Mörderische Aussichten
lagen und auf Tarzan gewartet haben.«
»Und weshalb hat sie eigentlich der Blitz nicht getroffen da oben in diesem Baum, und weshalb hat es ihr Haus nicht heruntergeweht?
Wisst ihr nicht, dass alles pitschnass blieb?« Schwesterherz kam jetzt richtig in Fahrt. »Und überlegt mal, wie Cheetah gestunken
haben muss. Und er hat bei ihnen geschlafen. Von Kopf bis Fuß voller Flöhe, da wette ich drauf. Gibt es Flöhe auf Bora Bora,
Ray?«
»Natürlich. Und Zecken.«
Mary Alice rieb sich die Stirn. »Zecken. Daran habe ich gar nicht gedacht. Es ist ein Wunder, dass Tarzan und Jane nicht an
Borreliose gestorben sind.«
»Und Boy ebenfalls«, fügte ich hinzu.
»Boy mochte ich nie«, sagte Mary Alice.
Bo kam wieder herein. »Sie haben recht«, sagte Ray zu ihr. »Ich bin gesegnet unter den Männern.«
Bo nahm ihre Tasche über die Schulter. »Ich rufe Sie an, wenn ich etwas erfahre. Die Leute, die da oben in der Nachbarschaft
wohnen, werden wissen, was los ist. Ich frage mal herum.«
»Wir wissen das sehr zu schätzen.« Ray stand auf. »Ich begleite Sie zu Ihrem Auto.«
»Hmmm«, meinte Schwesterherz, als die Haustür hinter ihnen ins Schloss fiel. »Ich frage mich, was das nun wieder zu bedeuten
hat.«
»Er ist einfach nur höflich.«
»Ray? Mach dich nicht lächerlich.«
»Er ist ein ausgesprochen höflicher Mensch.«
»Habe ich gesagt, dass er das nicht ist?«
Diese Unterhaltung führte zu nichts. »Schnapp dir deine Handtasche«, sagte ich. »Ich brauche dieses Make-up.«
»Das kann man wohl sagen«, pflichtete mir Schwesterherz bei.
Wir waren auf dem Weg nach draußen, als Ray wieder hereinkam. »Was hast du denn heute Morgen vor, mein Sohn?«, fragte Mary
Alice.
»Ich fahre raus zu den Turkett-Wohnwagen. Buck begleitet mich.«
»Okay, nimm einen großen Stock mit.«
»Und tritt leise auf«, fügte ich hinzu.
»Wieso soll er denn leise auftreten?«, fragte Schwesterherz.
»Das hat Teddy Roosevelt immer gesagt: ›Leise auftreten, aber einen großen Stock dabei haben.‹«
»Was hat Teddy Roosevelt mit den Turketts zu tun?«
»Nicht das Geringste. Steig ins Auto.«
Der Big, Bold and Beautiful Shop riecht immer wunderbar, nach Blumen, aber mit einem Hauch Zitrone. Der Geruch ist nie aufdringlich;
man fängt eine leise Duftwolke ein, wenn man das Geschäft betritt, und dann ist er einfach Teil der behaglichen Atmosphäre
des Ladens. Mary Alice wollte den Duft schon kaufen und wurde einmal von unserer Freundin Bonnie Blue Butler nach hinten in
einen Lagerraum geführt, wo eine kleine Pumpe an der Wand jede Stunde
pssst
machte und den parfümierten Lufterfrischer versprühte. Als Schwesterherz mitbekam, dass er aus einem Geschäft für Reinigungs-
und Hausmeisterbedarf stammte, änderte sie jedoch ihre Meinung,obwohl nach meinem Dafürhalten ein Duft einfach ein Duft ist. Und dieser hier war gut. Gut und kühl, speziell an diesem heißen
Tag.
Bonnie Blue freute sich, uns zu sehen. Sie ist die Geschäftsführerin des Big, Bold and Beautiful Shop, und das mit Leib und
Seele. Sie sagte immer:
»Ich könnte diese Kleider auffressen.«
Sie kam mit ausgebreiteten Armen auf uns zu, um uns zu umarmen. »Gütiger Himmel, Mary Alice, hast du dieses arme Kind wieder
verprügelt?«
»Offenbar noch nicht genügend. Sie ist nach wie vor frech.«
Bonnie Blue inspizierte meine Stirn. »Wie hast du das denn gemacht?«
»Ich bin über einen Truthahn gefallen.«
»Ich dachte mir doch, dass ein vernünftiger Grund dahintersteckt. Kommt, wir setzen uns und trinken einen Kaffee. Ich will
die ganze Geschichte hören.« Bonnie Blue deutete in eine Ecke mit einer hübschen Sitzgruppe. »Wir haben heute früh nicht furchtbar
viele Kunden. Wenn jemand kommt, kann Katrinka sie bedienen.« Sie grinste. »Katrinka. Und da heißt es immer, wir Schwarzen
würden unseren Kindern so drollige Namen geben. Hättet ihr lieber eine Cola?«
»Ich ja«, sagte ich.
»Kommt sofort. Und du, Mary Alice, bist hoffentlich hier, um eine komplette Herbstgarderobe zu kaufen.«
»Haley heiratet morgen. Ich suche ein Kleid.«
»Haley heiratet diesen Arzt?«
Wir nickten.
»Großartig. Wir haben zur Zeit ein großes Sommerschlussverkaufsangebot. Bin gleich wieder da.«
Bonnie Blue verschwand in den hinteren Teil des Ladens,und falls Schwesterherz dasselbe dachte wie ich, dann, wie sehr wir diese große schwarze Frau mochten.
»Okay.« Bonnie Blue stellte vor mir eine Cola und einen Teller Kekse auf
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