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Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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verträumt. Über der Nasenwurzel standen zwei senkrechte kleine Falten, und die Unterlippe hatte sie ein wenig vorgeschoben.
    Sein Puls ging plötzlich schneller. Er kannte diesen Blick.
    Sie sagte zu Fraser gewandt: «Und Brunel glaubte, daß wir heute abend darüber sprachen?»
    «Darauf gehe ich jede Wette ein.» Er lachte kurz auf.
    «Vielleicht bleiben sie jetzt wenigstens die nächsten Nächte wach und warten darauf, daß Sie was unternehmen. Das ist ein kleiner Trost.»
    «So ein verdammter Mist», sagte sie. «Und wir haben nur so wenig Zeit.»
    Willie lächelte und hob die Hand, um die Rechnung zu verlangen.
    Fraser beugte sich vor und sagte leise: «Machen Sie keinen Unsinn, Modesty. Sie haben keine Chance. Das Haus ist mit mehr Alarmanlagen gesichert, als Sie sich je würden träumen lassen. Für den Safe würde man mindestens zwölf Stunden brauchen – und die Kerle warten nur darauf, Sie fertigzumachen.»
    Sie nickte und steckte Zigarettenetui und Feuerzeug ein, während Willie die Rechnung abzeichnete. Als Raoul ihnen gute Nacht gewünscht und sich entfernt hatte, sagte sie: «Vielleicht ist es wirklich unmöglich, Jack, aber wir sollten ihn uns wenigstens mal ansehen und Maß nehmen.» Sie lächelte und schloß ihre Handtasche. «Auf alle Fälle, wenn Willie und ich das Ding schaukeln, dann sind wir alle Sorgen wegen des Geburtstagsgeschenks los.»

3
    Als der Summer ertönte, löste sich Brunel träge von dem festen, warmen Körper des weißhaarigen Mädchens, das unter ihm lag. Ohne Hast zog er den mit seinem Monogramm bestickten Pyjama und einen Hausmantel an. Er fühlte sich wohl, entspannt. Lisa hatte jene heftige, selbstvergessene Leidenschaft gezeigt, die er von ihr verlangte. Daß alles nur geheuchelt war, störte ihn nicht im geringsten. Sie lag da und schaute ihm zu, und als er zu ihr hinabsah, lächelte sie mechanisch.
    Lisa war eine Erwerbung, die sich gelohnt hatte. Er brauchte nicht zu bereuen, daß er sich so viel Mühe mit ihr gemacht hatte. Sie war auf so viele Arten nützlich. Daß sie ein Albino war, tat ihrer Schönheit keinen Abbruch – obwohl sie selbst anderer Meinung war, dachte er belustigt.
    Während er den Gürtel seines Hausmantels umband, sagte er: «Es kann sein, daß du dich an einen Mann namens Garvin heranmachen mußt. Er wird sich wahrscheinlich denken, daß ich dich schicke, aber das macht nichts. Er besitzt einen gewissen rustikalen Charme und weiß das auch; vielleicht kommt er auf den Gedanken, er könnte dich für seine Zwecke ausnutzen, falls du ihn dazu ermunterst. Das wäre ausgezeichnet. Einzelheiten erfährst du später.»
    Er verließ das Schlafzimmer, ohne ihr gute Nacht zu sagen. Lisa erhob sich, ging ins Badezimmer und drehte die Brause auf. Ihr war ein bißchen übel, wie meistens, wenn Brunel bei ihr gewesen war, und das beunruhigte sie. Es war unrecht. Sie stand still und lauschte, wartete, ob die Stimmen in ihrem Kopf anfangen würden zu flüstern, sie zu ermahnen. Als die Stimmen ausblieben, entspannte sie sich dankbar, fühlte aber sogleich Reue über ihre Erleichterung.
    Wenn sie es gewagt hätte, dann hätte sie die Stimmen gehaßt, aber sie zu hassen wäre das schlimmste Verbrechen gewesen. Es war schon ungehörig, daß sie sich vor ihnen fürchtete, und sie hatte dagegen anzukämpfen versucht, aber sie war schwach, zu schwach, um ihre eigenen törichten Gefühle gänzlich zu überwinden. Sie wußte nicht mehr genau, wann die Stimmen zum erstenmal in ihrem Kopf zu sprechen begonnen hatten, nur daß es schon mehrere Jahre her war.
    Alles, was vor den Stimmen gewesen war, war jetzt fern und bruchstückhaft. Manchmal blieben sie tageund wochenlang aus, aber selbst dann beherrschten sie ihr Leben, weil sie wußte, daß sie wiederkommen würden; meist weckten sie sie in der Nacht, doch manchmal kamen sie auch ganz plötzlich, zu jeder beliebigen Stunde des Tages. Sie hatte nie mit jemandem über die Stimmen gesprochen, nicht einmal mit Brunel, denn man hatte es ihr verboten. Das war merkwürdig, denn die Stimmen hatten Brunel gern, oder zumindest waren sie immer erfreut, wenn sie ihm gehorchte. Sie wußte nicht, wer oder was die Stimmen waren, und hatte schon lange aufgehört, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie waren einfach da, und sie entsprangen nicht ihren eigenen innersten Gedanken, sondern waren etwas, das von außen kam. Soviel wußte sie, teils weil sie in ihrer Schwäche und Bosheit sich ihnen so oft widersetzte, ihnen nicht

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