Modesty Blaise 10: Der Xanadu-Talisman
sich nieder, und die tiefe kehlige Stimme sagte:
»Zu Ihren Diensten, Hoheit.« Aber Little Krell drehte sich nicht um, während er sprach, und nicht einen Augenblick wandte er den Blick seiner kleinen braunen Augen von dem Mann und der Frau in der Arena ab.
Dr. Giles Pennyfeather nähte eine weitere Wunde und betrachtete mit schief gelegtem Kopf seine Arbeit. »Das sollte genügen«, sagte er, »aber vermeide während der nächsten Tage alle Anstrengungen.« Willie Garvin lag, ein Handtuch um die Hüften, flach auf dem Untersuchungstisch des Operationszimmers. Jetzt bemühte er sich, Modesty anzusehen, und sagte: »Kein Tennis oder so etwas?«
»Ach, man spielt hier nicht Tennis«, sagte Pennyfeather geistesabwesend. Er drückte eine Mullbinde auf die lange Wunde und fügte hinzu: »Ich habe etwas über die Hubschrauber erfahren. Der große ist ein Sikorsky, aber er ist heute abgeflogen, um Vorräte zu holen, und kommt erst morgen zurück. Den anderen nennt man Gazelle. Es ist ein Fünfsitzer.«
Modesty, in eine Decke eingewickelt, antwortete beiläufig, ohne den an der offenen Tür stehenden Wächter anzusehen: »Das ist gut. Wir haben beide schon eine Gazelle geflogen. Gib vor, eine allgemeine Untersuchung von Willie durchzuführen, und dann beginn mit mir, Giles. Wir brauchen Zeit, um miteinander zu reden. Aber tu so, als gäbest du medizinische Auskünfte.«
»Gut.«
Modesty hatte aus Rahims Befehl, die Gefangenen medizinisch zu betreuen, das meiste herausgeholt. Verhüllte Drohungen, dass der Prinz zornig werden könnte, falls die Behandlung nicht befriedigend sein sollte, hatten gute Resultate gezeitigt. Sie und Willie hatten die Erlaubnis erhalten, im Badezimmer des Spitals zu duschen, und man hatte ihr Gepäck gebracht, sodass sie frische Kleidung auswählen konnten. Aber die beiden Wächter hatten ihnen keine Gelegenheit geboten, eine neue Ausrüstung zu beschaffen. Jeder Kleidersaum wurde untersucht, und diesmal entdeckten sie sogar die Nylonschnur im Gürtelband.
Giles hatte Willies Wunde unter Lokalanästhesie gereinigt und mit Antibiotika behandelt. Seine Tetanusimpfung war noch gültig, aber Pennyfeather hatte ihm eine Auffrischung gegeben. Jetzt rollte sich Willie auf den Rücken, und Giles gab vor, seine Lungen abzuhören, seinen Blutdruck zu messen und seine Augen zu untersuchen.
Modesty fragte: »Kannst du heute Nacht diese Tracy June erwischen und sie zwischen drei und Viertel nach drei zu uns bringen?«
Er nickte langsam. »Ja. Ich habe sie bereits hier im Spital. Ich hielt es für das Beste. Ich habe ihr erklärt, ich sei mit ihrer letzten Vorsorgeuntersuchung nicht zufrieden und wolle sie eine Weile beobachten.«
»Vorsorgeuntersuchung?«
»Die Aufzeichnungen meines Vorgängers. Dieses Tschechen.«
»Du hast ihr nichts gesagt?«
Pennyfeather untersuchte mit einem Aurioskop Willies linkes Ohr. »Nein, du hast es mir doch verboten.«
»Ist sie jemand, der ruhiges Blut bewahrt, oder könnte sie hysterisch werden?«
»Das weiß ich wirklich nicht.« Pennyfeather richtete sich auf und sprach rasch. »Ich habe nachgedacht. Falls es heute Nacht ein wenig ungemütlich werden sollte, könnt ihr nicht riskieren, dass sie plötzlich zu bibbern anfängt.«
»Gut, Doktor«, sagte Willie. »Kannst du sie so dopen, dass sie zwar tut, was man ihr sagt, aber nicht weiß, was geschieht?«
»Nein. Es ist einfach unmöglich, so genau zu dosieren. Ich habe darüber nachgedacht; vielleicht kann ich Narkohypnose versuchen. Damit war ich im Tschad, als wir keine Anästhesie mehr hatten, ganz erfolgreich. Gut, Willie, du bist fertig. Zieh dich an.«
Willie rollte vom Tisch herunter und ging zu dem Stuhl, auf dem die ihm bewilligten Kleidungsstücke lagen. Modesty, die sich ein Handtuch wie einen Sarong umgebunden hatte, löste es und nahm Willies Platz ein.
Pennyfeather steckte sich das Stethoskop in die Ohren, sah sie ernst an und sagte, den Rücken zu dem Wächter an der Tür gewandt: »Es muss heute Nacht sein, Liebling. Man spricht davon, dass Seine Hoheit sich für morgen etwas sehr Gemeines für dich ausgedacht hat.«
»Davon bin ich überzeugt. Hast du im Augenblick ernstlich kranke Patienten hier?«
Er lächelte zu ihr herab und beklopfte ihre Brust.
»Hast du Angst, dass ich es nicht über mich bringe, sie im Stich zu lassen?«
»Ja. Das ist schon vorgekommen.«
»Der schwerste Fall, den ich im Moment habe, ist Willie. Also mach dir keine Sorgen. Bitte atme tief ein.
Ich werde dafür
Weitere Kostenlose Bücher