Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
Vom Netzwerk:
Arm.
    Heute abend hatten sie ein vergnügliches Abenteuer vor sich. Nicht von der Sorte, wie Tarrant sie ihnen für gewöhnlich zuschanzte – einen mörderischen Kampf gegen professionelle Killer –, sondern eine lustige, anregende Übung für einfallsreiche Menschen.
    Modesty trug keine Waffe bei sich, und Willie hatte seine zwei Wurfmesser zu Hause gelassen. Sie waren beide gleich angezogen, schwarze Hosen, langärmelige Hemden, Kletterschuhe und Nylonhandschuhe. Das Auto, mit dem sie gekommen waren, hatten sie drei Kilometer weit entfernt im Wald geparkt. Das letzte Stück waren sie querfeldein zu Fuß gegangen.
    Willie nahm ihren Arm, zog sie ein wenig herab und wies durch einen Spalt im Gebüsch auf die linke Seite des Hauses. «Dort ist das Gärtnerhaus, Prinzessin.»
    Sie nickte und richtete sich auf. Willie hatte hervorragende Arbeit geleistet. Die Tatsache überraschte sie nicht, aber sie wußte sie immer von neuem zu schätzen. Willie Garvin neben sich zu wissen war etwas so Unschätzbares, daß man es nicht als gegeben hinnehmen durfte.
    Leybourns Haushalt war erforscht: ein Ehepaar – sie Köchin und Haushälterin, er Chauffeur und Gärtner – lebte im Gärtnerhaus, das etwa dreißig Meter von der Villa entfernt war. Sie verließ die Villa gewöhnlich gegen neun Uhr abends, außer Leybourn und seine Frau gaben eine Einladung, ein Ereignis, das monatlich einmal stattfand. Informelle Gastlichkeit kannten sie nicht.
    Das Ehepaar Leybourn war seit zwei Jahren verheiratet. Sie war Leybourns zweite Frau. Er hatte sie in Java, wo er Gummiplantagen besaß, kennengelernt und geheiratet. Über ihre Familie schien niemand etwas zu wissen. Charles Leybourn nannte sie Soo. Nach Bridgets Ansicht war sie jung genug, um seine Tochter zu sein. Man bekam sie kaum zu Gesicht, außer wenn der Hausherr Gäste hatte und sie vorführte. Weder kümmerte sie sich um den Haushalt noch gab sie Anordnungen. Das alles besorgte die Haushälterin, unterstützt von Bridget, deren stolze Aufgabe es war, die tägliche Aushilfe aus dem Dorf zu überwachen.
    Charles Leybourn kam von
Crockfords
häufig spät nach Hause. Auch heute würde er spät kommen, etwa um halb eins. Jetzt war es zehn Minuten vor Mitternacht. Willie hatte das Haus, dank Bridgets Führung, sehr genau kennengelernt. Er wußte, daß es durch eine Alarmanlage gesichert war und daß es einen kleinen, modernen Safe gab, der in die Wand des Studierzimmers – wie Bridget sich ausdrückte – eingelassen war.
    Willie wußte nicht mit Sicherheit, ob Leybourn eine größere Summe Bargeld im Safe hatte, doch hielt er es für sehr wahrscheinlich. Modesty war der gleichen Ansicht; ihre Nachforschungen hatten darauf hingewiesen. Leybourn war ganz genau der Typus, der gern eine größere Anzahl Banknoten griffbereit hatte.
    «Dieses Mädchen Soo, seine Frau», sagte Modesty, «scheint keine rechte Funktion zu haben, Willie. War Bridget imstande, dir zwischen den einzelnen Runden ein Bild von ihr zu geben?»
    Willie schüttelte den Kopf. «Nach Bridgets Worten sieht sie für eine Chinesin ganz gut aus. Man muß dumm wie ein Grabstein sein, um sich so auszudrücken. Ich konnte mir überhaupt kein Bild von Soo machen. Bridget rollte ein wenig die Augen und sagte Och und Ach, als gäbe es eine Menge zu erzählen.
    Vielleicht gibt es das, doch wenn sie etwas weiß, hätte sie es mir bestimmt gesagt.»
    «Eine rätselhafte Frau. Leybourn scheint sie gut zu verstecken.»
    «Bridget sagte, er sei wie ein Mensch mit einer großen Puppe, die in einer Schachtel aufgehoben und gelegentlich von ihm herausgenommen und aufgezogen wird. Inwieweit das stimmt, weiß ich nicht.» Willie schwieg einen Augenblick und fügte dann hinzu:
    «Mein kleines irisches Herzblatt hält Leybourn für einen richtigen Schweinehund, aber sie konnte keinen bestimmten Grund dafür angeben, also glaube ich nicht, daß er ihren Popo bearbeitet hat.»
    «Vielleicht spezialisiert er sich auf Fähnchenverkäuferinnen.»
    «Möglich. Ich nehme an, die Kopfjäger haben dafür einen bestimmten Ausdruck.»
    Fünf Minuten herrschte Stille. Es war keine gespannte oder nervöse Stille. Sie hatten beide unendlich viel Geduld und konnten mit gelockerter Wachsamkeit warten, unberührt von Zeit, Müdigkeit oder Unbequemlichkeiten.
    Sie würden bei einem der oberen Fenster einsteigen, weil die Sicherheitsschlösser an den unteren Fenstern nur mit einem Schlüssel zu öffnen waren. Die Eingangstür war zu kompliziert, um einen

Weitere Kostenlose Bücher