Modesty Blaise 05: Die Goldfalle
gleichgültig. Moskau hat ihm ein hübsches Sümmchen dafür geboten, und wenn die die Sache aufdecken, gibt es gewaltigen Stunk. Der ganze Protest-Mob hier würde rebellisch werden und behaupten, unser Geheimdienst mische sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates ein. Dann hätten wir das Gesindel am Hals. Also muß ein Sündenbock her, und den kann nur Tarrant abgeben.»
Modestys Augenbrauen zogen sich zusammen. «Sie sagten, ein hübsches Sümmchen wurde ihm geboten.
Wenn das heißt, daß Brunel noch nicht verkauft hat, könnten Sie dann Moskau nicht überbieten?»
«Brunel will unser Geld nicht, er will schachern. Er verlangt eine Liste unserer einheimischen Agenten in Prag. Moskau würde ihm jeden Preis dafür zahlen.»
Willie meinte ungläubig: «Soll das heißen, Brunel erwartet von Tarrant, daß er einige seiner tschechischen Leute preisgibt?»
Fraser zuckte mit den Achseln. «Sie sind mit den derzeitigen Praktiken nicht ganz auf dem laufenden, Willie. Unser Metier bekommt von Tag zu Tag mehr Ähnlichkeit mit Börsengeschäften. Man macht Swapgeschäfte mit Spionen, man spekuliert. Man kauft und verkauft, wenn man kann. Oder man stiehlt. Und wenn man das, was man haben will, nicht stehlen kann, dann stiehlt man vielleicht etwas, das einem den Hebel in die Hand gibt, um doch noch das zu bekommen, was man eigentlich will.»
«Tarrant wird das mit den Tschechen nicht machen», sagte Modesty kategorisch. Fraser grinste diabolisch. «Ich könnte mir vorstellen, unsere Oberen würden es gar nicht ungern sehen, wenn er es doch täte. Ein Geheimdienstskandal paßt ihnen gerade jetzt nicht in den Kram, und auf eine Handvoll Tschechen kann man verzichten. Aber sie können Tarrant nicht zwingen. Er gibt bestimmte Leute auf, wenn er muß, aber er läßt sie nicht zum Teufel gehen.»
Willie Garvin rieb sich das Kinn. «Ich glaube nicht, daß es viel helfen würde, wenn wir Brunel aus dem Weg räumten», sagte er zögernd.
«Das war auch nur ein blöder Witz», sagte Fraser mit einer ungeduldigen Handbewegung. «Ich würde ihn noch heute beiseite schaffen, wenn das was nützen würde, aber das wäre nicht der Fall. Was wir brauchen, sind die Papiere.»
«Wissen Sie bestimmt, daß sie echt sind?»
«So echt wie der Kohinoor. Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen.»
Willie staunte. «Sagen Sie das noch mal.»
«Ich habe sie vor drei Tagen gesehen, in einem Haus an der Ecke des Welbury Square. Brunel hat es für einen Monat gemietet. Man hat mir den Kram gezeigt, damit ich mich überzeugen konnte, daß er authentisch ist; er ist es. Keine Fotokopien. Die wären nicht glaubwürdig genug. Das sind Originalpapiere. Mir wäre fast schlecht geworden.»
«Warum setzen Sie Brunel nicht hinter Gitter?»
schlug Willie vor. «Sie lassen ihn einfach wegen Hehlerei oder Rauschgifthandel verhaften, und dann gehen Sie hin und holen sich die Papiere.»
Fraser schnaubte verächtlich. «Das würde ich liebend gerne tun. Aber es würde nicht klappen. Wir würden zu viele Leute brauchen, um jedes Risiko auszuschalten. Nein, jetzt nimmt alles seinen Lauf. Wenn Tarrant aus den Staaten zurück ist, trifft er sich mit Brunel und lehnt das vorgeschlagene Geschäft ab. Dann gehen die Singapur-Papiere nach Moskau, wir kriegen unseren Skandal, und Tarrant nimmt seinen Hut.»
«Diese Papiere. Wo bewahrt Brunel sie auf? In einem Safe?»
«Ja, natürlich. In einem Safe am Welbury Square. Ich sah zu, wie er sie herausnahm.»
«Dann muß ihn jemand knacken. Petersen, wenn er im Lande ist. Verdammt noch mal, Sie haben doch auch schon früher mit Ganoven gearbeitet.»
«Ein solches Ding mit fünf Tagen Vorbereitung drehen? Brunel würde sich ins Fäustchen lachen. Ein Fehlschlag würde ihm nur die Möglichkeit geben, noch größeren Stunk zu machen. Und ich glaube kaum, daß es nicht fehlschlagen würde, Willie. Der Safe ist ein Burdach und Zeidler. Er wiegt eine halbe Tonne und ist stabiler als alles, was Sie bisher gesehen haben; er ist in eine Wand eingebaut. Das Haus gehörte dem alten De Gruyle, bevor er starb und eine Maklerfirma es aufkaufte. Manchmal hatte er Edelsteine im Wert von einer halben Million Pfund in diesem Safe.»
Willie leerte seine Tasse und lehnte sich mit sorgenvoller Miene zurück. Das war böse. Die Geschichte gefiel ihm gar nicht, und der Prinzessin wohl genausowenig. Er drehte den Kopf und schaute sie an. Sie saß da, das Kinn auf die Hand gestützt, die Augen nachdenklich und ein bißchen
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