nähe lagerte. Nun ging er zu der Plane und machte sich dort zu schaffen.
    Vorsichtig, immer im Schatten bleibend, jede Deckung benutzend, war inzwischen auch der Hofarbeiter näher herangekommen. Ein Haufen alter Eisenbleche bot ihm ein geeignetes Versteck. Geräuschlos schlüpfte er in den Schlagschatten und wurde unsichtbar. Aufmerksam folgten seine Blicke jeder Bewegung des andern, während seine Lippen sich fast lautlos bewegten. »Oh, oh, Herr Henke! Man holt das Ventil – man schraubt das Ventil an der Ballonhülle fest. Was müssen meine Augen sehen, Herr Henke? Man holt das Netz und breitet es über die Hülle aus. Wie geschickt man das macht! Ganz allein, wo doch sonst drei bis vier Leute dazu nötig sind. – Wahrhaftig, er schafft es ganz allein, alle Achtung! – Jetzt, wo steckt er denn? Aha, er ist unter die Hülle gekrochen! – Da kommt er ja schon wieder vor. Alle Wetter, den Füllschlauch zieht er hinter sich her! – Jetzt macht er den an der Gasleitung fest. —
    Herr Henke, mir ahnt etwas, mir schwant etwas, Herr Henke! Sollte man die Absicht haben, auf eigene Faust eine kleine Freiballonfahrt zu unternehmen? Wahrhaftig, jetzt bringt er doch die Sandsäcke heran! Hängt schon welche in die äußersten Netzmaschen. Alle Wetter, die Sache wird ernst! Er wird doch nicht?«
    Während der Beobachter so vor sich hin philosophierte, hatte Henke ununterbrochen gearbeitet und zuletzt noch unermüdlich Sandsack auf Sandsack herangeschleppt. Jetzt richtete er sich auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Verdammte Schweinerei! Warm wird man dabei. Niederträchtige Beleuchtung hier! Das heißt, wenn’s hell wäre, wär’s auch verkehrt. So, vorläufig langt das.« Er zog die Uhr. »Ein Glück, daß die Zeiger leuchten. Man könnte sonst nicht einmal die Zeit erkennen. Alle Wetter, in zehn Minuten zehn! Höchste Zeit, daß ich zu meiner Schicht komme.« Er verschwand in der Richtung auf die Werkbauten hin in der Dunkelheit.
    Der Arbeiter kroch aus seinem Versteck heraus und ging zu dem Schrotthaufen. »Erst einmal sehen, was der hier in dem Sack hat!« Er band den Rucksack auf und

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