Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
hören.
«Erzähl mir etwas von den Sklaven, Kim. Es müssen sich doch gewisse Führerpersönlichkeiten herausgebildet haben.»
«Ja. Sprich jetzt nicht und atme ein, aus, ein, aus.
Gut. Ja. Es gibt keine offiziellen, aber Schultz und Mrs. Schultz leiten das Komitee.»
«Das Komitee sorgt hier für Ordnung?»
«Sehr locker nur. In den ersten Jahren gab es ein paar ziemlich arge Schwierigkeiten, aber es geht jetzt leichter, nachdem sich ein Schema von Verhaltensnormen entwickelt hat. Neuzugänge haben nun einen Orientierungsrahmen, an den sie sich anpassen können. Würdest du dich bitte ein wenig hierher drehen? Danke.»
«Angenommen, ihr bekommt einen Aufrührer hierher?»
«Die meisten sind am Anfang Aufrührer. Sie wollen Fluchtausschüsse bilden wie in den Kriegsfilmen. Aber alles das schläft dann ein, und es ist so, als wollte man Teer mit einem Teelöffel umrühren. Würdest du …?
Ja, das ist gut. Wir sind gleich fertig. Manchmal ist einer auch sehr aufsässig, einer, der sich zuerst nicht damit abfinden kann, und der sich einem Aufseher oder einem Spezialen widersetzt. Der wird dann ausgepeitscht. Wir haben hier einen Mann namens Marker, er ist noch nicht lang hier, der dreimal ausgepeitscht wurde. Er ist noch nicht gebrochen, aber er fügt sich jetzt und redet gemäßigt.»
Kim Crosier richtete sich auf und ging zum Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. «Du kannst dich jetzt anziehen. Die Sachen dort auf dem Stuhl. Bluse, Rock und Sandalen und nicht sehr luxuriöse Unterhosen. Kein BH, obgleich einige der Frauen sich welche angefertigt haben. Du erhältst jeden Abend saubere Kleidung und bringst deine schmutzigen Sachen jeden Morgen zum Waschen hinaus zu einem von den drei Kübeln – klein, mittel und groß. Danny sagte, du wärest mittel.» Er trocknete sich die Hände ab und beobachtete sie, wie sie sich vom Tisch herunterschwang und ankleidete. «Im Falle, daß du es nicht wissen solltest, du bist gesund, mein Gott, wie gesund! Oh, das hier sind Trockenzeitkleider, nebenbei gesagt. Von September bis Ende November werden andere ausgegeben.»
«Ich glaube nicht, daß ich daran interessiert bin, Kim. Du sagtest vorher, jede Andeutung eines Ausbruchsversuchs würde unter den Sklaven Unruhe erzeugen?»
«Ja, es würde sie beunruhigen. Du würdest auf eine Menge Abneigung treffen und vielleicht Schlimmeres.» Er schwieg ein paar Sekunden, ordnete seine Gedanken, fuhr dann langsam fort: «Modesty, du mußt die Mentalität, die sich hier entwickelt hat, verstehen. Sie rührt von verschiedenen Gründen her, hauptsächlich davon, daß die Leute hier nach kurzer Zeit klar sehen; sie erkennen, daß absolut keine Hoffnung auf Flucht oder Rettung besteht. Nicht die geringste. Es führt einfach kein Weg aus Limbo heraus. Also findet man sich entweder damit ab oder man wird verrückt. Und wer verrückt wird, der wird eliminiert. Und da die menschliche Seele Wert darauf legt, daß der sie beherbergende Körper am Leben bleibt, beginnt sie sich zu assimilieren.»
Sie knöpfte die Bluse zu und steckte sie in den Rock, der etwa sechs Zentimeter unterhalb ihres Knies endete. «Wieviel Assimilation, Kim?»
Er zuckte die Achseln. «Fast eine totale. Du mußt auch in Betracht ziehen, daß die Leute hier in gewissem Sinne nicht schlecht behandelt werden. Sie haben genug zu essen, ihre Arbeit ist zwar schwer genug, um einen guten Schlaf zu gewährleisten, aber nicht unmenschlich schwer. Sie haben ihre eigenen einfachen Methoden der Freizeitgestaltung entwickelt, und sie erhalten eine vernünftige ärztliche Betreuung. Solange sie sich gut verhalten, können sie besser leben als zum Beispiel einst mein Urgroßvater gelebt hat. Er war ein wirklicher Sklave, ein richtiger Baumwollsklave.» Sie erwiderte: «Ich glaube, ich sehe, worauf du hinauswillst. Aber du hattest Jahre Zeit, darüber nachzudenken und die Entwicklung zu beobachten. Also erläutere mir jetzt das Ganze ein wenig deutlicher. Und könnte ich mal einen Kamm haben?»
«Neben dem Waschbecken. In deiner Unterkunft wirst du die Grundausstattung für Frauen bekommen.» Er lächelte. «Ich dachte, du würdest jetzt einwenden, daß es hier einen Unterschied gibt, da mein Urgroßvater als Sklave geboren wurde und die hier nicht.»
«Wenn es keine Hoffnung gibt, ist für die Assimilierung nicht viel Zeit erforderlich.»
«Richtig. Und denk daran: Alle Leute hier waren reich. Einige waren schwerreich, andere weniger, aber alle hatten sie ihre Probleme,
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