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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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Chrom bestanden auch sein Schreib- und der Besprechungstisch. Die beiden fensterlosen Wände waren bis auf einen schmalen weißen Streifen unterhalb der Decke zartgelb gestrichen. Die dritte Wand nahm ein hohes Regal ein, ebenfalls aus Chromstahl, in dem Aktenordner, ein paar Bücher sowie ein Tablett mit Cognacschwenkern aufbewahrt wurden, an der vierten Wand hing ein überdimensionales Gemälde, auf dem in schreienden, metallisch glänzenden Farben eine Sphinx dargestellt war, vor der sich ein junger, antik gewandeter Mann auf einen Stab stützte. Barbaras Erinnerung an ihr Abitur reichten aus, in ihm Ödipus zu vermuten.
    Rauch hatte sich von seinem Schreibtisch erhoben und kam auf seine Besucher zu. Er bot eine stattliche Erscheinung, fast ein Zweimetermann mit breiten, aber nicht zu breiten Schultern und vermutlich mit einem Waschbrettbauch. Er ging auf die Vierzig zu, wie Barbara wusste, und er trug einen schwarzen Anzug, ein bordeauxrotes Hemd und eine farbenfrohe Seidenkrawatte, die mit einer goldenen Nadel am Hemd befestigt war. Die aschblonden Locken und der Dreitagebart verliehen ihm das Aussehen eines Titelbildmodells.
    Sein Händedruck war kräftig und wirkte willensstark. Barbara schaute ihm bei der Begrüßung in die Augen, deren geweitete Pupillen ihr sofort auffielen. Sein Lächeln hatte etwas Starres und Maskenhaftes.
    »Ich habe meine Sekretärin gebeten, uns Kaffee zu kochen«, sagte er und machte eine einladende Geste hin zum Besprechungstisch.
    »Danke.« Barbara und Uplegger nahmen Platz. Rauch blieb stehen.
    »Ich muss sagen, dass ich Ihren Anruf noch immer nicht verdaut habe«, behauptete er. »Es will mir nicht in den Kopf, dass Herr Medanauskas …« Er brach ab. Seine Miene zeigte die erforderliche Bestürzung. »In der S-Bahn! Wie schrecklich! Ich muss gestehen, dass ich sofort an gewalttätige Jugendliche gedacht habe.«
    »Nach unserem bisherigen Erkenntnisstand scheiden die berühmten männlichen Jugendlichen mit niedriger Hemmschwelle und mangelnder Impulskontrolle aus«, sagte Barbara. Uplegger gab einen grunzenden Laut von sich.
    »Ich verstehe.« Rauch setzte sich nun auch. »Deutlicher konnten Sie mich auf mein Vorurteil nicht hinweisen.«
    »Herr Rauch …«, begann Barbara, wurde aber von der Sekretärin unterbrochen. Die Frau, schon weit in den Fünfzigern und mit der üblichen Vorzimmerkaltwelle, brachte den Kaffee.
    »Danke, Frau Wiese«, sagte Rauch. Die Sekretärin zog sich zurück. Rauch verteilte die Tassen und schenkte ein.
    »Man hört, dass es Spannungen zwischen Ihnen und Ihrem Produktionsleiter gab«, sagte Barbara.
    »So, hört man das? Das pfeifen wohl schon die Spatzen von den Dächern?« Rauch gab Milch in seine Tasse. »Sie haben recht, es gab Auseinandersetzungen. Es fällt mir schwer, über einen Toten etwas Schlechtes zu sagen, aber Medanauskas war ein Querulant. Es gab beinahe nichts im Betrieb, das er nicht in Frage stellte.«
    »Dabei hätte er Ihnen doch dankbar sein müssen«, warf Uplegger ein.
    »Dankbar? Wieso? Ach, Sie meinen … Nein, ich habe ihn eingestellt, weil ich einen erstklassigen Fachmann brauchte, nicht aus Mitleid oder weil ich ein guter Mensch bin. Der bin ich natürlich auch.« Wieder lächelte er. »Für mich ist das Geldverdienen kein Selbstzweck. Vielleicht wissen Sie es schon, dass Golden World nicht nur den Güstrower Kanusport finanziell unterstützt, sondern auch soziale Projekte wie das TZKT, das Therapiezentrum für Kinder mit Teilleistungsstörungen , und das Frauenhaus in Güstrow. Wir bezahlen dem John-Brinckman-Gymnasium einen Sozialarbeiter, und wenn für eine Ausstellung in der Städtischen Galerie Wollhalle Geld benötigt wird, lasse ich mich nicht lange bitten. Aber verzeihen Sie, ich will keine Selbstdarstellung betreiben.«
    »Worum ging es denn bei den Auseinandersetzungen mit Medanauskas?«
    »Zum Beispiel um die artgerechte Haltung der Störe. Wir betreiben keine Teichwirtschaft, sondern halten die Tiere in großen Becken. Auf unserem Firmengelände fehlt es an Platz für eine Aquakultur unter freiem Himmel. Wir erfüllen aber sämtliche Auflagen und sind sogar vom TÜV zertifiziert. Das hat uns eine hübsche Stange Geld gekostet.«
    »Ich möchte auf Ihr Sponsoring zurückkommen«, sagte Barbara.
    »Unsere Spendentätigkeit«, berichtigte Rauch.
    »Besteht da ein Unterschied?«, fragte sie irritiert.
    »Ein gewaltiger. Ein Sponsor erwartet eine Gegenleistung, ein Spender nicht. Unser Sponsoring beschränkt sich

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