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Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen

Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen

Titel: Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Stunden schlafen. Um zehn standen sie auf, zogen schwarze Sachen und Wollkappen über, schwärzten sich die Gesichter und ließen das sechs Meter lange Kanu zu Wasser, das aus Esche gearbeitet und außen mit gummiverstärktem Segeltuch überspannt war. Zehn Minuten später umrundeten sie die Südspitze von Deserta Grande in etwa hundert Meter Entfernung und nahmen dann Kurs auf das Bohrschiff. Die See war ruhig bis auf eine sanfte Dünung, und es war ziemlich dunkel, weil Mond und Sterne hinter den Wolken verborgen blieben. Das rote Licht am Bohrturm schien frei in der Luft zu schweben, aber darunter war die Beleuchtung des Decks und der Kajüten zu sehen, die einen trüben Schimmer um das Schiff legte.
    In seiner Rolle als Heckpaddler bestimmte Willie die Richtung des Kanus. Als er sich bei einem Schlag nach vorn lehnte, fragte er leise: »Direkt darauf zu?«
    Sie hob ihr Paddel aus dem Wasser und Willie tat desgleichen. Indem sie den Kopf leicht drehte, flüsterte sie als Antwort: »Ja, aber nur so lange, bis wir kurz vor dem Lichtkreis sind. Dann machen wir einmal die Runde um das Schiff, um herauszufinden, wie wir am besten herankommen können.«
    »In Ordnung, Prinzessin.«
    Sie wandte sich wieder um und tauchte das Paddel geräuschlos ins Wasser ein. Willie glich sich ihren langen, gleichmäßigen Schlägen an, und das Kanu glitt vorwärts. Sie waren kaum mehr als zweihundert Meter weit gekommen, als plötzlich ihr Spiegelbild aus der Dunkelheit auf sie zukam, ein zweites Zweimannkanu, dessen Kurs es bis auf zehn Meter steuerbord an ihr eigenes Kanu heranbrachte. Zwei Personen saßen darin, die in perfektem Gleichschlag paddelten. Aber es war gar kein Spiegelbild, denn das andere Kanu war ein offener Kanadier, ein längeres, breiteres Gefährt, das auch tiefer im Wasser lag, als wäre es wesentlich stärker belastet als ihres. Einige Sekunden lang starrten sie zwei Augenpaare hinter schwarzen Gesichtsmasken an, während sich die beiden Boote begegneten, dann waren die anderen in der Dunkelheit verschwunden.
    »Mist! Was geht hier bloß vor?« dachte sich Willie Garvin. Er sah Modesty nach Backbord deuten und arbeitete sofort mit dem Paddel, um das Kanu in diese Richtung zu bringen, ruderte jedoch gleich wieder dagegen, um die Bewegung aufzuhalten, denn sie wären um ein Haar mit einem zweiten Kanadier kollidiert, der backbord voraus an ihnen vorbeisauste. Dahinter kam gleich ein drittes dieser Zweimannboote, das noch dichter herankam und nur durch ein scharfes Ausweichmanöver einen Zusammenstoß verhindern konnte. Zehn Sekunden später waren sie wieder allein auf See. Sie paddelten nicht, sondern schaukelten nur leicht im Kielwasser der anderen Kanus. Modesty drehte sich um und blickte Willie mit großen, fragenden Augen an, die in ihrem geschwärzten Gesicht blitzten.
    Er hob die Schultern zu einem übertriebenen, verständnislosen Achselzucken. »Sehen wir zu, daß wir hier sofort verschwinden«, keuchte sie. »In großem Bogen nach Steuerbord.« Aber er hatte das Paddel noch gar nicht wieder eingetaucht, da blitzte plötzlich ein starker Scheinwerfer in der Finsternis auf und erfaßte sie mit seinem grellen Lichtkegel. Dazu befahl eine Näselstimme ohne Pausen zwischen den Kommandos:
    »Keep quite still! Ne bougez pas! Keine Bewegung! Nao se mexa!«
    Der Scheinwerfer wanderte kurz nach links und rechts, um zwei Kanus zu beleuchten, die sie in die Zange genommen hatten. In beiden hielt je ein Besatzungsmitglied das Boot mit leichten Bewegungen des Paddels auf gleicher Höhe, während der zweite Mann eine Maschinenpistole auf sie richtete. Wieder wurde der Scheinwerfer verstellt und erfaßte jetzt noch eine dritte MP in der Hand des unsichtbaren Sprechers, dessen Stimme aus der Dunkelheit fragte: »Staatsangehörigkeit?«
    Er wiederholte das Wort in mehreren Sprachen, und in dieser kurzen Zeitspanne beurteilte Modesty Blaise die Lage und traf eine Entscheidung. Diese durchdringende Stimme war ihr bekannt, denn sie hatte den Major Earl St. Maur mehr als einmal bei Fernsehinterviews gesehen. Sie wußte nun, daß sie auf die
Watchmen
gestoßen waren – oder daß diese durch einen unglaublichen Zufall auf sie gestoßen waren. Sie trug eine automatische Star PD .45 im Schulterhalfter unter dem Hemd, und Willie hatte seine beiden Messer bei sich, die er so tödlich genau ins Ziel schleudern konnte, aber in diesem grellen Licht war es völlig aussichtslos, diese Waffen zu benutzen. Beim ersten Versuch wären sie

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