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Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen

Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen

Titel: Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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hoch, um sie hinter dem Lieferwagen in Sicherheit zu bringen. Dabei rempelte sie die beiden Männer an und warf ihnen schnell ein Kommando zu:
    »Schnell! Geht in Deckung!«
    Sie gehorchten und kauerten sich gegen den hinteren Kotflügel. Professor Stephen Collier fragte: »Was in aller Welt war denn das?«
    Sie hatte das Ende des Geschosses, das aus dem Commer herausragte, nur kurz gesehen, hatte es aber erkannt, auch an dem Fluggeräusch, das ihr vertraut vorgekommen war. »Der Bolzen einer Armbrust«, flüsterte sie.
    Sir Gerald Tarrant fragte leise: »Auf Sie oder auf mich?«
    »Auf mich, glaube ich. Ruhe jetzt, bitte.« Sie preßte den Arm des blinden Mädchens und murmelte: »Kannst du ihn hören, Dinah?«
    Colliers Frau hielt den Atem an. Sie war seit ihrer Kindheit blind und hatte ein enorm scharfes Gehör.
    Einen Augenblick später flüsterte sie: »Wenn direkt vor mir zwölf Uhr ist, dann steht er bei ein Uhr, etwa fünfzehn Schritte von uns entfernt. Ich habe ein komisches Quietschen gehört. Könnte das vom Spannen des Bogens beim Nachladen kommen?«
    »Ja.«
    Collier stieß einen Fluch aus und legte seiner Frau einen Arm um die Schultern. Es war ein lauer Abend im Mai, und jetzt um neun Uhr waren sie allein auf dem Parkplatz, weil sie schon während der Pause gegangen waren, nach dem Klavierkonzert von Beethoven. Sie hatten sich schon vorher darauf geeinigt, daß alle lieber die Mahler-Sinfonie versäumen und statt dessen zu einer vernünftigen Zeit zu Abend essen wollten.
    Modesty Blaise gab Tarrant ihre Jacke zum Halten, zog sich den Reißverschluß am Rücken auf, ließ ihr Jerseykleid, das sie in der Bewegung behinderte, zu Boden gleiten und streifte sich die Schuhe ab. Das dunkle Gebäude der Festival Hall erhob sich hinter ihnen. Vor dem Lieferwagen, der ihnen Deckung bot, standen zwei Reihen geparkter Autos, dann folgte ein tiefer gelegener Fußweg, und dahinter sah man die Lichter der südlichen Themse-Uferstraße. Dinah flüsterte in ihrem weichen kanadischen Akzent: »Er bewegt sich in Richtung elf Uhr, Modesty.«
    »Ich gehe in Richtung fünf seitlich heraus. Kannst du seiner Position folgen?«
    »Klar, meine Beste. Bei diesem knirschenden Boden hier bis auf eine Entfernung von etwa vierzig Schritt.«
    »Dann ruf mir alle paar Sekunden eine Zahl rüber, und dazu entweder ›plus‹, wenn er sich dir nähert, oder ›minus‹, wenn er sich entfernt.«
    »In Ordnung. Jetzt ist er bei zehn, bewegt sich langsam. Etwas im Minus.«
    Dann war sie verschwunden, ihr heller Rücken und die Schultern waren noch kurz über dem fast unsichtbaren schwarzen Strumpfhosentrikot zu erkennen. Tarrant und Collier machten nur ganz behutsame Atemzüge, vermieden jedes Geräusch und standen dicht beieinander, um Dinah abzuschirmen. Nach fünf Sekunden sagte Dinah mit flacher Stimme: »Neun – minus.«
    Sie drehte den Kopf ein kleines Stück herum. Collier drückte sanft ihre Hand und liebte sie für die beherrschte und ruhige Art, in der sie den Schock überwunden und so schnell verstanden hatte, was Modesty von ihr wollte. Seine eigenen Nerven waren schrecklich gespannt.
    Mein Gott, dachte er. Eine Armbrust, auch das noch. Bei Modesty wußte man nie, was als nächstes kommen würde. Er wünschte inständig, daß doch Willie Garvin mit bei dem Konzert gewesen wäre. Ein fähiger Bursche, dieser Willie, und bei solchen Sachen arbeiteten er und Modesty so zusammen, als hätten sie dasselbe Gehirn. Trotzdem gab es keinen Grund zur Beunruhigung, auch wenn Willie nicht mit dabei war, sagte sich Collier. Er hatte bereits mehr als einmal den zweifelhaften Vorzug genossen, Modesty in Aktion zu sehen, zu seiner und zu Dinahs Rettung. Es war zwar nicht sehr gemütlich gewesen, aber ohne jeden Zweifel eindrucksvoll.
    Dinah sagte: »Acht – plus.«
    Collier fiel das Degenduell auf Leben und Tod ein, als sie in der Wüstenarena gegen Wenczel gekämpft hatte, den Meisterfechter, und dann die fürchterlichen Sekunden der Angst in dem alten Mayatempel in Guatemala, als Dinah schon unter dem Opfermesser gelegen hatte, und … »Sieben – plus.«
    Tarrant würden in diesem Augenblick wohl seine eigenen speziellen Erinnerungen an Modesty durch den Kopf gehen, dachte Collier, die Erinnerung daran, wie er in den eisigen Höhlen von Lancieux lag, halb verkrüppelt von den Folterungen, und zusah, wie sie um ihrer beider Leben kämpfte. Und diesmal …
    Eine Unruhe erfaßte Collier. Sieben Uhr? Damit würde das Schwein mit der Armbrust

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