Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
bestand, und steckte sie in die Schenkeltasche ihrer Hose. Sie hatte gehört, welche rauhe Gangart, wie Willie es nannte, Paxero eingeschlagen hatte. Draußen in dem schwarzen Kanu, das am Bootsschuppen vertäut war, hatte sie alles mitangehört, von dem Augenblick an, da Damion gesagt hatte «Hände hoch!» …
Willie kam wieder herein. Er trug Damion über der Schulter und warf ihn auf die große Couch. «Ich denke, wir können jetzt ebensogut gleich alles erledigen, Prinzessin.»
«Ja.» Sie öffnete ein flaches Schächtelchen und entnahm ihm eine Injektionsspritze. «Es ist jammerschade, daß wir nicht schon alles für die Entführung vorbereitet haben. Aber ich bin nicht scharf darauf, die beiden ein paar Tage lang versteckt zu halten, bis wir die Vorbereitungen abgeschlossen haben.»
Willie preßte eine Hand auf seine schmerzenden Rippen und sah ihr zu, wie sie den beiden Männern die Injektion verabreichte. 200 Milligramm Phenobarbiton würden ihnen mehrere Stunden ungestörten Schlaf bescheren, und in dieser Zeit konnten sie eine gründliche und ungehinderte Durchsuchung des Hauses vornehmen. Man wußte nie, was man bei einer solchen Gelegenheit fand, und man konnte nie zuviel über seine Mitmenschen erfahren.
Modesty steckte die Spritze weg. «Hat er dir schlimm zugesetzt, Willie? Ich werde mich um dich kümmern, sobald wir zurück sind. Aber kannst du jetzt noch eine halbe Stunde oder so durchhalten?»
«Keine Aufregung. Ich bin schon mal mit Stiefeln bearbeitet worden, Prinzessin.»
«In Ordnung. Ich nehme die oberen Räume, du schaust dich hier unten um.» Sie dachte einen Augenblick nach. «Konzentrier dich auf die Alarmanlage, Willie. Wir müssen sie lahmlegen, wenn wir zur Entführung wiederkommen.» Sie blickte die beiden besinnungslosen Männer an. «Diese Nacht ändert überhaupt nichts. Sie wissen lediglich, daß du noch einen Helfer hattest. Aber sie werden nicht damit rechnen, daß wir noch einmal wiederkommen.»
Nach zehn Minuten hatte Willie die zwei elektronischen Alarmanlagen entdeckt. Die eine im Wohnzimmer, die andere im Korridor. Er hatte auch den Schaltkasten in der Küche gefunden und den Schlüssel dazu in Paxeros Hosentasche. Er machte gerade einen Abdruck des Schlüssels in einem Stück Seife, als Modesty in der Tür erschien.
Sie sagte: «Laß es sein, Willie.» Er blickte auf. Ihr Gesicht zeigte einen völlig ungewöhnlichen Ausdruck, eine Mischung aus Schrecken, Zweifel und Unglauben. Normalerweise zeigte sie bei solchen Gelegenheiten keine Gefühlsbewegung. Willie wurde stutzig. «Was ist geschehen, Prinzessin?»
«Etwas … Ich bin nicht sicher. Ich erzähle es dir, wenn wir zurück im Chalet sind. Aber ich fürchte, aus dem Ding hier wird nichts mehr, Willie. Es tut mir leid.»
«Mach dir darum keine Gedanken. Was tun wir jetzt?»
«Wir müssen das Ganze hier wie einen Einbruch aussehen lassen. Ich habe dir hier einen Koffer von oben mitgebracht. Pack alles, was irgendwelchen Wert hat, hinein. Ich tu oben das gleiche.»
«Irgendwo müßte ein Safe sein.»
«Ist es auch. Ein Bleddoes-Miniatur, in Paxeros Schlafzimmer, aber wir sind darauf nicht vorbereitet und dürfen keine Zeit verlieren.»
«Sie haben gute Schlösser, sind aber sehr klein.» Willie strich mit der Hand über die Küchenwand. «Der Stein hier ist weich. Man muß nur durch die Oberfläche durch, wo die Luft ihn gehärtet hat. Wenn ich in der Garage einen Meißel und einen schweren Hammer finde, kann ich den Safe von der anderen Seite der Wand herausstemmen, sagen wir, in etwa zehn Minuten. Ich werde den Kopf des Meißels umwickeln, damit es nicht so viel Geräusch macht.»
«In Ordnung. Versuch es, Willie.»
Fünfzehn Minuten später glitt das schwarze Faltboot aus dem Bootsschuppen und verlor sich in der Dunkelheit des Sees. Es lag sehr tief im Wasser, denn alles, was sie gestohlen hatten, einschließlich des kleinen Safes, hing an einem Seil im Wasser, dicht verpackt in eine schwere Plastikplane, die Willie in der Garage gefunden hatte. Er ließ das Doppelseil langsam ablaufen und fühlte in vier Faden Tiefe Grund. Sie waren jetzt etwa fünfzig Meter vom Ufer entfernt, genau in einer Geraden mit der rechten Seitenwand der Villa. Er zerrte an dem losen Ende des doppelten Seils und spürte, wie sich der doppelt geschlungene Räuberknoten löste. Er zog das Seil ein, nahm das Ruder auf und sagte: «In Ordnung, Prinzessin. Von hier können wir es uns jederzeit wieder holen.»
Eineinhalb Stunden
Weitere Kostenlose Bücher