Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel
Garvin nur einen verwunderten Blick. «Wenn Sie ein Gauner wären, dann würden Sie da nicht in Pyjama und Dressinggown herumspazieren, Kumpel», sagte er schlicht. «Außerdem geht’s mich nichts an. Aber mich zu fragen, steht jedem frei.» Er wandte sich wieder der Pfanne zu und wendete die Koteletts mit dem Messer.
Collier war erleichtert. Zwar war ihm nicht klar, wie Modesty zu solch einem Freund gekommen war, aber in Anbetracht der Eigenartigkeit einiger anderer Freunde von ihr nahm er es hin.
«Ich heiße Collier», sagte er. «Stephen Collier.»
«Freut mich. Wissen Sie, wann Modesty zurückkommt?»
«Um Mitternacht herum.» Collier trat in die Küche, langte sich eine Flasche Rotwein vom Regal und machte sich daran, sie zu öffnen «Sie ißt mit jemandem zu Abend, der sie heute angerufen hat. Ein gewisser René Vaubois.»
Willie nickte. «Er wollte sie treffen.»
«Kennen Sie ihn?»
«Hatte früher ein paarmal mit ihm zu tun, geschäftlich, für die Prinzessin eben. Netter Kerl. Beamter, Mitte Fünfzig.»
«Danke.» Collier grinste. Willie Garvin wurde ihm zusehends sympathischer. «Das hat sie mir auch gesagt, obwohl ich kein Recht habe eifersüchtig zu sein.» Willie Garvin nickte zustimmend, ohne die Augen von der Pfanne zu wenden. Dann verzog er ärgerlich das Gesicht. Dicke Rauchschwaden stiegen auf, und er stieß die Pfanne vom Feuer. «Schauen Sie sich’s an», sagte er bitter. «Dreckzeug, verdammtes! Die ganze Zeit laß ich es nicht aus den Augen, und was geschieht? Angebrannt ist mir der Dreck.»
«Zu dumm», sagte Collier bedauernd. «Ich hätt Ihnen ja gern geholfen, aber ich fürchte, ich verstehe noch weniger davon. Bei mir würde jetzt schon die ganze Pfanne brennen.»
«Wissen Sie was?» Willie Garvin war geschmeichelt.
«Da hab ich einen Tip für Sie. Wenn Sie’s nicht mehr ausblasen können, halten Sie’s auf keinen Fall unter die Wasserleitung, sondern tun Sie einen großen Deckel über das Ganze, das ist die beste Methode.»
«Das ist für mich schon
cordon bleu
-Niveau», sagte Collier ehrfürchtig. Er füllte zwei Gläser mit Wein und kam damit zum Herd.
Willie Garvin stocherte die Koteletts auf einen Teller, stellte ihn auf dem Grillrost ab, schlug die Eier in die Pfanne und griff nach einem der Gläser.
«Danke schön, Mr. Collier.»
«Sagen Sie Steve zu mir. Prost.» Dann sahen sie zu, wie das Eiweiß braun und dann an den Rändern schwarz wurde, während die Dotter roh blieben.
«Vielleicht haben Sie zuwenig Fett genommen», meinte Collier nach einer Weile. «Man sagt zwar: Kiebitz halt’s Maul, aber manchmal sieht ein Außenstehender die Dinge doch mit mehr Abstand.»
«Ach, lassen Sie nur», sagte Willie mürrisch. «Jetzt ist es zu spät. Noch mehr Fett, und es ist überhaupt nicht mehr zu fressen. Ich hab schon alles ausprobiert.» Er starrte düster vor sich hin. «Außerdem laß ich mir von zwei Hühnerembryos nichts vorschreiben. Die haben so zu braten, wie ich es will. Ich schneid nachher die Ränder weg.»
«So ist’s recht», sagte Collier begeistert. «Sie sind ein Mann von Prinzipien, Willie, und sind bereit, dafür zu leiden. Lassen Sie mich Ihr Glas nachfüllen. Ein billiger, aber süffiger roter Burgunder ist besser als in die hohle Hand gespuckt.»
Bald darauf saß Willie Garvin über einem Teller voll verkohltem Fleisch und zerkrümelten Eiern, die er aus der Pfanne gekratzt hatte.
«Würde es Ihren Geschmack ungebührlich beeinträchtigen, wenn ich rauche?» fragte Collier mit Würde und nahm an der anderen Tischseite Platz.
«Für einen so verwöhnten Gaumen wie meinen ist das zwar eine Zumutung, aber Schwamm drüber.
Nehmen Sie die da.» Willie schnippte ein Zigarettenetui und ein Feuerzeug zu Collier hinüber. Beides war aus massivem Gold. Collier hatte schon bemerkt, daß Willies Hemd, seine Hose sowie die Jacke, die er jetzt ausgezogen hatte, maßgeschneidert waren. Auch die Schuhe waren handgenäht. Am Handgelenk trug er eine Rolex Oyster Automatic aus rostfreiem Stahl.
Collier nahm sich eine Zigarette, zündete sie an und schob dann Etui und Feuerzeug wieder hinüber.
«Keine Angst, ich komm Ihnen schon nicht in die Quere», sagte Willie. «Sobald ich mit dem da fertig bin, sind Sie mich los. Sagen Sie Modesty einfach, daß ich da war –» Er unterbrach sich, schnüffelte und schüttelte resignierend den Kopf. «Nein, nicht nötig. Wenn sie die Nase in die Küche steckt, weiß sie alles. Sagen Sie ihr nur, daß ich in der Stadt
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