Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
denn einer unter den Sklaven, der die geringste Hoffnung hat, daß irgendjemand irgendwo draußen Verdacht geschöpft haben könnte und vielleicht … nachforscht?»
Danny schüttelte den Kopf. Die unendlich kleine Hoffnung, die er in den letzten drei Jahren genährt hatte, war fast zu gering, um ausgesprochen zu werden.
Kim Crosier seufzte. «Nun gut … Tu dein Bestes, daß alle ruhig und besonnen bleiben, Danny. Du kommst gut mit den Frauen aus. Ich möchte nicht, daß Miss Benita noch weiteren Ärger bekommt.»
«Wieso weiteren?»
«Sie erlitt eine Enttäuschung. Mit einem Paar, das sie aus einer Zeitschrift als ideale Sklaven für Limbo ausgewählt hatte. Auf diese Weise macht sie es heute. Der Mann war ein gewisser Dall, John Dall. Wer die Frau war, weiß ich nicht.»
Danny blickte auf. Er spürte einen Augenblick ein Kribbeln an der Wirbelsäule – ein Gefühl, das er längst vergessen hatte. «Dall Enterprises. Ich habe davon gelesen. Ich kannte damals jemanden, der mit ihm befreundet war.» Kim lächelte spöttisch und sagte: «Was du nicht sagst.» Das Lächeln wurde schwächer. «Jedenfalls kriegten sie John Dall nicht. Paxero schlug zu, traf aber nicht.»
«Woher weißt du das?»
«Jesus, ich bin der Arzt, Danny. Ich untersuche jede Woche die Mestizinnen, und die plappern wie die Affen. Nicht eine Sperlingsfeder fällt in Onkel Toms Hütte, ohne daß ich davon erfahre.»
«Das könnte von Nutzen sein, wenn es zur Krise kommt. Was war mit Dall und dem Mädchen?»
«Paxero ließ ein Drei-Mann-Team für diese Aufgabe ausfliegen. Martinez und die beiden Hillibillies.»
«Die wer? Ich kenne mich mit dem Schützenverein dort drüben nicht so aus, Kim.»
«Zwei Ex-Sträflinge aus Kentucky. Gemeine Schweine.» Er grinste plötzlich. «Aber nur Martinez kam zurück.»
«Was ist passiert?»
«Das würde Paxero auch gern wissen. Es war irgendwo abseits des Salmon River. Dall und sein Mädchen befanden sich auf irgend so einem Zurück-zur-Natur-Ausflug, du weißt schon. Da konnten die Hillibillies sie leicht einfangen. Aber irgendwo auf dem Weg vom Ort des Überfalls zum Hubschrauber geht Dall los und erschießt die beiden mit ihren eigenen Waffen. Donnerwetter! Was sagst du dazu?» Danny Chavasse blieb ganz ruhig sitzen. Er wußte, aus welchem Holz die Spezialen geschnitzt waren. Paxero wählte sie sorgfältig aus. Dall mag ein sehr harter Bursche sein, aber er war nicht gut genug, es mit Männern wie diesen Hillibillies aufzunehmen, vor allem, wenn sie ihn erst einmal gefaßt hatte. Das erforderte ganz andere Fähigkeiten. Dannys Gedanken wanderten acht Jahre zurück. Er war wieder achtundzwanzig und saß in dem großen, sonnendurchfluteten Zimmer, das sie als Büro benutzte, in der weißen Villa hoch über Tanger. Sie war damals vielleicht zwanzig gewesen, aber keiner im «
Netz
» verschwendete auch nur einen Gedanken an ihr Alter oder ihr Geschlecht, jedenfalls in dieser Zeit nicht mehr. Drei Jahre zuvor hatte sie die Louche-Bande übernommen und mit dem Aufbau einer neuen Organisation begonnen. Nun war sie die «Mam’selle», die Anführerin, ein höheres Wesen, dessen Alter und Geschlecht ohne Bedeutung waren.
Danny Chavasse hatte etwas Angst vor ihr gehabt.
Seine Aufgaben waren, genaugenommen, keine kämpferischen gewesen, und er hatte die «Mam’selle» nie in Aktion gesehen, aber er hatte von den Leuten an der Front genug Geschichten über sie gehört. Einige waren zweifellos übertrieben, aber er wußte, sie war gegen einige schreckenerregende, mächtige Leute angetreten.
García, ihr dienstältester Leutnant, hatte ihm einmal erzählt, wie sie die Salamut-Bande vernichtet hatte, und García pflegte nicht zu übertreiben.
An jenem Tag in ihrem Büro hatte sie in ihrer üblichen kühlen Weise gesagt: «Du hast gute Arbeit mit Willie Garvin geleistet. Ich dachte, du würdest sechs Monate brauchen, ihm alles beizubringen.»
«Er hat eine sehr schnelle Auffassung, Mam’selle. Ein Naturtalent. Sie werden ihn in jeder Situation und in jeder Begleitung natürlich und lässig sehen.» Danny erlaubte sich ein höfliches Lächeln. «Und ihn mit einem Oberkellner umgehen zu sehen, ist ein Erlebnis.»
«Gut.» Sie stand auf, ging zum Fenster und starrte hinaus. Danny hatte Anstalten gemacht, sich auch zu erheben, aber ohne sich umzudrehen sagte sie: «Bleib sitzen. Und sprich mit keinem darüber. García möchte sich zum Jahresende zurückziehen. Er hat es mehr als verdient. Ich werde bald einen
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