Moerderische Dividende
wäre, was Fred tun würde, wenn er eine erste Frau gehabt und die ihn darum gebeten hätte. Allein der Gedanke daran machte mich schon wütend.
Die beiden jungen Polizisten traten aus dem Haus, bedankten sich bei Mitzi für den Kuchen und gingen zu ihrem Auto. Arthur kam ebenfalls heraus.
»Hallo, Patricia Anne.«
»Hallo, Arthur. Ich habe mir Sorgen um euch gemacht. All diese Polizeiautos.«
»Danke. Alles bestens.«
Er sah aber nicht so aus. Der Mann vor mir machte einen erschöpften und müden Eindruck und wirkte gut zehn Jahre älter als der Mann, den ich am Tag zuvor beim Mittagessen gesehen hatte.
Mitzi und ich standen beide auf. Die Schaukel schlug leicht in unsere Kniekehlen.
»Ich muß nach Haus. Paßt auf euch auf.« Ich wollte etwas über Sophie Sawyers Tod äußern, Arthur sagen, wie leid es mir tat, daß er ... ja, wen? ... verloren hatte. Eine Freundin? Seine Exfrau?
Am Ende sagte ich nichts wegen Sophie, sondern nur, sie sollten uns anrufen, falls wir etwas für sie tun könnten. Jederzeit.
Wie hätte ich ahnen können, daß sie das Angebot so schnell in Anspruch nehmen würden?
Auf dem Weg zurück nach Hause wurde ich erneut von Scheinwerfern erfaßt, diesmal von denen eines Pizza-Lieferdienstes, der in meine eigene Einfahrt einbog.
»Ich glaube, Sie haben die falsche Adresse«, sagte ich.
Aber natürlich war es die richtige.
Man hätte meinen können, sie hätten keinen Bissen zum Abendessen bekommen.
»Kokoskuchen?« rief Schwesterherz, den Mund voll Pizza. »Sie waren wegen eines Kuchens da?«
»Alle bis auf die erste Gruppe«, erklärte ich.
»Ich hasse Kokosnuß«, sagte Schwesterherz. »Die wird immer größer, je mehr man darauf herumkaut.«
»Meine Jungs mögen sie auch beide nicht«, fügte Lisa hinzu. »Vielleicht ist das ja genetisch.«
Ich erwartete ein paar Tränen oder daß Lisa bei diesen Worten wenigstens kurz mit dem Kauen aufhören würde. Statt dessen griff sie nach einem weiteren Stück Pizza.
»Möchtest du nichts davon, Schwiegermama?« fragte sie.
»Hier, Liebling, nimm dir ein Stück.« Fred schob die Schachtel in meine Richtung.
»Sei nicht albern, Fred.« Schwesterherz zog die Schachtel in die Mitte des Tisches zurück. »Wie kannst du vierzig Jahre lang mit einer Magersüchtigen verheiratet sein, ohne es zu wissen?«
An dieser Stelle ging ich ins Bett.
Gegen drei Uhr wachte ich jedoch durch einen Alptraum auf. Irgendwie steckte mein Kopf in einer hölzernen Kiste fest. Der Rest meines Körpers war hinausgeglitten, aber mein Kopf nicht. Für jeden Jungianer wäre solch ein Traum sicherlich ein gefundenes Fressen.
Ich stand auf, ging auf Zehenspitzen den Flur hinunter am Gästezimmer vorbei, holte mir ein Glas Milch und legte mich aufs Wohnzimmersofa. Ich las die ›Vanity Fair‹, die Lisa auf dem Kaffeetisch hatte liegenlassen, als Fred hereinkam.
»Brauch was gegen Sodbrennen«, murmelte er auf dem Weg zur Küche. Kurz darauf war er wieder zurück und wollte wissen, warum ich wach sei.
Ich erzählte ihm von dem fürchterlichen Traum und fragte ihn, ob er glaube, daß er irgend etwas bedeute.
Er schürzte die Lippen, als würde er ernsthaft darüber nachdenken. »Es bedeutet, daß du den Kopf zu hoch trägst und daß dein Unterbewußtsein dir sagt, das solltest du nicht tun.«
Irgendwie glaubte ich nicht, daß so die Antwort des Jungianers gelautet hätte, jedenfalls nicht, wenn er seine Praxis am Laufen halten wollte.
Fred setzte sich ans Fußende des Sofas und legte die Beine auf den Couchtisch. Ich wollte gerade etwas Besserwisserisches von mir geben, als ich seine Füße sah. Freds Füße sehen so verletzlich aus. Geradezu mitleiderregend. Sie waren blaß, ja weiß. Und ein kleiner Zeh, den er sich vor Jahren gebrochen hatte, stand schief ab.
»Pizza«, sagte er und rieb seinen Magen. »Wie kommt es, daß Dinge, die du magst, deine Zuneigung nicht erwidern?«
»Ich erwidere deine Zuneigung, und deine Füße mag ich auch.«
»Das freut mich.« Er streichelte mein Bein. »Meinst du, ich sollte nach Atlanta fahren und mit Alan reden?«
»Ich weiß nicht. Die Kinder sind es, um die ich mir Sorgen mache.«
»Ja. Geht mir genauso.« Er gab meinem Bein einen Klaps und stand auf. »Kommst du mit zurück ins Bett?«
»Ich lese noch ein bißchen.« Ich hielt ihn an seinem Schlafanzughinterteil fest, als er an mir vorüberging. »Hast du je andern Frauen hinterhergeschaut und warst in deinem Herzen scharf auf sie?«
»Das Herz ist nicht das
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