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Mörder Quote

Mörder Quote

Titel: Mörder Quote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hermanns
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schienen außer langen blonden Haaren und einem gelangweilten Gesicht, passten in die Umgebung. Der Rest war Billigtechno und Größenwahn.
    Tanya sah auf die Uhr. Allmählich wurde ihr langweilig. Nils war schon zehn Minuten weg, um ihr einen neuen Drink zu holen. Das Oberdeck der Jacht war völlig verlassen. Sie fröstelte. Wenn sie jetzt noch einmal reingehen würde, müsste sie mit allen reden. Abhauen konnte sie jetzt aber auch nicht – sie konnte den armen Nils unmöglich in dieser betrunkenen Power-Posse allein lassen. Sie beschloss, noch fünf Minuten meditativ dem Fluss und dem Wind zu lauschen und dann Nils suchen zu gehen. Sie fixierte ein Licht am Ufer und versuchte innerlich ruhig zu werden. Doch das Gegenteil passierte – immer wieder tauchten Momente aus den letzten Wochen auf, die sie im Wirbel der letzten Tage erfolgreich verdrängt hatte.
    Das Begräbnis von Mausi Schmitz zum Beispiel mit dem aufdringlichen Fotografen, der selber nicht viel später begraben worden war. Die wenigen Trauernden an Mausis Grab: der blasse Sascha, Sebastian, Chantal, Peter de Bruyn – auch der wenig später tot. Xenas Showeinlage bei der Beerdigung – auch sie nicht mehr da. Es war seltsam – drei von den Besuchern dieses Begräbnisses waren inzwischen selber begraben. Zufall? In Tanyas Hirn arbeitete es. Plötzlich fiel ihr der auffallend normal aussehende Mann bei der Beerdigung ein, dessen Statur und Haltung sie an den mysteriösen Mephisto erinnert hatten … und gleichzeitig, wie auf einem Splitscreen, sah sie Xena mit Mephisto tuscheln. Und dann das Bild von dem Mann mit der Maske, wie er vor Tanya durch das Einkaufscenter flüchtete, kurz bevor Xena die Rampe runtergedonnert war. »In Panik«, hatte der Zeuge gesagt.
    Plötzlich spürte Tanya direkt in ihrem Nacken ein warmes Atmen. Und sie roch einen Geruch, der ihr bekannt vorkam. Nils endlich, dachte sie und war froh, dass er sie aus ihren düsteren Grübeleien erlöste. »Wo warst du so lange?« Sie drehte sich um und sah direkt in Mephistos Maske. Ein harter Blick blitzte durch die Augenlöcher. Tanya wollte aufschreien, doch da schnellte eine Hand vor und legte sich mit eisernem Griff über Mund und Augen. Die zweite Hand bog ihr gleichzeitig den Arm nach hinten.
    Der Angreifer drückte sein ganzes Gewicht gegen Tanyas Oberkörper und bog sie damit nach hinten über die Reling. Sie versuchte zu beißen oder zu schreien, aber der Griff über ihrem Mund war fest, und die fremden Finger krallten sich in ihre Wangen. Wer verdammt war das? Sie versuchte einen Blick auf das Gesicht zu erhaschen, sah aber nur die billige Plastikmaske.
    Der Angreifer verstärkte seinen Griff. Keuchend stemmte sich Tanya gegen die Attacke, aber sie spürte, wie ihre Wirbelsäule sich Wirbel für Wirbel über die harte Stange der Reling schob, während das Atmen immer schwieriger und ihre Kräfte schwächer wurden. Jetzt schob ihr Gegner ihr Kinn nach oben. Tanya sah aus weit aufgerissenen Augen nur noch einzelne Sterne im dunklen Nachthimmel und fühlte, wie die Panik sie überwältigte. Ihre Füße hoben unter dem Druck vom Boden langsam ab, sie konnte gerade noch mit den Zehen mühsam die Balance halten. Bitte nicht, schoss es ihr durch den Kopf. Bitte nicht auch ich!
    Auf einmal hörte sie von Ferne Musik aufjaulen, einen harten Elektrobeat, als ob jemand eine Tür zum Deck aufgerissen hatte. Sie spürte, wie ihr Angreifer erstarrte und für einen Moment aus dem Konzept gebracht war. Verzweifelt versuchte Tanya ein Geräusch herauszubringen, aber der Griff über ihren Mund war unerbittlich. Irgendwo rechts von ihr hörte sie männliches Lachen und weibliches Kichern.
    »Kommt raus, ihr Hübschen.« Das war Marcos vertraute Stimme. »Hier ist es am geilsten!«
    In einer einzigen Bewegung ließ ihr Angreifer Tanya plötzlich los. Sie stürzte hart auf den Boden und schlug mit dem Kopf gegen die Bordwand. Sie sah nur noch, wie die maskierte Gestalt im Schatten verschwand, lautlos, wie sie gekommen war.
    Tanya rang nach Luft.
    »Ist das geil oder ist das geil?«, brüllte Marco wie durch einen Nebel. »Aber jetzt genug geglotzt, wir gehen wieder rein, wir machen Paaaarty!«
    Mit diesem Schlachtruf schloss sich wieder eine Tür, und es wurde still. Tanya spürte, wie heftig ihr Herz schlug. Sie zog sich mühsam an der Reling hoch und hörte fast im gleichen Moment wieder Schritte. Sie riss die Arme zur Verteidigung hoch, aber dann erkannte sie Nils’ Gesicht im Licht einer

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