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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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aktuell ist. Ich denke, dass sich das Männerbild doch ziemlich geändert hat …«
    »Also ich wollte immer so sein. Mit einem Griff in den Nacken die Machete ziehen und sagen: Das ist ein Messer!«
    Er schaute verträumt ins Leere.
    »Und dann diese Wirkung auf Frauen! Ob sie es zugeben oder nicht, Tatsache ist, dass die Frauen genau so einen Kerl wollen. Einen, den nichts aus der Ruhe bringt, der ihnen ihr Abendessen frisch erlegt und noch blutig auf den Tisch knallt und der auch sonst von jedem Weichspülgang verschont geblieben ist.«
    Das wurde ja immer schlimmer! Mit so einer Kampagne konnte man kein einziges Steak verkaufen, damit schaufelte ich mir mein eigenes Grab.
    »Nun, vielleicht sollten wir das Thema von einem Experten untersuchen lassen. Es gibt ja Studien, die genau diese Rollenvorbilder und Ideale zielgruppengenau erfassen und …«
    Ich schaute auf, um zu sehen, wie PS meine mangelnde Begeisterung wohl aufnehmen würde, und blickte in sein Gesicht, dem das mühsam verhaltene Lachen eine rötliche Farbe und aufgeplusterte Wangen verlieh. Als er meinem Blick begegnete, lachte er laut und ungehemmt los, bis ihm die Tränen kamen.
    »Okay«, japste er, als er sich etwas beruhigt hatte, »das war ein Scherz. Du hast es wirklich drauf, auf diplomatische Art zu sagen, dass die Idee scheiße ist.«
    Ich warf meinen unbenutzten Zuckerstick nach ihm und versuchte ein Lächeln, von dem ich spürte, dass es ziemlich schief wurde. »Gibt es auch schon eine ernst zu nehmende Strategie?«
    Die folgende halbe Stunde verbrachten wir mit einem geradezu göttlichen Tiramisù und einem ernsthaften Gespräch über die Reise zur Gastromesse nach Sydney. Die Planungen konnten mich sogar kurzzeitig davon ablenken, dass vorher noch die Reise nach Afrika auf dem Plan stand. Mir standen wahrlich aufregende Zeiten bevor.
    Es war schon halb elf, als PS mich vor der Haustür absetzte.
    »Mir hat ein Arbeitsessen selten so viel Spaß gemacht«, sagte er.
    »Danke.«
    Ich reichte ihm die Hand.
    Er fasste meine Hand wie zum Armdrücken, hob sie an seine Lippen und hauchte einen Kuss auf meinen Handrücken. Dabei zwinkerte er mir zu. »Schlaf gut, Leo.«
    Ich stolperte aus dem Auto, knickte um und humpelte zur Haustür, all das in einem Zustand höchster Verwirrung.
    Hatte PS mich da gerade angemacht?
    Wollte er dasselbe wie ich?
    Oder war er einfach ein unglaublich attraktiver Mann, der manchmal ein bisschen zu charmant war?
    Wollte er mich reizen, um zu sehen, ob ich den nächsten Schritt machte? Und wie sollte der aussehen? Wie die pubertäre Knutscherei hinter dem Stall?
    Mir schwirrte derartig der Kopf, dass ich gar nicht mehr an den Besuch meines Vaters dachte. Bis ich den Zettel auf dem Küchentisch fand.
    Wir sind in der Altstadt – Daniel und Papa.
    In der Altstadt? Papa? Was war denn mit dem los? Mein Vater trank fast nie Alkohol und wenn, dann schon gar nicht in einer Kneipe. Ein oder zwei Gläser Wein zu Hause bei klassischer Musik waren für ihn der Himmel. Eine Kneipe mit Bier trinkenden Männern, die sich schlüpfrige Witze erzählten oder der Bedienung in den Hintern kniffen, die Hölle. Mein Vater jedenfalls wollte vor meinem geistigen Auge einfach nicht in eine Düsseldorfer Altstadt-Kneipe passen. Aber vielleicht waren sie auch nicht in einer Kneipe, sondern einer Cocktailbar, einem Nachtclub oder sonst einer angesagten Location, die Daniel dort kannte.
    Egal, im Moment hatte ich im Hirn nicht eine einzige Windung frei, die sich mit dem seltsamen Verhalten meinermännlichen Verwandtschaft beschäftigen konnte, denn alle hatten mit PS genug zu tun. So lag ich wach, obwohl ich todmüde war, und hörte, wie Daniel gegen drei Uhr in sein Zimmer torkelte. Danach schlief ich endlich ein.
    Die nächsten beiden Tage vergingen ereignislos, wenn man davon absah, dass Daniel offenbar irgendeine coole Aktion plante, über die er aber kein Sterbenswörtchen verraten wollte. Und auch, was mein Vater eigentlich so Dringendes hatte besprechen wollen, verriet er mir nicht. Papa werde es mir selbst sagen, sobald er es für richtig hielte, wurde mir beschieden, und ich fragte mich nicht länger, worum es wohl gehen mochte. Mein Vater war ein grundsolider, anständiger, leicht untersetzter, meist korrekt gekleideter, etwas langweiliger Steuerprüfer, von dem keine aufregende Neuigkeit zu erwarten war.
    Dachte ich.
    Ich konnte ja nicht ahnen, wie sehr ich mich getäuscht hatte.

11
    Die nächste Aufregung kam allerdings nicht von

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