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Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen

Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen

Titel: Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Haaren, und auf dem Rücksitz einen älteren Mann, wahrscheinlich Tarrant. Er sah, wie der Wagen kurz abbremste und dann in die Hauptstraße einbog. In seinem Mund war ein säuerlicher Geschmack, denn der Anblick von Willie Garvin hatte eine Welle von Haß in ihm aufsteigen lassen.
    Er brauchte nur an Modesty Blaise zu denken, um dasselbe widerwärtige Brennen im Hals zu verspüren, selbst nach so langer Zeit noch.
    Er atmete tief durch und versuchte gewaltsam, seine Gedanken wieder unter Kontrolle zu bringen. Diese Frau könnte jetzt schon tot sein, ihr Blut wäre geronnen, die Augen gebrochen, ihre Glieder schon erstarrt.
    Aber der belgische Armbrustspezialist hatte seine Probe nicht bestanden, und in gewisser Weise war Oberon froh darüber. Vielleicht würde sich ihm eines Tages die Gelegenheit bieten, sie sich selbst vorzunehmen, aber er würde nicht anonym aus der Dunkelheit zuschlagen. Er würde es so einrichten, daß sie ihn erkannte. Er würde sie in Grund und Boden erniedrigen, um zu sehen, wie ihr Gesicht diesen eiskalten, arroganten Ausdruck verlor, bevor er sie umbringen würde.
    Er blickte auf seine Uhr. Es war völlig unnötig gewesen, nach der Ermordung des Belgiers vom Polizeirevier hierher zu fahren, aber irgend etwas hatte ihn dorthin gezogen, wo sie lebte; möglicherweise mußte er seinen Haß dadurch auffrischen, daß er sich in die Nähe der verhaßten Person begab, oder er wollte das heftige Gefühl genießen, das ihn bei dem Gedanken an seine Rache ergriff. Er brauchte ja auch niemandem Rechenschaft über seine Handlungen abzulegen, denn die
Watchmen
hatten ihm die alleinige Verantwortung für die Überwachung des Prüflings und auch für die Vertuschung im Falle eines Scheiterns der Aktion übertragen.
    Er startete, fuhr zu einer Telefonzelle in der Nähe von Clarendon Gate und wählte dort eine Nummer. Er ließ es zweimal klingeln, drückte die Gabel hinunter und wählte noch einmal.
    Eine sonderbar durchdringende männliche Stimme meldete sich: »Ja?«
    »Er hat es vermasselt. Das Opfer hat ihn ausgeschaltet.«
    »Endgültig?«
    »Nein, nur betäubt. Danach hat Boy Blue die Sache übernommen.«
    »Und?«
    »Es sind Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet worden. Lieder wurden keine gesungen. Die Angelegenheit ist erledigt.«
    »Sehr gut. Morgen vormittag, um zehn. Hier. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.«

4
    Der Pfeil hatte eine Länge von siebzig Zentimetern, die Spitze war zum Jagen gedacht, flach und breit und mit doppelter Schneide. Oberon sah zu, wie Major Earl St. Maur den Pfeil mit der Kerbe in die Leinensehne einlegte und den Präzisionsbogen anhob, wobei er ihn gleichzeitig spannte, den linken Arm gerade ausgestreckt, den rechten Zeigefinger leicht ans Kinn angelegt. Er visierte sein Ziel nicht länger als eine Sekunde, dann schoß er den Pfeil ab.
    Die drei spiralförmig angeordneten Truthahnfedern gaben dem Geschoß einen Drall mit auf den Weg, der die Flachspitze daran hinderte, von der Flugbahn abzukommen. Oberon hörte das leise Geräusch, mit dem die Sehne beim Zurückschnellen den ledernen Armschutz von St. Maur streifte, und beobachtete an den roten Federn den Flug des Pfeils. Hundert Meter weiter bohrte er sich in den Stamm der hohen Buche, direkt über dem aufgemalten Kreis aus weißer Farbe. Major Earl St. Maur ließ den Bogen sinken und ging nun über die Weide zu seinem Ziel, wobei der Köcher an seinem Gürtel im Rhythmus seiner Schritte auf und nieder schlenkerte. Oberon ging neben ihm. »Haben Sie jemals eine Armbrust verwendet?«
    »Heiliger Strohsack, nein. Das ist doch ein Spielzeug.«
    Oberon fragte sich, ob heutzutage noch irgend jemand auf der ganzen Welt den Ausruf »Heiliger Strohsack!« benutzte. »Läßt sich aber leichter verstecken, Major«, wandte er ein. »Hugo Gezelle konnte seine auseinandernehmen und in einer Aktentasche verstauen.«
    »Das Ziel zu treffen ist ja wohl wichtiger.« St. Maurs Vogelnase hob sich verächtlich. Er war ein großgewachsener Mann mit dichtem sandfarbenem Haar, blaßblauen Augen und schmalen, aristokratischen Zügen. Er war wesentlich kräftiger, als sein Äußeres vermuten ließ, und besaß die körperliche Verfassung eines Weltklasseathleten. Jetzt war er vierunddreißig, und früher hatte er einmal einen Offiziersposten in einem Kommandobataillon der Marineinfanteristen innegehabt. Nach mehreren Beschwerden über seine harte und wirklichkeitsnahe Art der Ausbildung, an der innerhalb eines Jahres drei seiner Soldaten gestorben

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