Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen
CIA-Agent, der irgendeinen Auftrag hat, und ich habe ihn soeben auffliegen lassen.«
Ihr Gesicht war völlig ausdruckslos, aber die Intensität ihrer Verzweiflung konnte man beinahe greifen. »Ist der graue Aston Martin ein Stück weiter oben auf der Straße dein Wagen?«
»Ja.«
»Kannst du sie verfolgen? Ich habe zwar versucht, meinen Fehler wieder gutzumachen, als mir klar wurde, daß er nicht allein war, aber wenn der andere mich jetzt noch einmal sieht, dann weiß er genau, daß ich nur Theater gespielt habe, deshalb will ich dich nicht begleiten.«
»Sie verfolgen? Modesty, ich habe mit solchen Sachen überhaupt keine Erfahrung.«
»Um Himmels willen, Kim, ich habe ihn
enttarnt
, und das könnte bedeuten, daß er praktisch tot ist. Es ist eine gute Stadt zum Beschatten mit dem Auto. Wenn sie ein Taxi nehmen, können sie es nicht allzu weit haben, und ich will ja bloß wissen, wo sie hinfahren.«
Sie sprach jetzt sehr rasch. »Fahr nicht zu dicht hinter ihnen, und mach es einfach so gut, wie du kannst. Ich gehe inzwischen ins St. Francis Hotel und warte an der Rezeption. Du rufst dann dort an und läßt mich als Miss Johnson ans Telefon holen.«
Er ließ sich überreden, und kurz danach überquerte er die Straße, warf einen Seitenblick auf die Kreuzung, wo die beiden Männer immer noch warteten, dann ging er langsam die Straße hinauf zu seinem Wagen, wobei er sich die Frage stellte, ob er sofort einsteigen sollte oder ob es besser wäre, noch abzuwarten und sich irgendwo zu verstecken. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, und er war sehr erleichtert, als ein leeres Taxi den Hügel herunterkam, wodurch ihm die Entscheidung abgenommen wurde. Er brummte vor sich hin:
»Teufel auch, mit der
Ruhe
ist es wirklich vorbei, sobald du erst einmal aufgetaucht bist, Modesty!«
Beim Einsteigen nahm er diesen Gedanken sofort zurück und gestand sich ein, daß er unfair war. Schließlich hatte er in ihrer Gesellschaft auch außerordentlich gemütliche Stunden verlebt. Dann fuhr das Taxi mit seinen beiden Fahrgästen los, und er konnte nur noch an seinen momentanen Auftrag denken.
Modesty wartete, bis der Aston Martin vorbeigefahren war, blieb noch dreißig Sekunden länger im Vorraum des Restaurants stehen, dann setzte sie sich in Bewegung und lief in schnellem Tempo nach Süden in Richtung Union Square. Nur einen kleinen, jedoch ausreichenden Teil ihrer Konzentration verwendete sie auf die Fortbewegung und auf ihre Umgebung, der Rest war zur Gänze von einer geistigen Übung in Anspruch genommen, mit der sie alle Anspannung, Angst und Schuldgefühle ablegte, so daß ihr Verstand danach klar und auf alles vorbereitet war, was sie noch von ihm verlangen könnte.
In der Stockton Street betrat sie ein Geschäft, um sich einen kleinen Koffer, ein Paar Jeans, ein Hemd, einen Pullover, ein Halstuch und eine Packung Watte zu kaufen. Sieben Minuten später war sie wieder unterwegs. Es hatte noch niemand für sie angerufen, als sie das St. Francis erreichte. Sie buchte ein Zimmer auf den Namen Johnson, bereitete den Portier darauf vor, daß sie einen Anruf bekommen würde, mietete ein Auto am Schalter und ließ sich dann von einem Pagen aufs Zimmer führen. Die Jeans paßten ihr nicht richtig, denn sie hatte im Verhältnis zu ihrer schmalen Hüftweite ziemlich lange Beine, aber im Augenblick war es ihr weniger wichtig, gut auszusehen. Sie zog sich das neue Hemd über, legte den Pullover zurecht, nahm eine Lage Watte aus der Packung und steckte sie in ihre Handtasche, dann ging sie zum Spiegel, nahm die Spangen aus ihrer aufgesteckten Frisur und band sich die Haare im Nacken wieder zusammen.
Sie lag gerade auf dem Bett, als nach zwanzig Minuten das Telefon klingelte. Kims Stimme klang ein wenig außer Atem. »Kann ich sprechen?«
Sie lauschte nach dem hallenden Geräusch, an dem man merken konnte, ob die Telefonistin noch in der Leitung war, dann sagte sie: »Ja, alles klar.«
»Ich bin am Embarcadero. Sie sind hier ausgestiegen und haben sich eine Zeitlang in eine Bar gesetzt. Erst hatte ich Angst, sie beim Einparken zu verlieren, aber sie waren noch da, und danach wollte ich sie nicht mehr aus den Augen lassen, um dich anzurufen, falls sie inzwischen weggehen sollten. Also habe ich mich da ein bißchen versteckt, und nach einer halben Stunde hat ein Fischerboot am Steg festgemacht, und die beiden sind eingestiegen und gleich wieder losgefahren, und zwar in Richtung Westen, aus der Bucht heraus.«
Sie nahm die
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