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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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mein Herz hüpfte, wenn ich nur daran dachte. Was es tat, wenn er mich ansah oder gar berührte, hätte in einem anderen Zusammenhang den Kardiologen auf den Plan gerufen.
    Ich hätte noch tage-, wochen-, monatelang mit Philip durch die Wildnis streifen wollen, aber tatsächlich war dies unser letzter Tag in Afrika, der von einer letzten leidenschaftlichen, sinnlichen Nacht gekrönt wurde, die erst in den Morgenstunden in tiefen Schlaf mündete. Kein noch so rosiger Traum hätte schöner sein können als diese Nacht. Dieses Mal wachten wir gemeinsam auf, denn der Weckdienst rief uns viel zu früh zurück in die Wirklichkeit. Frühstück, packen und dann zurück nach Deutschland. Ein Jammer. Aber leider unvermeidbar. Der einzige Trost war meine absolute Überzeugung, dass unsere Liebe den Kontinentalsprung überstehen würde.

23
    Die Rückkehr nach Windhoek und damit in die Zivilisation war ein Kulturschock. Der Lärm der Stadt, das Gedränge der vielen deutschen Touristen, die sich gegenseitig an Safarijägerlatein zu übertreffen versuchten, und die Hitze über dem Asphalt machten mir noch einmal bewusst, wie paradiesisch die Tage in der Natur gewesen waren. Seit Anfang des Jahres hatte ich fast nur gearbeitet, wenig Freizeit gehabt und diese viel zu selten im Freien verbracht. Das musste sich dringend ändern. Ich war bereit, Überstunden zu machen, aber nicht zehn Stunden pro Woche. Ich sehnte mich nach Ausflügen ins Grüne, nach faulen Sommertagen und nach Urlaub. Gleich nach unserer Rückkehr würde ich mit PS darüber sprechen müssen.
    Wieder schlief ich im Flieger etliche Stunden, denn nach zwei Nächten mit viel Liebe aber wenig Schlaf und Tagen, die durch die Fußmärsche und die Hitze körperlich anstrengend waren, hatten meine Batterien einen Tiefstand erreicht. Da sich auch das Unterhaltungsangebot seit dem Hinflug nicht verbessert hatte, entging mir nichts.
    Dachte ich.
    Bis ich beim Aufwachen irgendwo über dem Mittelmeer Philips Gesicht sah.
    Es sah nicht gut aus.
    Er kochte vor Wut.
    »Es gibt eine Anti-Werbe-Kampagne gegen uns«, erklärte er.
    »Gegen uns? Siebendt?«, fragte ich zurück.
    »Gegen unsere Werbekampagne. Deine Werbekampagne. Die mit den eleganten afrikanischen Wildtieren.«
    Die Betonung der Tatsache, dass dies meine Werbekampagne sei, klang vorwurfsvoll. Das gefiel mir ganz und gar nicht, denn die Kampagne war erstens gut und zweitens einvernehmlich beschlossen worden. Ich hatte mir keinerlei Mühe geben müssen, Philip zu überzeugen. Er war genauso darauf abgefahren wie ich selbst. Und alle anderen Entscheider im Haus, einschließlich Siebendt senior, hatten sie ohne Einwände abgesegnet.
    »Woher weißt du jetzt davon?«, fragte ich.
    »Von meinem Vater. Er tobt.«
    Das konnte ich mir inzwischen gut vorstellen, denn die Selbstbeherrschung des Seniorchefs war legendär schlecht.
    Ebenso wie die Laune des Juniors.
    Jetzt gab es also Ärger auf der ganzen Linie, aber Philip kapselte sich in seinem Unmut ein, daher wollte ich nicht weiter fragen, was ich mir unter einer Anti-Kampagne vorzustellen hatte. Philip starrte für den Rest des Fluges aus dem Fenster und ich litt still und leise unter seiner schlechten Laune und dem vorwurfsvollen Ton, mit dem er bereits begonnen hatte, die ganze Schuld – wofür auch immer – auf mich abzuwälzen. Was war mit unserer jungen Liebe geschehen?
    So hatte ich mir unsere Rückkehr nicht vorgestellt.
    Natürlich kam wieder der Limousinenservice zum Flieger, um Philip und mich über das Rollfeld zu fahren, natürlich wurden wir in Frankfurt am Buffet verwöhnt und natürlichstand eisgekühlter Champagner bereit, aber dieses Mal machte es keinen Spaß. Philip saß mit zornigem Blick in einem Loungesessel und warf mir schräge Blicke zu, weil ich etwas aß. Nicht, dass es mir wirklich geschmeckt hätte, aber ich war hungrig und handelte nach der Devise, dass eine gute Unterlage so manche Katastrophe besser überstehen lässt. Ein niedriger Blutzuckerspiegel jedenfalls würde meine Abwehrkräfte schwächen und ich fürchtete, dass ich, schneller als mir lieb war, in eine Situation kommen würde, in der ich mich gegen eine Übermacht von Siebendts würde verteidigen müssen. Also aß ich Nudeln mit Spinat und ließ mir von einem beflissenen Mitarbeiter die Flasche mit dem Chiliöl bringen. Während sich meine Kohlenhydratspeicher füllten, wurde Philips Gesicht immer düsterer.
    In Düsseldorf wurde uns derselbe Premiumservice zuteil und wir hätten

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