Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
dabei habe ich versagt.»
Damion lächelte. «Soso, das ist also dein erster Versuch, und du wurdest dazu getrieben, weil deine Frau und deine Kinder Hunger leiden, nicht wahr?»
«Nein, Monsieur.» Willie blickte ihn mit dumpfen, traurigen Augen an. «Ich habe eine junge Frau, sehr schön, aber sehr teuer. Ich habe Schulden.» Er zuckte die Achseln. «Ich wollte stehlen, um sie zu halten. Ich will mich nicht entschuldigen.»
Paxero kam näher. Seine Augen waren böse vor plötzlicher Wut. «Du wolltest stehlen? Du wolltest von mir stehlen? Dir nehmen, was mir gehört?» Ohne seine Augen von Willie zu lassen, sagte er zu Damion:
«Schieß, wenn er sich wehrt.»
Sein Fuß schnellte plötzlich hoch zu einem Tritt in den Magen. Willie federte ihn aus, wich an die Wand zurück und ließ sich zu Boden fallen, die Knie angezogen, die Arme über dem Kopf verschränkt, zuckend, zur Seite rollend, abblockend, während die Sandale mit der geflochtenen Sohle immer und immer wieder auf ihn eintrat. Er fing die Tritte mit Armen und Schultern ab, versuchte sie abzulenken, ihnen die Wirkung zu nehmen, setzte all seine mühselig erworbene Geschicklichkeit ein, ohne es merken zu lassen. Und versuchte niemals, sich zu wehren. Er war sicher, daß Damion beim ersten Anzeichen einer Reaktion sofort schießen würde.
Paxeros Wutanfall dauerte gut eine Minute, und am Ende lag Willie Garvin zusammengekrümmt in einer Ecke des Zimmers, röchelnd und stöhnend, und aus seinem Mundwinkel rann ein Streifen Blut.
Damion mischte sich ein. «Langsam, Pax. Wenn du ihm einen Lungenriß beibringst, wird die Polizei Fragen stellen wollen.» Paxero stieß grollend eine obszöne Beschimpfung gegen die Polizei aus und ließ von seinem Opfer ab.
«Ruf sie an und laß ihn abholen, Damion.»
Damion ging zum Telefon, horchte, schüttelte den Kopf. «Die Leitung ist tot. Er hat sie sicher durchgeschnitten.»
Paxero öffnete eine silberne Dose und zündete eine Zigarette an. «Geh die Straße hinauf zum Magdalena, du kannst von dort aus telefonieren. Sie haben einen Nachtportier.»
Das Hotel Magdalena befand sich hundert Meter weiter auf der anderen Straßenseite. Willie Garvin gab ein zitterndes Stöhnen von sich und fühlte sich ein bißchen wohler. Ein paar Sekunden später hörte er die Vordertür zuschlagen. Durch die halbgeschlossenen Augen sah er, wie Paxero sich in einen Sessel setzte. Er war sechs Schritte von ihm entfernt; die eine Hand ruhte auf der Armlehne und hielt die Pistole auf ihn gerichtet, in der andern hatte er die Zigarette.
Willie wollte mit unsicherer Hand das Blut von seinem Kinn wischen, aber Paxero fuhr ihn an: «Rühr dich nicht, Schwein!» Willie ließ die Hand sinken und wartete.
Paxeros Ärger schien verraucht, und er zog an der Zigarette und dachte nach. Was hatte das Schwein gesagt von einer jungen und hübschen Ehefrau? Aber nein, eine so gute Gelegenheit war es nun auch wieder nicht. Wenn sie diesen Tölpel von Ehegatten wirklich liebte und alles tun würde, um ihn zu retten, versprach das einen unterhaltsamen Spaß. Aber leider war dem nicht so. Das Schwein stahl, um sie zu erhalten. Wenn das, was er da erzählt hatte, stimmte …
Paxeros Gedanken brachen jäh ab, und er wäre nach vorn aus dem Sessel gepurzelt, wenn ihn nicht eine Hand am Haar gepackt und in den Sessel zurückgerissen hätte, wo er zusammengesunken sitzen blieb. Willie öffnete die Augen, als er den dumpfen Aufprall des Schlages hörte, und sah Modesty hinter dem Sessel stehen. In ihrer rechten Faust lag der Kongo, die kleine Hantel aus Sandelholz, die sie mit äußerster Genauigkeit einzusetzen wußte und damit die Nervenzentren traf, um zu betäuben oder zu lähmen. Sie war schwarz gekleidet wie er, ihr Haar hatte sie unter einer Baskenmütze zusammengerollt. Er sah noch den winzigen Hörer in ihrem Ohr stecken, von dem aus ein Draht unter der Baskenmütze entlang zu dem Miniempfänger lief.
Mit einem Sprung war er auf den Beinen, wischte sich das Blut vom Kinn und sagte: «Danke, Prinzessin. Ist Damion draußen?»
«Ja. Ich nahm ihn, als er zur Tür herauskam. Er hat mich nicht gesehen.»
«Ich gehe und hole ihn herein.»
«Bist du in Ordnung?»
«Sicher. Ich habe mich absichtlich in die Lippe gebissen, um etwas Blut sehen zu lassen. Er hatte eine ziemlich rauhe Gangart eingeschlagen, und ich meinte, es würde ihn zur Vernunft bringen.» Willie ging hinaus. Modesty hob die Ministablampe auf, deren eine Hälfte aus einem Kleinstsender
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