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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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jedenfalls war ich zu erschrocken, um ihn zu untersuchen! Sie bleiben unter Ihrer Decke, Waldo.»
    Als sie aus dem Parkstreifen herausfuhr, lehnte Waldo sich in seinem Sitz zurück. «Wo sind wohl seine beiden Kollegen?» fragte er nachdenklich.
    Modesty schaltete, und der Wagen gewann Tempo.
    «Ich glaube, wir können es beide erraten», sagte sie.
    Sie kamen zu Fuß, zwei Stunden nach Sonnenaufgang.
    Als sich die Tür öffnete und sie hereinkamen, saß Hemmer vor dem Kamin und starrte ins Feuer; seit Modesty Blaise weggefahren war, hatte er sich nicht gerührt.
    Er erkannte die Männer, obwohl er sie am vergangenen Abend nicht bewußt gesehen hatte. Der eine trug einen Stoppelbart. Der andere, etwas größere hatte ein schwammiges Gesicht und eine spitze Nase. Hemmer stand auf und verspürte eine plötzliche Unruhe, als die Tür sich hinter ihnen schloß.
    Der Mann mit der spitzen Nase trat vor und sagte:
    «Sie haben gestern abend gelogen. Er war hier. Man sieht eine Spur im Schnee und Bluttropfen. In der Dunkelheit war das nicht zu erkennen, aber jetzt ist es eindeutig.»
    Mit plötzlicher Wut schlug er Hemmer ins Gesicht.
    Es war ein Schlag mit der Rückseite der Hand, und die Wucht schien Hemmer beinahe zu betäuben. Er fiel zurück und über einen Stuhl. Der Mann mit dem Bart gab ihm einen Tritt und fragte: «Wo ist er?»
    «Fort …» Hemmer atmete schwer und versuchte der Übelkeit Herr zu werden, die ihn zu überwältigen drohte. Trotz seines rasselnden Atems hörte er, wie Fußtritte sich dem Schlafzimmer näherten, die Tür aufgerissen wurde und dann die Küchentür.
    «Nahm ihn die Frau mit, als sie fortfuhr?» sagte eine Stimme. Hemmers Blick wurde ein wenig klarer. Die beiden Männer beugten sich über ihn. Er schüttelte den Kopf. «Fort, wohin?» fragte der Mann mit der spitzen Nase.
    «Ich … weiß nicht.» Angesichts der sachlichen Unbarmherzigkeit dieser zwei Männer fühlte sich Hemmer völlig hilflos, doch es hatte ihn noch keine Angst erfaßt, nur eine dumpfe, ohnmächtige Wut. Langsam stand er auf. Ein Knie traf ihn unter dem Kinn, und er ging zu Boden.
    Undeutlich spürte er, daß er auf die Knie gezerrt wurde, daß grobe Hände etwas mit seinem rechten Arm taten und ihn in einen Spalt zwischen glatte Holzstäbe zwängten. Als sein Kopf etwas klarer wurde, stellte er fest, daß er neben der Lehne des schweren Stuhls vor dem Kamin kniete. Man hatte seinen Arm zwischen die senkrechten Holzstäbe gesteckt, und seine Hand lag auf dem breiten Sitz. Der Mann mit der spitzen Nase stand auf einer Seite des Stuhls und beugte sich vor, um den eingezwängten Arm zu packen. Der Mann mit dem Bart hatte den Holzhammer genommen, der auf dem Tisch neben der Statue lag.
    «Wohin fuhren sie?» fragte der spitznasige Mann mit kaltem Zorn.
    Hemmer schüttelte nochmals den Kopf. «Ich weiß es nicht.»
    Der Mann nickte seinem Begleiter zu. «Gut. Brich ihm die Hand.»
    In diesem Augenblick wurde Hemmer von Angst, einer rasenden, ungläubigen Angst erfaßt. Er versuchte aufzustehen, doch seine Beine hatten jede Kraft verloren. Der Mann mit dem Bart kam auf ihn zu und hob den Hammer hoch. Hemmer starrte durch die Holzstäbe zu ihm auf, doch der gellende Schrei, der aus ihm hervorbrechen wollte, blieb tonlos.
    Er spürte einen kalten Windstoß im Rücken und sah etwas glänzen, das von hinten kommend einen Meter über seinem Kopf vorbeisauste. Der bärtige Mann zuckte zusammen, als hätte ihn etwas gestochen. Der Hammer glitt aus seinen Händen. Bevor er zu Boden fiel, konnte Hemmer sehen, daß die kurze Klinge eines Wurfmessers mit einem geschnitzten beinernen Heft in den Stiel des Hammers eingedrungen war, und zwar genau oberhalb des Griffs, so daß der Rand der Klinge die Finger des bärtigen Mannes ritzte. Blut tropfte, während der Hammer auf den Boden krachte.
    Der spitznasige Mann sprang auf, und eine Hand fuhr in die Tasche seiner Pelzjacke.
    Eine Stimme sagte: «Garvin.» Es war eine tiefe, gelöste Stimme, und ihre Wirkung war verblüffend. Als würde mit einem einzigen Wort ein mächtiger Zauber beschworen, so erstarrten die beiden Männer auf groteske Weise mitten in der Bewegung, wie vom Schlag gerührt. In Hemmers verwirrtem Geist blitzte die Erinnerung an eine altnordische Sage auf, derzufolge ein beim Sonnenaufgang ertappter Troll auf der Stelle in einen Stein verwandelt wird. In der offenen Tür stand ein Mann, etwa Mitte Dreißig, mit dichtem blondem Haar und einem sonnenverbrannten, eher derben

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