Mörderbrunnen (German Edition)
glücklich, dass du angenommen hast. Und unser erster Abend“, er zögerte, „der war unbeschreiblich schön. Da wusste ich noch gar nichts von diesem Zusammenhang mit den Sagen, geschweige denn mit den Happenings. Erst beim nächsten Gespräch hast du sowas erwähnt und ich war völlig geschockt, dass ich jetzt noch auf eine weitere Art mit diesen Morden in Verbindung stand. Und dann war der Punkt einfach vorbei, wo ich es dir hätte sagen können. Ich hatte so unglaubliche Angst, du würdest mich zu den Verdächtigen zählen und würdest mich nicht wiedersehen wollen.“
Er ließ den Kopf hängen. Jenny starrte ihn an, ihre Geda nken rasten. So wie er es erklärte, schien alles ganz einleuchtend. Nur zu gerne würde sie ihm glauben. Aber konnte sie das? Verzagt blickte er sie von unten her an. „Die Nacht war so schön. Hab ich alles kaputt gemacht durch meine Feigheit?“
Jenny schluckte, waren seine Augen wirklich feucht oder sah das nur so aus im Licht der Lampe über dem Schrei btisch? Sie musste hier raus. Hier drin konnte sie keinen klaren Gedanken fassen.
„ Ich muss jetzt gehen, Paul. Ich muss über das alles nachdenken. Mein Kollege wird dich bald vernehmen wollen und ich werd versuchen, nicht dabei zu sein. Das stehe ich nicht durch, ohne mich zu verraten. Bitte sag in allem die Wahrheit. Aber, wenn er dich nach uns fragt…“
Er hob den Kopf und sah sie an. „Natürlich werde ich nichts von uns sagen. Und glaub mir, ich habe wir klich nichts weiter mit der Sache zu tun. Ich habe vor ewigen Zeiten, als die Happenings gegründet wurden, Herrn Müller beraten, welche Sagen in Frage kämen und wie man das umsetzen kann. Alte Frankfurter Sagen sind ein Hobby von mir und ich beziehe sie auch in meine Kunstgeschichtlichen Vorlesungen ein. Aber sonst? Ich kannte doch die anderen Opfer gar nicht. Ich weiß, ich hätte es dir sagen sollen. Aber ich hatte einfach Angst, ich würde alles zwischen uns kaputt machen.“
Jenny nickte langsam. „Ich muss jetzt gehen.“ Schwe igend drehte sie sich um und verließ den Raum. Sie war sich nicht sicher, ob sie hoffte oder befürchtete, dass er ihr hinterherlaufen würde, doch die Tür hinter ihr blieb geschlossen. Wars das nun? Die vielversprechendste Beziehung, die sie seit Jahren hatte? Alles hing davon ab, ob sie ihm glaubte oder nicht. Sinn machte es, was er sagte. Auch wenn es nicht richtig war, was er getan hatte, menschlich verständlich war es allemal. Ihr Herz sagte ihr, dass er kein Mörder war. Aber abgesehen davon, wie kam sie unbeschadet aus dieser Geschichte raus? Paul musste aufgrund dessen, was sie heute Morgen erfahren hatten, unverzüglich vernommen werden. Wenn ihre private Beziehung herauskäme, war sie beruflich geliefert. Oder war es noch nicht zu spät, alles zu beichten und es auf ihre Hormone zu schieben? Vielleicht sollte sie zumindest Logo einweihen. Er war zwar ein guter Freund, aber ob er dafür Verständnis zeigte? Mit Schrecken dachte Jenny daran, was sie ihm sagen würde, wenn die Rollen vertauscht wären. Nein, sie würde erst mal versuchen, die Sache selbst ins Reine zu bringen. Am wichtigsten wäre, dass dieser verdammte Mörder endlich gefunden würde.
Um halb zwei traf sie wieder im Kommissariat ein, wo Logo schon auf und ab lief und auf sie wartete.
„ Mensch, wo warst du so lange? Wir müssen zu diesem Gascon.“
„ Mir ist nicht gut , Logo. Kannst du das alleine machen?“
„ Bist du krank?“
„ Nichts Ernstes. So ein Frauenkram. Deswegen war ich auch eben schnell beim Arzt.“
„ Willst du nicht lieber nach Hause gehen?“
„ Nene, geht schon, würd nur einfach gerne ruhig im Büro sitzen bleiben und nicht in der Gegend rumfa hren. Es sei denn, du brauchst mich unbedingt.“
„ N ee, passt schon. Sascha will ich zwar nicht mitnehmen, der geht voll in seiner Aufstellung auf, aber ich nehm einen der Kollegen mit, die zu unserer Unterstützung abgestellt worden sind. Ich mach mich auf. Gascon muss um die Zeit im Städel sein. Gute Besserung, Jenny.“
„ Danke, bis nac hher.“
Jenny fühlte sich wirklich schlecht. Noch nie hatte sie Logo belogen und unter Kollegen sollte sowas auch nicht vorkommen. Immerhin musste man sich im Ernstfall hundertprozentig aufeinander verlassen. Aber in diesem Fall ging es einfach nicht anders. Zumindest zunächst. Die Nummer mit dem Frauenkram funktionierte zum Glück immer.
Sie ging in ihr Zimmer und traf dort Sascha an, der verbissen in den PC hämmerte und Berge von
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